Ökonomen laufen Sturm gegen Rentenpläne der Ampel: „SPD ist nur im Sinne der Alten unterwegs“
Trotz Widerstand von Ökonomen und Wirtschaftsweisen hält Heil an seinem Rentenplan fest. Die jüngere Generation könnte die Leidtragende sein.
Berlin – Hubertus Heil, der Arbeits- und Sozialminister (SPD), plant in den kommenden Wochen ein neues Rentenpaket zu präsentieren. Er strebt an, das Rentenniveau über 2025 hinaus auf 48 Prozent zu sichern und eine Aktienrente einzuführen. Eine Erhöhung des Rentenalters wird von Heil und seiner Partei entschieden abgelehnt. Er äußerte kürzlich: „Das wird es mit mir nicht geben“. Seiner Meinung nach würde dies die jüngere Generation, die nach den Babyboomern in Rente geht, belasten.
Wirtschaftsweiser Werding warnt vor falschen Versprechen
Doch namhafte Ökonomen, einschließlich der Wirtschaftsweisen, betrachten dies als schwerwiegenden Fehler. Sie sind der Ansicht, dass eine Anhebung des Rentenalters unvermeidlich ist. Martin Werding, ein Wirtschaftsweiser, äußerte gegenüber den Funke Mediengruppe Zeitungen am Mittwoch (21. Februar): „Weckt man jetzt falsche Erwartungen, in dem man sagt, man wolle nie mehr über das Thema reden, wird man die Menschen zwangsläufig irgendwann enttäuschen müssen“.

Werding, Mitglied des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, verwies auf Empfehlungen des Rates, die Regelaltersgrenze alle 20 Jahre um ein Jahr zu erhöhen. „Dann reden wir eben nicht mehr über die Rente mit 67, sondern mit 68 und dann irgendwann mit 69. Erst etwa 2090 würden wir ein Rentenalter mit 70 erreichen, wenn die Lebenserwartung weiter so steigt wie bislang angenommen.“ Er betonte, dass dies noch in weiter Ferne liegt und fügte hinzu: „Man sollte also vorsichtig sein, wie man über solche Vorschläge kommuniziert, die eigentlich vergleichsweise moderat sind. Denn sie passen einfach zu den demografischen Szenarien, vor denen wir stehen.“
Bis 2031 wird das gesetzliche Renteneintrittsalter schrittweise auf 67 Jahre angehoben. Wer 2024 abschlagsfrei in Rente gehen möchte, muss 66 Jahre alt sein.
Raffelhüschen: „Wir müssen verhindern, was Arbeitsminister Heil will“
Bernd Raffelhüschen, ein Ökonom, äußerte gegenüber dem Focus am Mittwoch: „Wir müssen verhindern, was Bundesarbeitsminister Heil will: Dass Junge die Last schultern“. Er rief die jüngere Generation dazu auf, ihre Eltern auf ihre Seite zu ziehen, um politische Veränderungen herbeizuführen. Er fügte hinzu: „Die SPD ist hier nur im Sinne der Alten unterwegs.“
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Raffelhüschen fordert, wie seine Kollegen im Sachverständigenrat, eine umfassende Rentenreform, die das Rentenalter an die Lebenserwartung anpasst. Er schlägt vor, die Frührente durch höhere Abschläge unattraktiver zu machen und die Erwerbsquote von Frauen, insbesondere Müttern, deutlich zu erhöhen. „Wir müssen da sofort rangehen, das haben wir wirklich verpennt“, sagte Raffelhüschen. Diese Maßnahmen würden nicht nur die Rentenkasse entlasten, sondern auch den Arbeitsmarkt, der zunehmend unter Fachkräftemangel leidet.
Das Ifo-Institut unterstützt ebenfalls die Anpassung des Rentenalters an die steigende Lebenserwartung. Joachim Ragnitz, Rentenexperte der Ifo-Niederlassung Dresden, sagte im Januar: „Einige unserer Nachbarländer haben das bereits beschlossen – die Niederlande, Schweden und Finnland“. In den Niederlanden gilt beispielsweise die Regel, dass Menschen bei einer um drei Jahre längeren Lebenserwartung zwei Jahre länger arbeiten und ein Jahr länger Rente beziehen müssen. Damit würde das Verhältnis von Rentnern zu Erwerbstätigen auch nach 2040 stabil bei etwa 40 Prozent liegen – und nicht auf fast 50 Prozent ansteigen, wie derzeit prognostiziert.
Es könnte auch sinnvoll sein, Rentenerhöhungen nicht mehr an Lohnerhöhungen zu koppeln, sondern an die Inflationsrate, die in der Regel niedriger ist. Dadurch könnten die Rentenausgaben langsamer steigen. Die Ifo-Forscher halten es jedoch für nicht sinnvoll, Selbstständige und Beamte in die Beitragszahlung einzubeziehen, wie oft gefordert wird. Diese Lösung würde die Rentenkassen zwar kurzfristig entlasten, aber langfristig würden die Auszahlungen für diese Gruppen erheblich höher ausfallen - unter anderem, weil sie eine höhere Lebenserwartung haben.
Mit Material von Reuters