F-16-Kampfjets dominieren Ukraine-Berichte – ohne gesehen zu werden
Militär-Blogger beider Seiten verbreiten zum Ukraine-Krieg eifrig angebliche Nachrichten und Gerüchte zu den F-16-Kampfjets der Streitkräfte Kiews.
Kiew – Die Social-Media-Postings zum Ukraine-Krieg sind voll damit: Vermeintliche Berichte und mutmaßliche Gerüchte zum Einsatz der F-16-Kampfjets auf Seiten der Ukrainer gegen die russische Invasionsarmee.
F-16-Kampfjets der Ukraine: Berichte und Gerüchte in sozialen Medien
Wie die britischen Medien The Times und The Telegraph berichteten, hat Kiew kürzlich die ersten sechs der gewarteten Kampfflugzeuge aus den 1980er-Jahren aus den Niederlanden erhalten. Insgesamt wollen Den Haag, aber auch Belgien, Dänemark und Norwegen gemeinsam fast 100 F-16-Kampfjets aus einstigen Nato-Beständen an die ukrainischen Luftstreitkräfte übergeben.
Die Flugzeuge sollen dabei helfen, den eigenen Luftraum effektiver gegen die russischen Luftangriffe zu verteidigen und somit die Aggression Moskaus zumindest an dieser Stelle eindämmen. Weil entsprechend viel Brisanz in dem Thema steckt, fühlen sich indes Militär-Blogger beider Seiten bemüßigt, in den sozialen Netzwerken angebliche Nachrichten dazu zu verbreiten.

F-16 im Ukraine-Krieg: Ukrainische und russische Blogger verbreiten Gerüchte
Berichte, die wohl größtenteils mit Vorsicht zu bewerten sind. Ein Beispiel: Der oft zitierte ukrainische Blogger Igor Sushko (mehr als 325.000 Follower) behauptete, dass ukrainische F-16 im Verdacht stünden, am 6. August an einer temporären ukrainischen Offensive in der russischen Region Kursk beteiligt gewesen zu sein. Berichten zufolge seien dabei angeblich mehrere russische Kampfhubschrauber vom Typ Ka-52 „Alligator“ abgeschossen worden, schrieb Sushko in einem Posting von diesem Mittwoch (7. August).
Auch russische Blogger posteten eifrig zu den F-16. So wird derzeit zum Beispiel ein Video geteilt, das zweifelsohne den Absturz eines Kampfflugzeuges in niedriger Höhe samt anschließender (gewaltiger) Explosion abbildet. Von wo und wann die Aufnahmen stammen, wird jedoch nicht präzisiert. Ebenso ist bei Weitem nicht einwandfrei zu erkennen, ob es sich um eine F-16 Fighting Falcon handelt, die zu Boden geht, wie aus Russland behauptet.
F-16-Lieferungen an die Ukraine: Berichte über angebliche Kampfeinsätze
Die Information lässt sich letztlich nicht unabhängig überprüfen, wie so oft nicht im Ukraine-Krieg. Noch ein Beispiel für die F-16-Gerüchte: Am 3. August wurde der Militär-Flugplatz Morosowsk in der russischen Oblast Rostow angegriffen. Der ehemalige stellvertretende ukrainische Innenminister und heutige Militär-Blogger Anton Heraschtschenko hatte bei X mutmaßliche Satellitenaufnahmen von dem Flugfeld geteilt, die dokumentieren sollen, dass bei dem Luftangriff mindestens ein russischer Jagdbomber Suchoi Su-34 zerstört wurde.
Wie Blogger nun, wenige Tage später, behaupten, sollen auch an dieser Attacke rund 265 Kilometer hinter der Frontlinie angeblich die neuen, alten F-16 Kiews beteiligt gewesen sein. Ein Video einer riesigen Detonation wird ferner dazu geteilt und soll als Beleg für diese These dienen. Dabei hatten die Ukrainer in den vergangenen Monaten die wuchtigen Marschflugkörper Storm Shadow und Scalp-EG mit einer entsprechenden Reichweite und Schlagkraft stattdessen bereits mehrmals von ihren (wenigen) Frontbombern Suchoi Su-24 oder ihren (wenigen) Kampfjets MiG-29 aus abgefeuert. Eine Beteiligung der nun gelieferten F-16 gilt in diesem Fall somit als unwahrscheinlich.
F-16-Kampfjets sollen ukrainische Städte vor Luftangriffen Russlands schützen
Und wie sieht die Realität aus? Etliche internationale Medien und Experten hatten in den vergangenen Tagen hinreichend berichtet und erklärt, dass die vorerst überschaubare Anzahl an F-16 die Aufgabe erfüllen solle, russische Kampfflugzeuge wie die Su-34 daran zu hindern, Gleitbomben auf ukrainische Städte und kritische zivile Infrastruktur abzuwerfen – wie im Ukraine-Krieg reihenweise geschehen. Und zwar, indem Moskaus Piloten abgeschreckt werden und erst gar nicht dazu kommen, ihre schweren sowie hochgradig gefährlichen Bomben in ausreichend Entfernung zu entkoppeln.
Verteidigungsexperte Nico Lange vom Center for European Policy Analysis (CEPA) erklärte kürzlich in der Sendung „ZDFheute live“ passend dazu: „Es gibt zwei Rollen, für die die F-16 jetzt in Frage kommt: Die eine ist die Unterstützung der Luftverteidigung – also Marschflugkörper, Drohnen und andere Dinge im ukrainischen Luftraum abzuschießen. Die zweite Rolle ist, russische Kampfflugzeuge zu bedrohen, die die Gleitbomben abwerfen. Die Gleitbomben, von denen im Moment am Tag 100 abgeworfen werden, sind auch die größte Bedrohung für die Truppen an der Front.“ Ferner wiesen verschiedene Militär-Experten darauf hin, dass die F-16 vorerst die Nähe zu den Frontgebieten im Osten und im Süden des geschundenen Landes meiden sollen, um nicht in die Reichweite der russischen Flugabwehr, etwa der S-350 Witjas, zu geraten. (pm)