Unterstützung für Rechtsaußenpartei - Migranten bekennen: „Wir wählen AfD!“ - aus Frust über Asylpolitik

Es klingt paradox, aber auch das gehört zur politischen Realität in Deutschland: Migranten, die schon vor vielen Jahren in die Bundesrepublik gekommen sind und sich hier eine erfolgreiche Existenz aufgebaut haben, wählen die AfD.

Hauptgrund: Sie sind hochgradig unzufrieden mit der Ampelregierung, vor allem mit deren Kurs in der Asyl- und Migrationspolitik.

Diese Unzufriedenheit ist bei einem Teil der hier lebenden Menschen mit ausländischen Wurzeln offenbar größer als die Furcht vor der AfD.

Deren Remigrationspläne bestimmen seit Wochen die öffentliche Debatte – und schüren bei zahlreichen Menschen mit Migrationshintergrund massive Ängste. Die Politik diskutiert intensiv wie nie über ein mögliches AfD-Verbot.

AfD plant Remigration - und wird auch von Migranten gewählt

Gegenüber FOCUS online äußerten sich jetzt zwei lange in Deutschland lebende Migranten, die nicht zuletzt aufgrund möglicher Anfeindungen und Stigmatisierungen anonym bleiben wollen. Nur unter dieser Bedingung stimmten sie einer Veröffentlichung ihrer Ansichten zu.

Es sind Ansichten, die auf den ersten Blick verstörend wirken.

Die Betroffenen selbst sehen darin einen Hilferuf. Und sie versichern, dass sie längst nicht allein dastehen mit ihrer Meinung.

Zwar gibt es keine belastbaren Studien zum Thema „Migranten, die AfD wählen“. Und auch aktuelle Erhebungen zum Wahlverhalten dieser Gruppe sucht man vergeblich.

Anhaltspunkte liefert freilich eine Umfrage von Infratest dimap bei der Landtagswahl in Hessen 2018, also zu einer Zeit, in der die AfD längst nicht so stark war wie heute.

Damals machten 14 Prozent der wahlberechtigten Menschen mit Migrationshintergrund ihr Kreuz bei der AfD. Bei Menschen ohne Migrationshintergrund waren es nur 13 Prozent.

Aber was macht die AfD für Menschen mit ausländischen Wurzeln attraktiv?

Deutsch-Türke kritisiert Migrationspolitik der Ampel scharf

Diplomingenieur Murat*, ein 51-jähriger Deutsch-Türke aus Frankfurt am Main, adressiert seinen Frust an die Ampelregierung aus SPD, Grünen und FDP in Berlin: „In Deutschland bereits integrierte Menschen fragen sich, für wen die Politik eigentlich gemacht wird.“

Er sagt: „Bei uns kommt es so an, dass die Regierung nicht mehr dem Wohl des eigenen Volkes dient.“ Konkret kritisiert er die Asyl- und Migrationspolitik der Ampel: „Wir erleben eine Politik, die auf Masseneinwanderung setzt und ohne Verstand alle reinlässt, ob mit und ohne Herkunftsnachweis.“

Auch auf anderen Gebieten machten die Verantwortlichen um Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) einen denkbar schlechten Job, meint er. „Die Regierung ist unfähig. Ihr Interesse besteht nur darin, selbst zu überleben. Sogar im Ausland wird Deutschland ausgelacht.“

Als Beispiel nennt Murat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum zweiten Nachtragshaushalt 2021. Karlsruhe hatte der Ampelkoalition einen Verstoß gegen das Grundgesetz bescheinigt, was zu einer Finanzlücke von 60 Milliarden Euro führte.

„Einen nicht verfassungskonformen Haushalt absichtlich aufzustellen, zeigt schon, wie inkompetent die Regierung ist“, so der Diplomingenieur aus Hessen.

„Der Regierung sind Migranten, die lange hier leben, egal“

Weiter erklärt er: „Der Regierung sind die Migranten, die schon lange hier leben, egal.“ Wenn er sich anschaue, wer derzeit in die Bundesrepublik komme mit der Aussicht, schon bald deutscher Staatsbürger zu sein, werde ihm angst und bange. Denn nur selten handele es sich um Fachkräfte und integrationswillige Menschen.

Er fordert: „Einwanderung ja, aber mit Verstand!“

Unverständnis äußert Murat auch über den Umgang des deutschen Staates mit straffällig gewordenen Zuwanderern. Viele der Täter würden trotz anderslautender Beteuerungen etwa von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) „nicht bestraft und erst recht nicht abgeschoben“.

Aus all den genannten Gründen sieht der Deutsch-Türke nur eine Option für sich: „Ich wähle die AfD, damit endlich meine Stimme gehört wird.“

Auch Maryam*, eine Deutsch-Iranerin, die als Ärztin in Nordrhein-Westfalen arbeitet, bekennt sich zur Rechtsaußen-Partei. Als Hauptgrund nennt die 44-Jährige ebenfalls die Migrationspolitik, die in letzter Konsequenz zu einer „unkontrollierten Massenzuwanderung“ führe.

Migrantin setzt auf AfD „als zukünftige Regierungspartei“

„Viele Migranten werfen ihre Pässe weg, kommen aber trotzdem problemlos nach Deutschland rein“, kritisiert sie. Auf der anderen Seite „können wir diese Leute nicht abschieben, weil wir ihre Identität nicht kennen“. Das sei absurd und sorge bei gut integrierten Zuwanderern für erheblichen Unmut.

Dass unter den Neuankömmlingen auch politische Extremisten oder Straftäter aller Art sein könnten, nähmen die Behörden billigend in Kauf, so Maryam. Dies führe nicht nur zu einem wachsenden Unsicherheitsgefühl bei vielen Bürgern, sondern schlage sich auch in der Polizeilichen Kriminalstatistik nieder, wo bestimmte Nationalitäten oder Zuwanderergruppen überproportional häufig vertreten seien.

Unzufrieden ist die Deutsch-Iranerin auch mit der Klima- und Energiepolitik der Ampel sowie mit der hohen Abgaben- und Steuerlast. Hinzu kämen falsche Anreize etwa beim Bürgergeld. Damit werde das Prinzip „Arbeit muss sich lohnen“ ad absurdum geführt. Die Folge: „Die allgemeine Unzufriedenheit in der unteren und mittleren Schicht wächst immer schneller.“

Maryam glaubt nicht, dass die etablierten Parteien das Ruder in absehbarer Zeit herumreißen können – und setzt auf die AfD „als zukünftige Regierungspartei in Deutschland“.

Deutsch-Iranerin Emitis Pohl versteht Wut, warnt aber vor AfD

Emitis Pohl, eine in Köln lebende deutsch-iranische Unternehmerin und Autorin („Deutschsein für Anfänger – Integration ist meine Pflicht!“), kennt die beiden AfD-Sympathisanten gut. Murat und Maryam gehören zu ihrem Bekanntenkreis.

Pohl wuchs in Teheran auf und flüchtete 1988 im Alter von 13 Jahren wegen des Golfkriegs ohne Eltern nach Deutschland.

Obwohl sie selbst niemals die AfD wählen würde und das Erstarken der Partei mit großer Sorge verfolgt, hat die 50-Jährige ein gewisses Verständnis für die Wut ihrer Bekannten. „Hier spielen sicherlich verschiedene Faktoren eine Rolle, angefangen bei persönlichen Enttäuschungen und Unzufriedenheiten bis hin zu einem Mangel an Perspektiven in der Gesellschaft.“