„Terrorismus bekämpft man nicht im Panikmodus“: Baerbock schickt Merz in Asylstreit eine Warnung
Für seine Forderungen nach Verschärfungen in der Asylpolitik erntet Merz Kritik. Baerbock kritisiert Vorschläge, „gegen Grundgesetz oder Europarecht verstoßen“.
Berlin – Außenministerin Annalena Baerbock hat den Vorstoß des CDU-Chefs Friedrich Merz nach Verschärfungen in der Asylpolitik scharf kritisiert. In einem Spiegel-Interview mahnte Baerbock: „Terrorismus bekämpft man nicht im Panikmodus.“
Merz hatte von der Ampel-Koalition am Donnerstag (5. September) eine konkrete Zusage zur Zurückweisung von Migrantinnen und Migranten an der deutschen Grenze gefordert. Über die Forderungen der Union sagte Baerbock: „Vorschläge, die hart klingen, aber nicht umsetzbar sind, weil sie gegen Grundgesetz oder Europarecht verstoßen, eignen sich vielleicht für populistische Überschriften, machen unser Land aber keinen Deut sicherer.“
Weiter forderte die Außenministerin „Differenzieren statt Pauschalisieren“. Dabei betonte sie die „derart aufgeheizte Lage, in der unsere Demokratie von innen und außen herausgefordert ist“. Die Trennlinie verlaufe nicht zwischen hier Geborenen und Zugezogenen, „sondern ob man mit beiden Beinen auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht oder eben nicht“.
Merz fordert Verschärfung von Asylpolitik nach Solingen-Anschlag – Baerbock kritisiert Vorschläge
Merz hatte infolge des Messer-Anschlags in Solingen nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz einen „faktischen Aufnahmestopp“ Geflüchteter aus Afghanistan und Syrien gefordert. Von seiner Forderung nach einem generellen Aufnahmestopp war Merz damit bereits abgerückt. Viele Expertinnen und Experten sind der Meinung, einen Aufnahmestopp für einzelne Nationalitäten zu verhängen, wäre mit geltendem Asylrecht nicht vereinbar. Baerbock kommentierte den Vorstoß: „Mir ist unerklärlich, was Vorschläge sollen, die pauschal auf alle Syrer abzielen und nicht zwischen einem islamistischen Mörder und einer Familie, die vor dem IS aus Syrien geflohen ist, unterscheiden.“
Gleichzeitig schloss Baerbock erneut Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan nicht generell aus. „Schwerstverbrecher verwirken ihren Schutz, unabhängig davon, wo sie herkommen.“ Abschiebungen nach Syrien seien „alles andere als trivial“, zumal „Syrien nicht gleich Syrien“ sei. „Wenn wir den Mörder Baschar al-Assad und damit auch seine Verbündeten Iran und Russland stärken, dann hätten wir sicherheitspolitisch mit Zitronen gehandelt“, sagte die Außenministerin mit Blick auf den syrischen Machthaber.
Asyl-Streit: Ampel-Parteien kritisieren Merz – auch innerhalb der Regierung herrscht Uneinigkeit
Zugleich betonte sie, dass es Gebiete etwa im kurdisch kontrollierten Nordosten gebe, die „Assad wiederum nicht kontrolliert“. Mit den dortigen Autoritäten habe man bereits erfolgreich kooperiert. „Allerdings gibt es auch dort Kampfhandlungen, nicht zuletzt türkische Militärschläge“, sagte Baerbock. „Die Machtverhältnisse und damit die Sicherheitslage in Syrien sind hochkomplex. Wer da mit Pauschalaussagen kommt, offenbart vor allem seine außenpolitische Ahnungslosigkeit.“
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Auf das Ultimatum, das der CDU-Chef der Ampel-Regierung bis zum kommenden Dienstag gestellt hatte, reagierten Vertreterinnen und Vertreter der Regierungsparteien mit Kritik. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast erklärte im ZDF: „Ich glaube nicht, dass es jede Woche ein neues Wahlkampfgetöse und ein neues Ultimatum von Friedrich Merz braucht, sondern die Leute wollen Lösungen.“ Grünen-Chef Omid Nouripour nannte Merz‘ Vorgehen „unseriös“. Die Ampel-Politiker kritisieren jedoch nicht nur Merz, sondern sind sich auch untereinander uneins. (dpa/pav)