E-Auto-Bauer BYD wechselt auf die Überholspur

Ein lautes Zischen, ein kurzes Ruckeln, dann setzt sich das dreirädrige Gefährt auf seinem Weg von Mannheim nach Pforzheim in Bewegung. So dürfte sich die Szene im Sommer des Jahres 1888 abgespielt haben, als Bertha Benz mit ihren beiden Söhnen die erste Langstreckenfahrt in der Geschichte des Automobils unternahm und damit der Innovation ihres Mannes Carl Benz zum Durchbruch verhalf. Langstrecke, das waren damals etwa 100 Kilometer mit einem drei PS starken Einzylindermotor.

BYD will das Reichenweitenproblem von E-Autos gelöst haben

Fast 140 Jahre und eine Transformation von Verbrennungs- auf Elektromotor später steht die Automobilindustrie wieder vor einem Reichweitenproblem. Dieses will der Hersteller BYD nun gelöst haben.

Vor zwei Wochen präsentierten die Chinesen ein neues System, das es ermöglichen soll, in fünf Minuten fast 500 Kilometer Reichweite zu laden. Grundlage dafür bildet ein 1000-Volt-Batteriesystem in den Autos. Bisherige Modelle hätten meist eine Systemspannung von 400 oder 800 Volt, sagt Tim Wicke, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung.

Damit liegt die theoretische Ladeleistung der meisten Autos bei etwa 200 oder 400 Kilowatt, wenn die oftmals maximal mögliche Stromstärke an der Ladesäule von 500 Ampere erreicht wird. Wer sich an den Physikunterricht erinnert, weiß: Die Leistung einer Batterie (Watt) ist das Produkt aus Spannung (Volt) und Stromstärke (Ampere).

Eine normale Ladestation mit 800 Volt, die eine Stromstärke von 500 Ampere liefert, kommt demnach auf eine Ladeleistung von 400.000 Watt, also 400 Kilowatt.

Die Chinesen setzen beim Laden auf zwei Steckdosen

Wie kann es also sein, dass BYD nun angibt, dass die neue 1000-Volt-Batterie eine Ladeleistung von bis zu 1000 Kilowatt verdauen kann? Ganz einfach: Die Chinesen setzen beim Laden auf zwei Steckdosen. Erstaunlich sei, dass die Batterie diese hohe Energiemenge in so kurzer Zeit einspeichern könne, sagt Innovationsforscher Wicke. Allerdings geht er davon aus, dass die tatsächliche Ladeleistung von 1000 Kilowatt in der Praxis etwa 20 Prozent geringer sein dürfte, weil die besagte Batterie unter laborähnlichen Bedingungen getestet worden sei.

Wettbewerbsvorteil der chinesischen Hersteller

Doch damit hätten die Chinesen immer noch einen Vorsprung, sagt Wicke. Hierzu betrachtet der Wissenschaftler die Laderate C, die Ladegeschwindigkeit eines Akkus. Ein Wert von einem C besagt, dass die Batterie in einer Stunde vollständig geladen werden kann. Die Spitzenmodelle erzielten einen Wert von fünf C, sagt Wicke. Daraus ergibt sich eine theoretische Ladezeit von zwölf Minuten. Wegen des langsamen Ladens bei niedrigen und hohen Ladezuständen dauere ein vollständiges Laden in der Praxis aber länger.

Auf eine Laderate von etwa fünf C kommt das Modell 001 des chinesischen Herstellers Zeekr, der Teil des ebenfalls chinesischen Autoproduzenten Geely ist. Bis vor wenigen Wochen gehörte das Modell von Zeekr zu den besten auf dem Markt, was die Ladegeschwindigkeit betrifft.

Doch nun hat der weltweit größte Hersteller von E-Autos nachgelegt: Das neue System von BYD bringt es auf eine Ladegeschwindigkeit von 8,4C. Das sei zwar keine Revolution, aber zumindest eine weitere „Innovation“, sagt Wicke.

Überhaupt werden die Chinesen auf dem wachsenden Markt für E-Autos immer wichtiger.

  • Nach Analysen des Fraunhofer- Instituts stieg die Zahl der weltweit verkauften Elektrofahrzeuge im vergangenen Jahr um zehn Prozent auf rund elf Millionen.
  • Plug-in-Hybride erzielten einen Zuwachs von 58 Prozent auf 6,4 Millionen.
  • Weltweit haben elektrifizierte Fahrzeuge bei Neuzulassungen einen Marktanteil von 21 Prozent im Jahr 2024.