„Ziemlich klar“: Selbst Fox News hält Trump für Verlierer des TV-Duells
Trump und Harris sind in einem TV-Duell aufeinander getroffen. Für den ehemaligen Präsidenten ein Desaster – finden auch konservative US-Medien.
Washington, D.C. – Im Wahlkampf vor der kommenden US-Wahl kam es am Dienstagabend zum ersten TV-Duell zwischen den Präsidentschaftskandidaten. Donald Trump und Kamala Harris trafen dazu in Philadelphia aufeinander. Für Trump selbst ist klar, dass er die Debatte gewonnen hat. Doch sogar seine republikanischen Parteigenossen und Verbündeten sowie die konservativen US-Medien scheinen davon nicht überzeugt zu sein.
Im Nachgang des TV-Duells war Trump sofort bemüht, seine Sicht der Dinge darzustellen. „Genossin Kamala Harris geht herum und will eine weitere Debatte, weil sie so schlecht verloren hat - schaut euch nur die Umfragen an! Es ist wie bei den Preisboxern: Wenn sie einen Kampf verlieren, wollen sie sofort einen weiteren“, so ein Beitrag des ehemaligen US-Präsidenten auf seiner Social-Media-Plattform Truth Social. Zu belegen versuchte Trump dies mit dem Verweis auf eine Umfrage des rechtspopulistischen Meinungsportals Newsmax, die ihn mit 93 Prozent zu 6 Prozent zum Sieger über Harris erklärte.
Harris geht als klare Gewinnerin aus dem TV-Duell hervor – auch wenn Trump fest an seinen Sieg glaubt
Das steht nicht nur im Gegengensatz zu anderen Umfragen – wie einer für den Nachrichtensender CNN durchgeführten Befragung, in der 63 % der registrierten Wähler der Meinung waren, dass Harris eine bessere Leistung gezeigt hat – sondern auch zu den Ansichten von Trumps Verbündeten. Unternehmer Elon Musk, sonst klar aufseiten Trumps, gestand auf dem Kurznachrichtendienst X ein, dass Harris „die Erwartungen der meisten Leute übertroffen“ habe. Auch wenn er „der festen Überzeugung“ sei, dass Trump einen besseren Job machen werde, wenn es „darum geht, Dinge zu erledigen und nicht nur schön klingende Worte zu sagen“.

Auch bei den Republikanern selbst war von der Siegessicherheit ihres Präsidentschaftskandidaten nicht viel zu spüren. „Ich bin einfach nur traurig“, so ein republikanischer Trump-Verbündeter im Repräsentantenhaus gegenüber der US-Politikwebsite The Hill. Harris habe genau gewusst, „wo sie schneiden musste, um ihm unter die Haut zu gehen“, war er laut dem Bericht überzeugt. „Der Weg wurde gerade sehr schmal“, fügte er hinzu. Trumps früherer Verbündeter, der gemäßigt konservative ehemalige Gouverneur von New Jersey, Chris Christie, bezeichnete den Abend gegenüber ABC News ebenfalls als „großen Fehlschlag“.
Trump verliert vor US-Wahl an Boden – TV-Duell vor US-Wahl „genauso verheerend“ wie für Biden
Angesichts der fragwürdigen Performance Trumps, der in der 90-minütigen Debatte zeitweise scheinbar zusammenhanglos daherredete, fielen die Reaktionen der eher liberalen Medien erwartbar schlecht aus. CNN-Moderator Chris Wallace sagte, das Duell am Dienstag sei für Trump „genauso verheerend“ gewesen wie die zwischen dem ehemaligen Präsidenten und Joe Biden im Juni, als Trump gewann und Biden gezwungen war, aus dem Rennen um seine Wiederwahl auszusteigen.
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Doch auch die konservative Seite der US-Medienlandschaft tat sich schwer, Trumps Auftritt etwas Positives abzugewinnen. „Für mich ist es ziemlich klar, dass Vizepräsidentin Kamala Harris am Dienstagabend die vielleicht einzige Debatte zwischen ihr und dem ehemaligen Präsidenten Trump gewonnen hat“, schrieb beispielsweise der Anwalt und Lobbyist Doug Schoen in einem Kommentar für Fox News. Harris habe bei „den Themen Abtreibung, Gesundheitsversorgung, Klimawandel und Führung für die Zukunft“ schlicht die Nase vorn gehabt. Ganz überlassen wollte der Kommentator Harris ihren Erfolg aber nicht. Dieser habe auch damit zu tun, dass sie „von zwei ABC News-Moderatoren unterstützt“ worden sei, die es „für nötig hielten“, dass er Behauptungen mit Fakten belege.
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Auch konservative Medien sehen Harris als Siegerin – Wird Donald Trump die US-Wahl jetzt verlieren?
Solche Anschuldigungen der Parteilichkeit gegenüber den Moderatoren der Debatte, David Muir und Linsey Davis von ABC News, waren bereits im Vorfeld von konservativer Seite vorgebracht geworden. Der Sender sei „wie Trump regelmäßig richtig anmerkt, einer der parteiischsten Sender zugunsten der Demokraten und gegen die Republikaner“, hieß es auf dem rechten Portal Breitbart News. Nach Ansicht der Website hat die TV-Debatte dies belegt. So habe man Harris nicht korrigiert, als sie Trumps eigene Behauptung ausgegraben hatte, dass er „nur am ersten Tag“ ein Diktator sein werde, falls er wiedergewählt werden sollte. Das hatte Trump im Dezember 2023 auf Fox News geäußert. Dem rechten Portal zufolge war das jedoch nur ein Witz.
Positive Aspekte des TV-Duells konnte Breitbart News aber ebenso wenig finden wie die konservative Zeitung Washington Examiner. „Ich bin mir nicht sicher, was Trumps Strategie war, und es ist überhaupt nicht klar, ob er sie umgesetzt hat“, so der republikanische Stratege Alex Conant gegenüber dem Blatt. Harris habe Trump wiederholt geködert, mit Themen wie den Strafverfahren gegen ihn, dem Aufstand im Kapitol am 6. Januar und seinen Behauptungen über eine gestohlene Wahl im Jahr 2020. Trump habe stets nur versucht, sich dagegen zu verteidigen, hieß es dort weiter. Ein erfolgreicher Angriff sei ihm aber selten gelungen. (tpn)