Ein Plakat vor einer Gaststätte verärgert viele Menschen. Eine Expertin erklärt, welche Strategie dahintersteckt.
Berlin – „Cash is Queen. Bargeld ist unser bevorzugtes Zahlungsmittel“, steht auf einem Aufsteller vor einem Restaurant. Weiter heißt es: „Bargeldzahlung erlaubt uns 100 Prozent des gezahlten Wertes zu behalten.“ Ein Foto des Schilds wurde im Onlineforum Reddit geteilt, wo viele Nutzerinnen und Nutzer verärgert darüber sind. Zum einen, weil sie es lästig finden, immer genügend Bargeld bei sich tragen zu müssen. Vor allem aber denken viele, dass die Betreiber der Gaststätte dadurch ihre Einnahmen verschleiern wollen. „Zum Steuerbetrug öffentlich mit Plakat stehen, ist neu“, schreibt eine Person. In einem weiteren Kommentar heißt es: „Die merken gar nicht, dass sie da offen ihren Besch*** zugeben“.
„Wenn jemand mein Geld per Karte nicht haben will, gehe ich halt woanders hin. Sprich: 100 Prozent Verlust für den Inhaber“, macht ein Nutzer unter dem Beitrag deutlich. Bargeld ist in Deutschland und im deutschsprachigen Raum im Vergleich zu anderen Ländern weiterhin ein beliebtes Zahlungsmittel. Rund die Hälfte aller Bezahlvorgänge im Jahr 2023 fanden laut Zahlen der Deutschen Bundesbank mit Bargeld statt. Das Schild, welches das Restaurant als „bargeldfreundlichen Betrieb“ ausweist, stammt gar nicht von der Gaststätte selbst, sondern aus einem österreichischen Online-Shop, dem sogenannten Bargeldfanshop.
Österreichischer Onlineshop verkauft Werbung für Barzahlung
Der Bargeldfanshop wird vom Geldservice Austria betrieben, der für die Bargeldversorgung in Österreich verantwortlich ist und zur Österreichischen Nationalbank gehört. Auf der Webseite gibt es unter anderem kleine Geldtransporter als Kinderspielzeug. Zudem Sonnenbrillen, Bierkrüge oder eben Plakate und Sticker mit Aufschriften wie „Cash is Queen“ oder „Mei Bargeld is ned deppat“.
Auf Anfrage teilt ein Sprecher des Bargeldfanshops BuzzFeed News Deutschland von Ippen.Media mit: „Unsere Produkte sprechen sowohl Privatpersonen als auch gewerbliche Kunden an. Besonders Restaurants, Hotels und Einzelhändler schätzen die Bargeld-Sticker und andere Artikel, um klar ihre Bargeldfreundlichkeit zu kommunizieren“. Rund zehn Prozent der Bestellungen kämen aus Deutschland – laut Fanshop ein Zeichen dafür, dass Bargeld „über Grenzen hinweg Interesse und Zustimmung findet“.
Bargeld habe viele positive Aspekte, betont der Sprecher: Gerade im Gastgewerbe spiele es eine zentrale Rolle, „weil es eine direkte, menschliche Verbindung schafft – von Gast zu Gastgeber, ohne technische Hürden.“
Expertin: Bargeld wird von einigen „Gegenpol zur modernen Welt“
Wozu braucht es überhaupt Werbung und Fanartikel für Bargeld – und warum werden Zahlungsmittel von einigen Menschen so emotional aufgenommen? „Hier wird Bargeld nicht nur als Zahlungsmittel dargestellt, sondern politisch aufgeladen. Bargeld sei ein Symbol der Freiheit, Sicherheit und Unabhängigkeit“, sagt Pia Lamberty, Psychologin und Expertin im Bereich Verschwörungsideologien, BuzzFeed News Deutschland. Bargeld werde zum „Gegenpol der modernen Welt stilisiert – der freie Mensch zahlt Cash“.
Neben den praktischen Vorteilen der Barzahlung – etwa der besseren Übersicht über Ausgaben – verbreiten manche Gruppen Angst und Verschwörungsmythen. Lamberty sagt: „Es wird behauptet, dass ein Ende des Bargelds die totale Überwachung durch den Staat bedeuten würde. Oder dass digitale Währungen ein Ablaufdatum hätten und man deswegen nicht mehr sparen könnte“. Zudem kursiert das Gerücht, dass die Zentralbank Chips implantieren würden. Immer gehe es um „geheime Machenschaften, Kontrolle und finstere Pläne“, erklärt die Expertin.
Solche Mythen stammen laut Lamberty vor allem von rechten Influencern und Akteuren, die mit ihren eigenen Alternativen Geld verdienen wollen. „Rechte Prepper horten ihr Geld zu Hause. Reichsbürger gründen gleich ganze Banken. Rechte Influencer werben für Gold oder obskure Kryptowährungen.“ Manchmal seien es aber auch einfach „Leute, die auf Social Media gerne Ängste schüren.“ Auch die AfD nutze das Thema regelmäßig, um Misstrauen zu säen. Geld eigne sich gut dazu, da es schnell um existenzielle Fragen gehe. Zudem werde das Thema noch komplexer, wenn man digitale Währungen oder Bezahldienste mitberücksichtigt. „Wer dann noch hohes Misstrauen gegen den Staat hat, sieht in digitalen Zahlungsmitteln schnell eine Verschwörung“, sagt Lamberty. (Quelle: Reddit, Eigene Recherche)