Stellenabbau bei ZF: Betriebsratschef befürchtet „Riss in der Belegschaft“
Wenn bei ZF Friedrichshafen wirklich 14.000 Stellen wegfallen, befürchtet Gesamtbetriebsratschef Achim Dietrich einen Riss in der Belegschaft, der so schnell nicht mehr gekittet werden kann.
Friedrichshafen - Seit der Technologiekonzern ZF Friedrichshafen Ende Juli den Abbau von 11.000 bis 14.000 Arbeitsplätzen in Deutschland bis 2028 angekündigt hat, brodelt es in der Zeppelinstadt am Bodensee und an anderen Standorten des schwäbischen Weltkonzerns gewaltig. In der Bilanzpressekonferenz am 1. August hatte Konzernchef Holger Klein erklärt, dass die genannte Zahl einen Rahmen darstelle und der tatsächliche Umfang der Sparmaßnahmen von mehreren verschiedenen Faktoren abhängig sei. Wenn der Stellenabbau bei der ZF wirklich 14.000 Arbeitsplätze kosten wird, befürchtet Betriebsratschef Achim Dietrich weitreichende Folgen.
Der Gesamtbetriebsratsboss der ZF Friedrichshafen hat bereits im vergangenen Jahr vor einem regelrechten Kahlschlag beim Technologiekonzern gewarnt und zum Jahresende, wie auch vor wenigen Tagen, zu massiven Protesten in Friedrichshafen aufgerufen. Im Interview mit der Schwäbischen Zeitung sagte Dietrich, dass ein Abbau von im schlimmsten Fall 14.000 Arbeitsplätzen nicht sozialverträglich zu gestalten sei und dass dadurch ein Riss in der Belegschaft entstehen könnte. CEO Holger Klein hatte kürzlich erklärt, dass ZF Kündigungen zwar vermeiden wolle, sie aber grundsätzlich nicht ausschließen könne.
ZF-Betriebsrat befürchtet „Riss in der Belegschaft, der nicht so schnell zu kitten sein wird“
Der angekündigte Personalabbau bei ZF Friedrichshafen ist Teil einer Neustrukturierung, die mitunter die Zusammenlegung bestimmter Standorte umfassen soll. Achim Dietrich geht allerdings davon aus, dass weitere Standorte geschlossen werden. „Der Stellenabbau soll alle treffen“, machte er deutlich. „Im Fokus von Standortschließungen stehen vor allem die kleineren Standorte. Sie gelten offenbar als unflexibel und zu teuer.“ Bereits seit längerem steht fest, dass der ZF-Standort im Gelsenkirchener Stadtteil Schalke zum Jahresende schließen wird und das Ende des Werks in Eitdorf ist auf spätestens 2027 datiert.
Name | ZF Friedrichshafen AG |
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Gründungsjahr | 1915 |
Hauptsitz | Friedrichshafen, Baden-Württemberg |
Branche | Automobilzulieferer, Mobilitätssysteme |
Geschäftsbereiche | Automobilzulieferer, Antriebs- und Fahrwerktechnik, E-Mobilität, Automatisierungstechnik, Industrietechnik, Nutzfahrzeugtechnik |
Mitarbeiterzahl | 168.738 (Stand: 2023) |
Produktionsstandorte | 168 in 32 Staaten |
Hauptentwicklungsstandorte | 19 in neun Ländern |
Umsatz | 46,6 Milliarden Euro (2023) |
Geschäftsführung | Holger Klein (Vorstandsvorsitzender), Heinrich Hiesinger (Aufsichtsratsvorsitzender) |
Anteilseigner | 93,8 Prozent Zeppelin Stiftung (Stiftungsträger ist die Stadt Friedrichshafen), 6,2 Prozent Dr. Jürgen und Irmgard Ulderup Stiftung |
Welche Standorte aber von der Ende Juli verkündeten Neustrukturierung betroffen sein werden, ist bislang nur eine Sache von Spekulationen. „Wir kennen keine Pläne für einzelne Standorte“, sagte Achim Dietrich im Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung. Laut dem Betriebsratschef soll es aber um 1.600 Stellen in der Entwicklung und 700 Stellen in der Verwaltung gehen, sodass der Rest mutmaßlich auf die Produktion entfällt. „Wenn die Zahl 14.000 wirklich Realität wird, dann geht das auch nicht sozialverträglich“, so Dietrich. „Dann haben wir einen Riss in der Belegschaft, der nicht so schnell zu kitten sein wird.“
Betriebsratschef wirft Vorstand „Bruch mit der ZF-Kultur“ vor
Für die massiven Sparmaßnahmen bei der ZF Friedrichshafen gibt es mehrere Gründe. Zum einen ist der Stiftungskonzern durch milliardenschwere Übernahmen von Konkurrenten wie TRW Automotive (2015) und WABCO (2019) stark verschuldet. Zum anderen macht dem zweitgrößten deutschen Autozulieferer die Transformation zur Elektromobilität sowie steigende Kosten und Zinsen zu schaffen. „Der Vorstand trägt natürlich keine Verantwortung für Corona, Ukrainekrieg, steigende Zinsen oder hohe Energiepreise“, erklärte Dietrich. „Was ich dem Vorstand vorwerfe, das ist ein Bruch mit der ZF-Kultur.“
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Eine ähnliche Ansage hatte der Gesamtbetriebsratsboss bereits beim Aktionstag gegen den Stellenabbau am 10. September in Friedrichshafen getätigt. „Wir erleben einen Frontalangriff auf die Beschäftigten in Deutschland und auf alle Prinzipien, für die ZF steht“, hatte Dietrich dort erklärt. „Die Belegschaft in Deutschland soll nun bezahlen, was Manager mit ihren Fehlentscheidungen angerichtet haben.“ Bei dem Aktionstag gegen den Stellenabbau bei ZF Friedrichshafen waren nach Gewerkschaftsangaben bundesweit rund 20.000 Menschen zusammengekommen.