Prozess gegen Seeger Bürgermeister Markus Berktold hat begonnen

  1. Startseite
  2. Bayern
  3. Augsburg & Schwaben
  4. Kreisbote Allgäu

Kommentare

Wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betrugs steht der Seeger Bürgermeister Markus Berktold seit heute vor Gericht. © Archiv/Bernhard Schmid

Am heutigen Montag hat in Nürnberg der Betrugs-Prozess gegen den Seeger Bürgermeister Markus Berktold begonnen. Der Mitangeklagte belastete den Rathauschef schwer.

Nürnberg/Seeg - Wegen des mutmaßlichen Pflegebetrugs in Millionenhöhe steht Markus Berktold, vorübergehend suspendierter Bürgermeister von Seeg, seit dem heutigen Montag vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth.

Die Vorwürfe gegen den CSU-Politiker wiegen bekanntlich schwer: Der 49-jährige Lokalpolitiker soll laut Anklage zusammen mit dem Pflegedienstleiter zwischen 2020 und 2022 bis zu 2,1 Millionen Euro aus dem sogenannten Pflege-Rettungsschirm unrechtmäßig abgerechnet haben.

Teilweise soll er dazu auch nachträglich Scheinrechnungen erstellt haben. Das Geld soll er genutzt haben, um finanzielle Engpässe bei anderen Seeger Pflegeunternehmen zu stopfen, deren Geschäftsführer er war.

Zudem wirft die für die Ermittlungen zuständige Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheitswesen (ZKG) bei der Generalstaatsanwaltschaft dem 49-Jährigen Untreue vor. Der Kommunalpolitiker soll als Verantwortlicher des örtlichen Caritas-Vereins rund 825.000 Euro auf sein Privatkonto überwiesen und dem Verein zustehende Pachtforderungen von rund 570.000 Euro grundlos nicht geltend gemacht haben.

Neben Berktold ist ein 42-jähriger ehemaliger Leiter des Pflegedienstes angeklagt. Er soll zusammen mit seiner ebenfalls angeklagten Ehefrau weitere 270.000 Euro aus dem Pflege-Rettungsschirm unrechtmäßig erhalten und damit private Schulden beglichen haben.

Das Verfahren gegen die junge Frau wurde aus gesundheitlichen Gründen allerdings noch vor Beginn des Prozesses abgetrennt. Die Frau ist derzeit nur eingeschränkt verhandlungsfähig.

Zum Prozessauftakt am Montag vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth offenbarte sich den etwa 20 Prozessbeobachtern und zahlreichen Medienvertretern ein verworrenes Geflecht aus vier Firmen, unzähligen Rechnungen und einer hohen Summe. Mehr als eine Stunde dauerte die Verlesung der rund 40-seitigen Anklageschrift durch Oberstaatsanwaltschaft Torsten Haase.

Mitangeklagter belastet Berktold

Zudem belastete der Leiter des Pflegedienstes den Bürgermeister nicht unerheblich. Berktold habe gewusst, dass es sich um gefälschte Rechnungen handelte und diese auch selbst eingereicht, erklärte der 42-Jährige. Wie schon während der Ermittlungen zeigte sich der Mann geständig und räumte die Vorwürfe vor Gericht vollständig ein.

Während seiner Vernehmung durch den Vorsitzenden Richter Dr. Mark Leppich schilderte der Mitangeklagte unter anderem, wie er etwa die Kosten für eine neue Schließanlage für eine Pflegeeinrichtung auf mehrere Rechnungen aufgeteilt und so als andere Posten bei der Pflegekasse geltende gemacht habe.

Ihm sei dabei bewusst gewesen, dass diese Ausgaben nicht vom Pflege-Rettungsschirm abgedeckt gewesen seien. Berktold als Geschäftsführer der beteiligten Firmen sei das ebenfalls klar gewesen, machte er deutlich.

Berktold schweigt zunächst

Allerdings erklärte der Angeklagte jedoch auch, er habe teilweise nur deshalb falsche Rechnungen ausgestellt, weil er auf die Originale nicht habe zugreifen können und unter Zeitdruck gestanden habe, da Rückforderungen gedroht hätten.

Der CSU-Kommunalpolitiker selbst äußerte sich am Montag zunächst nicht zu den zahlreichen Vorwürfen. Seine Verteidiger, darunter der Kaufbeurer Anwalt Robert Chasklowicz, kündigten an, zu einem späteren Zeitpunkt eine Erklärung abgeben zu wollen.

Bei einem Gespräch der Parteien im Vorfeld der Verhandlung hatten die Verteidiger aber deutlich gemacht, was sie von den Ausführungen des Pflegedienstleiters halten: Sie beschuldigten laut Strafkammer den 42-Jährigen der Lüge. Zugleich sollen sie betont haben, dass ihr Mandant keine Gelder für private Zwecke genutzt, sondern stets wieder in seine Pflegeunternehmen gesteckt habe.

Ähnlich hatte sich Chasklowicz in der Vergangenheit auch schon gegenüber unserer Zeitung geäußert.

Für das Gericht wird es in den kommenden Verhandlungstagen darum gehen, nicht nur das komplexe Geflecht aus verschiedenen Firmen, Rechnungen und rechtmäßig und unrechtmäßig erhaltenen Leistungen zu entwirren, sondern auch die widersprüchlichen Aussagen der beiden Angeklagten zu hinterfragen.

Angesetzt sind zunächst zehn weitere Verhandlungstage bis in den Januar hinein.

Bis zu einer Verurteilung gilt für Markus Berktold und den Mitangeklagten die Unschuldsvermutung.

Auch interessant

Kommentare