WM-Vergabe an Saudi-Arabien: Experte warnt vor falschen Erwartungen
Die WM-Vergabe an Saudi-Arabien wirft Fragen nach Menschenrechten auf. Ein Experte sieht jedoch auch strategische Gründe hinter der Entscheidung.
Frankfurt - Die FIFA hat kürzlich eine Ankündigung gemacht, die bereits erwartet wurde: Saudi-Arabien wird Gastgeber der Fußball-Weltmeisterschaft 2034 sein. Die Reaktion in Deutschland war stark und lautstark. Die Frankfurter Rundschau brachte es am Mittwoch, den 11. Dezember, auf den Punkt: „In den Sand gesetzt“. Sie folgerte: „Die FIFA hat die Entscheidung für den Wüstenstaat im Hinterzimmer ausgeheckt.“
Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien rückt in den Mittelpunkt der Diskussion
Die Menschenrechtslage in Saudi-Arabien steht nun im Mittelpunkt der Diskussionen. Sylvia Schenk, FIFA-Expertin aus Frankfurt, forderte eine „Theory of change“ und richtete ihre Forderung direkt an den DFB-Präsidenten Bernd Neuendorf: „Dafür muss sich DFB-Präsident Bernd Neuendorf einsetzen.“ Aber ist das wirklich umsetzbar? Sebastian Sons, Politik- und Islamwissenschaftler vom Orient-Thinktank CARPO, forscht seit 2008 zu Saudi-Arabien und hat das Buch „Die neuen Herrscher am Golf und ihr Streben nach globalem Einfluss.“ verfasst.

Sons war Gast im „Aktuellen Sportstudio“ des ZDF und stellte klar: „Saudi-Arabien ist ein selbstbewusstes Land. Es möchte nicht uns gefallen, sondern sich selbst. Man sollte nicht damit rechnen, dass sich aus unserem Blickwinkel an der Menschenrechtssituation viel ändert.“ Mit anderen Worten: Wer erwartet, dass sich der Wüstenstaat in den nächsten zehn Jahren grundlegend verändert, wird wahrscheinlich enttäuscht sein.
Saudi-Arabiens Ambitionen mit der Weltmeisterschaft
Sons skizzierte die drei Hauptziele Saudi-Arabiens: „Zum Ersten möchten sie die Marke Saudi-Arabien stärken und überall in der Welt wahrgenommen werden. Der zweite Aspekt ist innergesellschaftlich: Wie kann sich die Gesellschaft über den Sport öffnen? Und den Sport als Trend und Lifestyle zu etablieren. Und am Ende des Tages geht es um die politische Legitimation der Führung.“
Die Wahl von Saudi-Arabien als Austragungsort der WM überraschte Sons jedoch nicht: „Als Wissenschaftler und jemand, der Saudi-Arabien schon seit vielen Jahren beobachtet, ist das eine logische Entwicklung. Saudi-Arabien hat in den letzten Jahren massiv in den Sport investiert, nicht nur in den Fußball.“ Das Land benötige die WM, um seine Abhängigkeit vom Erdöl zu verringern. Und es sei nicht mit Katar zu vergleichen.
Vergleich mit Katar wird vermieden
Der Islamwissenschaftler betonte: „Es ist viel größer, die Bevölkerung ist zehnmal so groß. Es gibt auch durchaus Armut und Jugendarbeitslosigkeit, das sehen wir oftmals nicht. Eine WM bietet auch eine Möglichkeit, eine nationale Sport-Industrie aufzubauen und Begeisterung zu schaffen und eben auch Jobs zu schaffen. Aus strategischen Gründen macht das sehr viel Sinn für Saudi-Arabien.“