Özdemir will Pflanzenschutzmittel in Deutschland eindämmen – und stößt auf Widerstand
Agrarminister Özdemir will den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln reduzieren. Betroffene Verbände sind durch die Bank unzufrieden mit seinem Programm.
Berlin – Das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ von Cem Özdemir soll den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in Deutschland bis 2030 um 50 Prozent reduzieren. Derzeit läuft laut dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft ein Beteiligungsprozess, der Länder, Verbände und das Dialognetzwerk Zukunftsfähige Landwirtschaft einbezieht.
Es gelte dabei zu klären, so das Ministerium auf seiner Webseite, welche Maßnahmen notwendig seien, „um die Anwendung und das Risiko von chemisch-synthetischen Pflanzenschutzmitteln auf allen Flächen ambitioniert zu reduzieren, Rückzugsräume für die Biodiversität in der Agrarlandschaft zu schaffen und Biodiversitätsschutz in Schutzgebieten wirksam auszugestalten.“
Bisher hat das Landwirtschaftsministerium lediglich ein Diskussionspapier zusammengestellt, auf dessen Grundlage im Beteiligungsprozess der genaue Inhalt des Zukunftsprogramms ausgearbeitet werden soll. Bereits diese Ideensammlung stößt allerdings auf Kritik von allen Seiten.
Özdemirs „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ steht im Kreuzfeuer der Kritik
So hängt sich ein erster Kritikpunkt daran auf, dass die Zielsetzung einer pauschalen Halbierung des Pflanzenschutzmitteleinsatzes nur eine Wiederauflage einer gescheiterten EU-Regulierung sei. Wie das Bayerische Landwirtschaftliche Wochenblatt berichtete, wurde er von der Landwirte-Bewegung „Land schafft Verbindung Deutschland“ (LSV) vorgebracht. Tatsächlich basiert Özdemirs Vorschlag auf der „Sustainable Use Regulation“ (SUR), einem Teil des Green Deals der EU, die jedoch nicht durchging. Deswegen sei LSV zufolge in der Zukunft ein neuer Versuch einer einheitlichen EU-Regulierung zu erwarten, der man nicht vorgreifen sollte.
Die Union der Deutschen Kartoffelwirtschaft e. V. (UNIKA) kritisierte das Diskussionspapier ebenfalls auf ganzer Linie. Sie vertritt in einer Stellungnahme die Meinung, dass „viele Aspekte jedoch zu allgemein und oberflächlich gehalten“ worden seien und „teils auch unverständlich, nicht nachvollziehbar oder gar falsch“ seien. Insbesondere werde dort „die nicht zutreffende Bewertung von Realitäten, die zu einseitige Auslegung wissenschaftlich belegter Zusammenhänge und insbesondere die Vernachlässigung ökonomischer Aspekte“ bedauert.
Die Umweltverbände sind ebenfalls unzufrieden mit Landwirtschaftsministerium
Auch der Industrieverband Agrar (IVA) ist unzufrieden. Er bemängelt in seiner Stellungnahme vor allem, dass in dem Diskussionspapier keine Antwort auf die Frage gegeben werde, wie der Ernteschutz langfristig durch die Entwicklung und schnellere Zulassung neuer Schutzmittel, die etwa risikoreduzierte Wirkstoffe enthalten, gewährleistet werden könne.
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Vierzehn Umweltverbänden, darunter Bioland, demeter und dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, gehen Özdemirs Ansätze allerdings nicht weit genug. Dem Bayerischen Landwirtschaftlichen Wochenblatt zufolge bemängelten sie, dass ein im November 2022 ankekündigtes „Pestizid-Reduktionsprogramm” bis dato keine Erfolge gezeitigt habe. Das „Zukunftsprogramm Pflanzenschutz“ stelle nun lediglich dessen Wiederauflage dar.