Neu entdecktes schwarzes Loch bricht Rekorde – „Verzehrt etwas mehr als eine Sonnenmasse pro Tag“

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Diese künstlerische Darstellung zeigt den rekordbrechenden Quasar J059-4351, den hellen Kern einer weit entfernten Galaxie, der von einem supermassereichen schwarzen Loch angetrieben wird. © ESO/M. Kornmesser

Ein neu entdecktes schwarzes Loch hat unvorstellbare Dimensionen. Kaum zu glauben, dass es Jahrzehnte lang am Himmel übersehen wurde.

Cerro Paranal – Das Universum ist voller Superlative – und ganz vorne dabei sind schwarze Löcher. Nun hat ein Forschungsteam ein Objekt entdeckt, das gleich mehrere Rekorde bricht. Die Forschungsgruppe um den Astronomen Christian Wolf (Australian National University) hat den Quasar J0529-4351 untersucht und dabei eine Überraschung erlebt: Das Objekt mit dem komplizierten Namen ist nicht nur der hellste bisher bekannte Quasar, sondern auch das leuchtkräftigste Himmelsobjekt, das bisher beobachtet wurde.

Ein Quasar ist der aktive Kern einer Galaxie, er wird von einem supermassereichen schwarzen Loch angetrieben. Das schwarze Loch, das den Quasar J0529-4351 antreibt, bricht Rekorde. „Wir haben das am schnellsten wachsende schwarze Loch entdeckt, das bisher bekannt ist“, erklärt Wolf, Erstautor einer Studie, die im Fachjournal Nature Astronomy veröffentlicht wurde. Der Astronom versucht, die Dimensionen des Himmelskörpers greifbar zu machen: „Es hat eine Masse von 17 Milliarden Sonnenmassen und verzehrt etwas mehr als eine Sonnenmasse pro Tag. Damit ist es das leuchtstärkste Objekt im bekannten Universum.“

Die Himmelsregion, in der sich der rekordbrechende Quasar J0529-4351 befindet. Das Bild wurde aus Bildern des Digitized Sky Survey 2 erstellt, der Einschub zeigt die Position des Quasars in einem Bild des Dark Energy Survey.
Die Himmelsregion, in der sich der rekordbrechende Quasar J0529-4351 befindet. Das Bild wurde aus Bildern des Digitized Sky Survey 2 erstellt, der Einschub zeigt die Position des Quasars in einem Bild des Dark Energy Survey. © ESO/Digitized Sky Survey 2/Dark Energy Survey

Schwarzes Loch und Quasar brechen Rekorde im Universum

Der Quasar ist so weit von der Erde entfernt, dass sein Licht mehr als zwölf Milliarden Jahre brauchte, um die Erde zu erreichen. Dabei leuchtet er mehr als 500 Billionen Mal heller als die Sonne. Die unvorstellbaren Zahlen werden jedoch noch getoppt: „All dieses Licht kommt von einer heißen Akkretionsscheibe mit einem Durchmesser von sieben Lichtjahren – das muss die größte Akkretionsscheibe im Universum sein“, ergänzt Co-Autor Samuel Lai. Zum Vergleich: Sieben Lichtjahre entspricht der 15.000-fachen Entfernung zwischen der Sonne und dem am weitesten entfernten Planeten Neptun.

Alle Zahlen klingen, als wäre der neuentdeckte Quasar eigentlich nicht zu übersehen. Doch genau das ist trotzdem geschehen. „Es ist seltsam, dass er bis heute unerkannt geblieben ist, wo wir doch bereits eine Million weniger beeindruckender Quasare kennen. Er hat uns bis jetzt buchstäblich ins Gesicht gestarrt“, wundert sich Co-Autor Christopher Onken in einer Mitteilung.

Hellster Quasar wurde lange im Weltall übersehen

Dass der Quasar erst jetzt entdeckt wurde, hat jedoch einen Grund, der in der verwendeten Technik liegt: Um Quasare in großen Datensätzen von anderen Himmelsobjekten zu unterscheiden, werden häufig Modelle verwendet, die auf maschinellem Lernen basieren. Weil diese Modelle mit bereits vorhandenen Daten trainiert werden, kann es passieren, dass ein solches Programm einen Himmelskörper, der aus dem Raster fällt, als weit entfernten Quasar ablehnt und ihn stattdessen als nahen Stern einordnet.

Was ist ein Quasar und was ein supermassereiches schwarzes Loch?

Ein Quasar ist der aktive, helle Kern einer Galaxie. Er sieht im sichtbaren Licht wie ein Stern (punktförmig) aus. In anderen Wellenlängen strahlt er sehr große Energiemengen ab. Der Begriff Quasar wird vom englischen „quasi-stellar radio source“ abgeleitet – auf Deutsch: „sternartige Radioquelle“.

Supermassereiche schwarze Löcher befinden sich im Zentrum der meisten Galaxien. Sie treiben Quasare an. Ein schwarzes Loch ist ein Himmelskörper, dessen Masse auf einem sehr kleinen Volumen konzentriert ist. Dadurch hat das Objekt eine so starke Gravitation, dass nicht einmal Licht es wieder verlassen kann. Die äußere Grenze des schwarzen Lochs wird „Ereignishorizont“ genannt. Um ein schwarzes Loch kreist Materie, die sogenannte „Akkretionsscheibe“. Ihre Strahlungsemission ist es, die man als leuchtenden Quasar sieht.

Supermassereiche schwarze Löcher sind für die Forschung spannend

Genau das ist mit J0529-4351 passiert. Das Objekt ist zwar bereits auf Aufnahmen aus dem Jahr 1980 zu sehen, doch erst jetzt gelang es, das leuchtende Himmelsobjekt als Quasar zu klassifizieren. Letztendlich lieferte der X-Shooter-Spektrograf am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) im chilenischen Cerro Paranal die entscheidenden Daten und zeigte, wie extrem der Quasar ist.

Weit entfernte supermassereiche schwarze Löcher sind für die Forschung von großem Interesse, weil sie Geheimnisse aus der frühen Zeit des Universums in sich bergen. Doch das ist nicht der einzige Grund, warum Astronom Wolf nach ihnen sucht, wie er gesteht: „Ich persönlich mag einfach die Jagd. Für ein paar Minuten am Tag fühle ich mich wieder wie ein Kind, das Schatzsuche spielt, aber diesmal bringe ich alles mit, was ich seitdem gelernt habe.“ (tab)

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