Siesta in Deutschland? Welche Regeln Spanien für Hitze-Pausen vorschreibt

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Deutschlandweit gilt in diesen Tagen eine Warnung wegen extremer Hitze. Spanien kennt das. Und hat Maßnahmen zum Schutz der Menschen vorbereitet.

Madrid – Der Deutsche Wetterdienst (DWD) hat am 1. Juli eine Warnung wegen „extremer Hitze“ herausgegeben. In weiten Teilen Deutschlands galt auch am Dienstag eine amtliche Warnung vor Hitze. 

Hitze in Deutschland: Amtsärzte bringen Siesta in die Debatte ein

Nur: Es ist nicht so einfach, der Hitze zu entfliehen. Ventilatoren, Klimaanlagen oder Schatten spendende Bäume hin oder her. Gerade auf der Arbeit und im Job wird die enorme Hitze von teils über 30 Grad bei sengender Sonne zur Herausforderung. Insbesondere für jene, die auch noch körperlich arbeiten. Durch Europa rollt aktuell eine regelrechte Hitzewelle.

Was tun? Vor ziemlich genau zwei Jahren wurde in Deutschland eine mögliche Siesta diskutiert. Das kennt man aus Spanien, wobei eine solche Siesta in dem Urlaubsland entgegen einem Irrglauben gar nicht per Gesetz fixiert ist. Amtsärzte hatten dieses Vorbild auch in Deutschland für deutsche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ins Gespräch gebracht. Der Vorschlag einer Siesta stieß jedoch politisch nicht auf Gegenliebe.

Die Menschen in Deutschland suchen Abkühlung gegen die Hitze, wie hier am Isarufer in der Münchner Innenstadt. (Symbolfoto)
Die Menschen in Deutschland suchen Abkühlung gegen die Hitze, wie hier am Isarufer in der Münchner Innenstadt. (Symbolfoto) © IMAGO / Ardan Fuessmann

Hitze-Siesta für Arbeitnehmer? In Deutschland gibt es keine Gesetze oder klaren Regeln dazu

Ein Beispiel: Die Präsidentin des Verbandes der Familienunternehmer, Marie-Christine Ostermann, hatte seinerzeit eine Hitze-Siesta für Beschäftigte in Deutschland abgelehnt. „Bei hohen Temperaturen sind Arbeitgeber durch Vorgaben zum Arbeitsschutz bereits jetzt dazu aufgerufen, Maßnahmen für ein erträgliches Arbeiten zu ergreifen. Die Notwendigkeit einer flächendeckenden, womöglich gesetzlich festgelegten Siesta im Sommer sehe ich nicht“, sagte Ostermann damals der Rheinischen Post.

Letztendlich gibt es in Deutschland keine klaren Gesetze zu extremer Hitze am Arbeitsplatz, insofern dies nicht zum Beispiel Arbeitsschutzmaßnahmen an Produktionsstätten von Bergbau oder Industrie betrifft. Arbeitgeber haben per Gesetz zumindest eine Fürsorgepflicht gegenüber ihren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern. In Spanien hatte die damalige Regierung vor ziemlich genau zwei Jahren, im August 2023, durchgegriffen. In der Hauptstadt Madrid mit ihren rund 3,4 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern herrschten damals über 40 Grad im Schatten. Aufgeladen zwischen den Betonblocks der Großstadt.

Spanien
amtlich: Königreich Spanien (Reino de España)
Staats- und Regierungsform: parlamentarische Monarchie
Hauptstadt: Madrid
Einwohnerinnen und Einwohner: 48,6 Millionen
Fläche: 505.983 km²

Siesta in Spanien: Erlass soll Arbeiter im Straßenbau und Erntehelfer vor Hitze schützen

Ein Erlass sieht vor, dass Arbeitgeber Beschäftigte, die ihrem Job im Freien nachgehen, schützen müssen. Für Straßen- und Bauarbeiter sowie für Erntehelfer wurden etwa für die heißesten Stunden des Arbeitstages verpflichtende Ruhepausen angeordnet. Inwiefern diese letztlich eingehalten werden, ist nicht überliefert. Und auch nicht, ob die Guardia Civil, also die nationale Gendarmerie Spaniens, die Einhaltung des Erlasses regional streng oder weniger streng kontrolliert. Erlasse sind im spanischen Recht in der Regel allgemeine Regelungen, die Gesetze ergänzen, zum Beispiel im Arbeitsrecht. Es sind aber keine reinen Gesetze.

Dennoch gehört die Siesta in Spanien sozusagen zum Gewohnheitsrecht, sie ist traditionell überliefert. Zu sehen ist dies für Urlauber und Touristen etwa auf den Balearen und auf den Kanaren, wo sich der Einzelhandel bei extremer Hitze angepasst und über die heißen Mittagsstunden sowie am frühen Nachmittag nicht selten geschlossen hat. Um dann in den Abendstunden wieder der Arbeit nachzugehen. Ein Beispiel für die allgemeine Duldung der Siesta: Die Herzstiftung Spaniens empfiehlt laut Tagesspiegel in einem Ratgeber: „Wenn wir eine Siesta schlafen, verbessert sich unsere körperliche und mentale Gesundheit. Aber sie sollte nicht mehr als 30 Minuten dauern.“

Zum Beispiel Bauarbeiter sind von der Hitze im Hochsommer besonders betroffen. (Symbolfoto)
Zum Beispiel Bauarbeiter sind von der Hitze im Hochsommer besonders betroffen. (Symbolfoto) © IMAGO / Heinz Gebhardt

Siesta in Spanien: Beinahe sakraler Ritus zum Schutz der Arbeitnehmer vor Hitze

Wie die Costa Nachrichten 2021 in einer Einordnung schrieben, ist die Siesta der Spanier ein beinahe sakraler Ritus. Es sei ein „Warenzeichen der iberischen Lebensart“. Die damalige spanische Regierung hatte indes 2005 massiv in die ausgedehnten Mittagspausen in den Sommermonaten eingegriffen. So schrieb ein seinerzeit neues Gesetz vor, dass Angestellte im öffentlichen Dienst nur noch von 12 bis 13 Uhr Mittagspause machen dürfen, und nicht wie zuvor zwei Stunden lang. Laut Spiegel habe die Regierung in Madrid damals erklärt, dass die Siesta der Wirtschaft und sogar dem Familienfrieden schade. Durch das Gesetz sollte die Produktivität spanischer Betriebe gesteigert werden. In Deutschland bleibt die Siesta (vorerst) wohl eine nicht selten sehnsüchtige Beobachtung aus dem Spanien-Urlaub.

Die schwarz-rote Koalition aus CDU/CSU und SPD äußerte sich dieser Tage nicht proaktiv zu derlei Gedankenspielen. Zumal Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) unlängst eine Vier-Tage-Woche ins Spiel gebracht hatte. Zwar hätte man dann einen Werktag in der Woche frei, den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei extremer Hitze im Freibad oder am See verbringen könnten. Je nach Tarifvertrag oder Arbeitsverhältnis dürfte es aber im Hochsommer schwierig werden, auf eine ausreichende Zahl an Arbeitsstunden zu kommen, ohne das eigene Stundenkonto zu sehr zu belasten. Da hilft dann, je nach Branche, wohl nur: Urlaubstage und vereinbarte Überstunden abbauen. (pm)

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