Sanktionen für Bürgergeld-Empfänger: So viel Geld wird dann gekürzt

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Wer Bürgergeld empfängt, muss sich an strenge Auflagen halten. Bei Pflichtverletzungen kann das Geld dann sogar gekürzt werden. Um wie viel genau, hängt dann von unterschiedlichen Dingen ab.

Berlin – Das Bürgergeld ist dazu da, um Menschen finanziell zu helfen, wenn sie es gerade brauchen. Wer auf einmal arbeitslos wird oder nach dem Studium beispielsweise nur schwer einen Job findet, kann sich darauf verlassen, dass der Staat erstmal unter die Arme greift. Doch auch für diejenigen mit geringem Einkommen ist diese Sozialleistung da und soll das eigene Gehalt aufstocken bzw. die Kosten für die Unterkunft übernehmen.

Doch wer Bürgergeld erhält, muss auch ganz konkrete Pflichten erfüllen. Zum Beispiel sich aktiv auf die Jobsuche machen oder an Fortbildungsmaßnahmen teilnehmen, die den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern können. Wer sich nicht an diese Pflichten hält, dem wird das Geld gekürzt. Im Behördendeutsch heißt das dann Leistungsminderung.

Pflichtverletzung beim Bürgergeld: Wann die Leistung gekürzt wird

Wie hoch eine Leistungsminderung ausfällt, dafür gibt es genaue gesetzliche Vorschriften. Aktuell wird in der Bundesregierung darüber diskutiert, diese Vorschriften zu verschärfen – in diesem Artikel gehen wir also von den aktuell noch gültigen Vorschriften aus (Stand: 8. Januar 2024).

Wer eine seiner Pflichten als Bürgergeld-Empfänger verletzt, dem wird einen Monat lang 10 Prozent des Geldes gekürzt. Bei zwei Pflichtverletzungen sind es 20 Prozent für zwei Monate, bei drei sind es 30 Prozent für drei Monate. Laut Bundesministerium für Arbeit und Soziales gibt es keine „überzogenen Leistungsminderungen“ mehr. Was genau damit gemeint ist, wird nicht weiter erklärt.

Bürgergeld kann unter anderem in folgenden Fällen gekürzt werden:

  • Meldeversäumnis (z.B. nicht zum vereinbarten Termin beim Jobcenter erscheinen)
  • Ablehnung einer zumutbaren Arbeit
  • Abbruch einer Ausbildung
  • Ablehnung einer Maßnahme (z.B. Bewerbungstraining)
  • Nichtbeachtung des Kooperationsplans

Ob das Bürgergeld gekürzt wird, entscheidet das Jobcenter. Die Kosten für die Unterkunft sowie für die Heizung sind immer geschützt und können nicht gekürzt werden.

Statistik zeigt: So viel Geld wird im Schnitt gekürzt

Soviel also zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen. Doch wie oft kommt das vor? Und: Wie viel Geld wird dann in Realität gekürzt? Dazu liegt Ippen.Media eine Statistik der Bundesagentur für Arbeit vor, die genau diese Fragen beantwortet. Die Statistik reicht bis ins Jahr 2007 zurück, die neusten Daten stammen aus 2022. Für 2023 liegen noch keine Daten vor. Es geht hier also um die Statistiken vor Einführung des Bürgergeldes.

Die CDU strebt eine „Systemänderung“ beim Bürgergeld an.
Die CDU strebt eine „Systemänderung“ beim Bürgergeld an. © IMAGO / Dominik Bund

Demnach gab es 2022 insgesamt 33.033 Leistungsempfänger, deren Geld aufgrund von mindestens einer Pflichtverletzung gekürzt werden musste. Im Schnitt wurde dieses dann um 12 Prozent gekürzt, was durchschnittlich 78 Euro entsprach. In dem Jahr gab es aber eine Besonderheit: Ab Mitte 2022 galt ein Sanktionsmoratorium, das die Leistungskürzungen auf sehr wenige Fälle beschränkte. Das Jahr liefert also möglicherweise unvollständige Daten, weshalb ein Blick auf die Jahre davor notwendig ist.

Die vollständige Statistik der Jahre 2007 bis 2022:

Jahr Zahl Personen mit Leistungsminderungen Durchschnittliche Kürzung (in %) Durchschnittliche Kürzung (in Euro)
2022 33.033 12,0 78 Euro
2021 34.589 14,9 94 Euro
2020 33.649 12,4 76 Euro
2019 120.899 18,0 108 Euro
2018 132.208 18,8 110 Euro
2017 136.799 19,0 109 Euro
2016 134.333 19,3 108 Euro
2015 131.520 19,4 108 Euro
2014 141.313 19,6 107 Euro
2013 146.093 20,7 109 Euro
2012 149.708 21,1 110 Euro
2011 145.660 23,0 116 Euro
2010 135.656 25,2 124 Euro
2009 123.047 26,4 128 Euro
2008 126.822 27,9 132 Euro
2007 123.367 27,0 127 Euro

Daraus lässt sich erkennen, dass sich vor 2020 die Zahlen eigentlich sehr stabil hielten. Der plötzliche Rückgang der vergangenen Jahre lässt sich nach Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) auf die Corona-Pandemie und dann, wie oben bereits erläutert, auf das Sanktionsmoratorium im Jahr 2022 zurückführen. In den Jahren 2020 und 2021 mussten viele Termine in den Jobcentern aufgrund der Kontaktbeschränkungen abgesagt werden, daher sinken in diesem Zeitraum die Zahlen signifikant.

Bürgergeld wird gekürzt - das kommt sehr selten vor

Im Grunde sind also die Zahlen nach 2020 wenig aussagekräftig. Davor war es eigentlich immer so: Im Schnitt wurden Leistungsempfängern rund 100 Euro gekürzt, manchmal bis zu 120 Euro. Im Jahr 2019 entsprächen 108 Euro von einem Regelbedarf à 424 Euro einer Leistungskürzung von 25 Prozent. Die Hochzeit der Leistungskürzungen war in den Jahren 2008 und 2009 – die Zeit der Finanzkrise, als auch die Arbeitslosenzahlen eher hoch waren.

Im Jahr 2022 wurde im Schnitt um 78 Euro gekürzt, das entspricht beim damaligen Regelbedarf von 449 Euro eine Kürzung um 17 Prozent.

Insgesamt muss jedoch festgestellt werden, dass die absoluten Zahlen im Vergleich zu den Arbeitslosenzahlen sehr gering sind. Die Arbeitslosenzahlen blieb in den 2010er-Jahren bei um die vier Millionen immer recht konstant - mal etwas mehr, mal etwas weniger. Wenn 120.000 Menschen aus diesen vier Millionen sanktioniert werden müssten, dann entspricht das einem Anteil von drei Prozent. Statistisch gesehen halten sich also gut 97 Prozent der Arbeitslosengeldempfänger an ihre Pflichten.

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