Wohnen, wo die junge Sisi spielte
Dass im Schloss Possenhofen eine Wohnung verkauft wird, kommt immer wieder mal vor. Dass es sich dabei um die Wohnung handelt, in der sich einst das Kinderzimmer der späteren Kaiserin Elisabeth befand, eher selten. Nun ist genau diese Wohnung zu kaufen.
Possenhofen – Das im Jahr 1536 gebaute Schloss Possenhofen ist zweifelsohne eine der geschichtsträchtigsten Immobilien am Starnberger See. Die spätere Kaiserin Elisabeth (1837-1898) verbrachte dort weite Teile ihrer Kindheit. Zwar verkam die Anlage im Laufe des 20. Jahrhunderts zunächst so sehr, dass sogar ein Abriss erwogen wurde. Nach dem Einstieg eines privaten Investors, einer Generalsanierung und einer Aufteilung in Eigentumswohnungen in den 1980er-Jahren gilt das Schloss aber wieder als Schmuckstück. Insgesamt gibt es im Schloss und dem Nebengebäude, dem sogenannten Hufeisenbau, 30 Wohnungen. Und eine prominente davon steht nun zum Verkauf.
Sie erstreckt sich über das gesamte zweite Obergeschoss des Schlosses und umfasst die ehemaligen Privatgemächer von Herzog Max Joseph (1808-1888), seiner Frau, Herzogin Ludovika (1808-1892), und der Familie – und damit auch Elisabeths ehemaliges Kinderzimmer.

Die Einheit ist rund 270 Quadratmeter groß, verfügt über Raumhöhen von fast vier Metern, einen offenen Kamin, edles Tafelparkett, Deckenstuck, Sprossen-Kassettenfenster und Kassettentüren, wie Riedel Immobilien aus München die Wohnung beschreibt. Das Unternehmen ist von den bisherigen Eigentümern mit dem Verkauf beauftragt und gibt den Kaufpreis mit 5,2 Millionen Euro (inklusive drei Stellplätzen) an. „Ein solches Objekt gibt es nicht oft“, sagt Makler Dr. Paul Schoenberger im Gespräch mit dem Starnberger Merkur und spricht von einem „absoluten Liebhaberobjekt“. Dazu gehört auch das etwa 252 Quadratmeter große Dachgeschoss. Das sei zwar nicht ausgebaut und der gültige Bebauungsplan sehe auch keinen Ausbau vor, sagt Schoenberger. Aber es eröffne dennoch „faszinierende Gestaltungsmöglichkeiten“.
Das Schloss Possenhofen hatte Herzog Max Joseph im Jahr 1834 zusammen mit Garatshausen als Landsitz gekauft. Vor allem Herzogin Ludovika und die Kinder verbrachten die Sommermonate in Possenhofen oder in „Possi“, wie die Kinder das Schloss samt Badehäuschen am See, Seeterrasse mit Panoramablick und Bootshaus liebevoll nannten. Elisabeth schwärmte zeitlebens von einer unbeschwerten Kindheit und ungezwungenen Atmosphäre, die dort herrschte.

Nach ihrer Hochzeit mit dem österreichischen Kaiser Franz Joseph im Jahr 1854 kam die Kaiserin zwar noch zu Besuch an den Starnberger See, wohnte fortan aber nie mehr im Schloss, wie Rosemarie Mann-Stein, die Leiterin des Kaiserin-Elisabeth-Museums in Possenhofen, berichtet. Stattdessen logierte Sisi im Hotel Strauch in Feldafing, dem heutigen Hotel Kaiserin Elisabeth. Die besondere Beziehung zu Possenhofen blieb aber bis zu ihrem tragischen Tod bestehen. Auf dem Bild, das Franz Joseph 1853 als Verlobungsgeschenk erhielt, ist die damals 15-jährige Elisabeth hoch zu Ross vor dem Schloss zu sehen, vor dem Fenster ihres Kinderzimmers sitzen Tauben am Fenstersims, andere fliegen umher. Der Stahlstich befindet sich im Eigentum der Gemeinde Pöcking und wird im Museum präsentiert.
Nach der Revolution von 1918 durchlebte das Schloss eine äußerst wechselvolle Geschichte. Es war unter anderem Ferienheim für erholungsbedürftige Kinder, Müttergenesungswerk und Kinderheim der nationalsozialistischen Volkswohlfahrt, Sanitätsausbildungsstätte für die Luftwaffe, später Kriegsgefangenenlazarett, Produktionsstätte für Rex-Mopeds und für Früchte in Alkohol. Nun also sucht das zweite Obergeschoss einen neuen Schlossherren.