Methode Xi: Ein Wort reicht, um Taktik des China-Diktators zu verstehen
Für Xi Jinping läuft es richtig gut dieser Tage: Die Konferenz seiner Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit (SOZ) führte mehr als zwanzig Regierungschefs nach Tianjin, unter anderem aus Russland und Indien.
Xi und Putin inszenieren sich als neue Sieger des Zweiten Weltkriegs
Xi Jinping konnte mit diesem Auflauf, der zudem noch unmittelbar vor den Feierlichkeiten in Peking zum Gedenken an das Ende der japanischen Besatzung vor 80 Jahren stattfand, den Menschen in der Volksrepublik sowie der Internationalen Gemeinschaft zeigen, dass an ihm kein Weg vorbei führt. Bilder der Konferenz füllen chinesische Medienseiten, Xi wird als großer Staatsmann gepriesen.
Vor allem die Begegnung mit Kreml-Diktator Wladimir Putin hat der westlichen Allianz klar gemacht, dass auf Xi Jinping als Vermittler im Krieg Russlands gegen die angegriffene Ukraine nicht zu hoffen ist. Die “no limits”-Partnerschaft beider Länder, so Putin und Xi unisono, bleibe unangetastet.
Xi und Putin versuchen sich an einer neuen Geschichtsschreibung, die ihre Länder als die wahre Sieger-Achse des Zweiten Weltkriegs verkaufen soll. Laut chinesischer Medien soll es die Kommunistische Partei gewesen sein, die die Japaner im Land besiegt habe. Historiker sagen aber, dass es anders war und die Nationalisten, als die legitime Regierung der Republik China (heute Taiwan) damals den grausamen Kolonialherrn Japan vertrieben habe.
Peking profitiert von Trumps Zöllen gegen Indien
Im Rahmen der Konferenz hat Xi auch die frischen Bande mit Indien bekräftigt. Nachdem Donald Trump das Land mit 25 Prozent Strafzölle auf den Export von russischem Öl belegt hatte, haben Premierminister Narendra Modi und Xi Jinping kurzerhand verabredet, die wirtschaftliche Zusammenarbeit ihrer Länder neu zu fassen. Beide Staaten sind eigentlich keine Freunde, im Jahr 2020 kam es sogar zu Gefechten zwischen den Armeen Indiens und China an ihrer Grenze im Himalaya.
Die USA haben über 30 Jahre lang versucht, Indien zu binden und als demokratisches Bollwerk gegen China in Asien zu etablieren. Donald Trump hat diese Leitlinie seiner Amtsvorgänger, Demokratien und Republikaner gleichermaßen, zunichte gemacht. In Peking haben die Sektkorken geknallt, das nationalistische Internet triumphiert.
In der Tat sehen immer mehr Staaten auf der Welt in der Volksrepublik den stabileren Akteur. Dabei geht es nicht um Menschenrechte und Freiheiten innerhalb Chinas, sondern um die Zuverlässigkeit, mit der Handel betrieben werden kann.
Viele Firmen, die in China produziert haben, sind auf Anraten Washingtons nach Indien und in andere Länder in Südostasien ausgewichen. Doch nun drohen auch Strafzölle, wenn man dort produziert. Washington zu trauen wird angesichts dieser Umstände fast unmöglich.
Wurde vor nicht einmal einem Jahr noch darüber diskutiert, wie man Lieferketten aus China herausverlegen kann, so überlegen immer mehr Unternehmenslenker, wie man den USA und ihrem erratischen Präsidenten entkommt.
Methode Xi und die Anziehungskraft des Diktators
Eine verrückte Welt, die Xi Jinping auf der Konferenz “chaotisch” nannte. Dieses Wort reicht, um die Anziehungskraft von Xi zu verstehen. Dem angesichts dieses Befundes muss Peking den Regierungschefs der SOZ nicht wirklich etwas anbieten. Es reicht schon, dass China die Hand hebt und erklärt, “open for business” zu sein. Entsprechend hat Peking auf der Konferenz die Gründung einer neuen Entwicklungsbank angekündigt. Auch darauf legten die Medien des Landes einen Schwerpunkt bei ihrer Berichterstattung.
Das ist die Methode Xis, die sowohl in der SOZ als auch in dem Zusammenschluss der BRICS-Staaten deutlich wird: Sie sind als Organisationen derzeit politisch noch völlig irrelevant - und sollen es auch sein. Peking will sich nicht in die Weltpolitik einmischen, keine konstruktive Rolle übernehmen, sondern allein über wirtschaftliche Anreize zum wichtigsten globalen Player aufsteigen.
Weder die SOZ noch der BRICS-Zusammenschluss, in dem China das mächtigste Mitglied ist, haben einen Versuch unternommen, den Krieg in der Ukraine, den Krieg im heiligen Land, oder den Konflikt zwischen Kambodscha und Thailand einzudämmen. Sie haben sich auch nicht zu den Protesten gegen die Regierung geäußert, die nun in der zweiten Woche in Indonesien stattfinden.
Es versteht sich, dass die chinesische Presse voll des Jubels ist über den Erfolg des SOZ-Gipfels. Der Untergang des Westens, den Xi Jinping schon bei seinem Amtsantritt im Jahr 2013 vorausgesehen hat, sei nun evident.
Umso wichtiger sei nun, so das Echo in der staatlich gelenkten Presse, dass China sich an die Spitze der Weltordnung setze und sich als maßgebliche Kraft in den Institutionen wie den Vereinten Nationen etabliere, deren Auftrag die globale Steuerung ist. Wie das angesichts diplomatischer Enthaltsamkeit Wirklichkeit werden soll, darüber schweigen sie sich aus.