In der Frage der Unterbringung Geflüchteter: Bernbeuren rüstet sich für Rechtsstreit

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Das ehemalige Gasthaus Filser hat die Gemeinde Bernbeuren dem Landratsamt für die Unterbringung Geflüchteter angeboten. Eine Thermohalle an der Auerberghalle lehnt die Gemeinde dagegen vehement ab. © Wikipedia

Auch die Sondersitzung des Bernbeurer Gemeinderats brachte beim Thema Asylbewerber-Unterbringung keine Lösung. Die Gemeinde sieht sich zu Unrecht an den Pranger gestellt und verweist auf privat untergebrachte Ukrainer. Gegen eine mögliche Zwangszuweisung von Flüchtlingen wolle man sich juristisch wehren.

Bernbeuren – „Das finde ich nicht korrekt, wie da verfahren wird. Jetzt steht auf einmal Null drin“, äußerte Bürgermeister Karl Schleich seinen Unmut. Die Gemeinde habe seit Beginn des Ukrainekriegs im Schnitt 25 Flüchtlinge aus Osteuropa aufgenommen – aktuell seien es 19. Dass diese privat untergebrachten Geflüchteten in der Statistik des Landratsamts nicht auftauchen, kann er nicht nachvollziehen. „Haarsträubend“ sei das, „da wird natürlich jetzt mit dem Finger auf dich gezeigt.“

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Das Thema bewege natürlich alle, und es sei klar, „dass wir unseren Teil beitragen“, konterte er Vorwürfe, Bernbeuren würde sich seiner Pflicht entziehen wollen. Um die Bürger über den aktuellen Stand in Kenntnis zu setzen, hatte er daher zu einer Sondersitzung geladen.

Auerberghalle geht gar nicht

Die Auerberghalle sei vom Gemeinderat einstimmig für nicht geeignet erklärt worden. „Da haben wir einen zu regen Sportbetrieb – Gott sei Dank“, freute sich Schleich über die Vereinsaktivität in Bernbeuren. Ein Thermozelt wäre auf dem Gelände, das auch Markus Socher entgegen der Einschätzung des Landratsamts für nicht vollends erschlossen hält, unangebracht. Die Versorgungsinfrastruktur funktioniere zwar im Sommer tadellos, für den Winter wäre dort aber bauliches Nachrüsten notwendig, so Socher.

Schleich betonte erneut, dass der Rat im Gebiet der Auerberghalle einen „sozialen Brennpunkt“ befürchtet. Aus der Bevölkerung habe man eine Alternative angeboten bekommen, sagte er. Der gemeindeinterne Favorit sei jedoch weiterhin der ehemalige Gasthof „Filser“. Gutachter hätten diesen kürzlich erneut unter die Lupe genommen, was den Rathauschef zuversichtlich stimmt: „Da bewegt sich schon was.“

„Vollkommen abwegig“

Von den angedrohten Zwangszuweisungen hält der Bürgermeister weiterhin wenig. „Meiner Meinung nach ist das nicht so ohne Weiteres zu machen. Das kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.“ Dass einfach 50 Geflüchtete vor dem Rathaus abgeladen würden, hält er für „vollkommen abwegig“.

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In einem Rechtsstaat müsse man dagegen vorgehen können. Bei seinen Nachforschungen sei ihm von nächsthöherer Instanz auch mitgeteilt worden, dass die Gemeinde im Vorfeld einer Zwangszuweisung zunächst ein Bescheid erreichen würde, und „da kann man Rechtsmittel einlegen“.

Verweis auf Sachsenkam

Auch in Sachsenkam, das sich in Flüchtlingsfragen mittlerweile als Abschreckungsbeispiel etabliert hat, sei es faktisch nicht zu einer Zwangszuweisung gekommen, berichtete Schleich von einer Kontaktaufnahme. Auch dort seien teilweise rechtliche Schritte eingeleitet worden.

„Ich hoffe auf den ,Filser‘“, so der Rathauschef. „Wir sind in einem Solidarsystem und müssen alle teilhaben“, gab er sich verständnisvoll. Eine grundlegende Lösung des Problems könne jedoch nur auf europäischer oder Bundesebene gefunden werden, denn die Thematik werde nicht so einfach verschwinden, merkte Schleich an.

Mit dem „Filser“ habe man gutes Angebot gemacht

Zwischenzeitlich wurde Silvia Morasch das Wort erteilt. Sie gab an, zwei Tage lang nur Gesetze gelesen zu haben und hielt daraufhin einen Kurzvortrag. Ihr Fazit lautete schließlich: „Wir haben unser Soll erfüllt.“ Mit dem „Filser“ habe man dem Landratsamt ein gutes Angebot gemacht. Ein Thermozelt an der Auerberghalle sei „schwachsinnig“ und „gefährlich“, mahnte sie.

Dass eine Thermohalle nach einem halben Jahr wieder abgebaut wird, hielten die Ratsmitglieder für unglaubwürdig. Auch Schleich sieht das Ganze „kritisch“. Bislang sei man eine „klare Linie gefahren“. Allein durch die Ukrainer leiste man seinen Beitrag.

In Steingaden ist alles ruhig

„Ich will da kein Angstszenario aufbauen“, sagte Vizebürgermeister Josef Köpf und verwies auf Steingaden, das „überproportional viele Flüchtlinge“ beherbergt. Dort „ist alles ruhig“, beruhigte er die Gemüter. „Es hilft nix, wenn man die Leute anfeindet“, fügte der Bürgermeister hinzu.

Auch wenn sich bei der Gesetzeslage seiner Ansicht nach „noch viel ändern“ muss, hatte Schleich einen Beschlussvorschlag für die Sitzung vorbereitet, und der wurde einstimmig durchgewunken. Im Falle von Zwangszuweisungen werde die Verwaltung beauftragt, „entsprechende Rechtsmittel einzulegen und geeignete rechtliche Schritte einzuleiten“.

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Alexandra Sturm hielt es dennoch für eine gute Idee, die Asyl-Koordinatoren Helmut Hartl und Bernhard Pössinger in die Gemeinde zu holen. „Die kann ich gerne einladen“, so Schleich.

FLORIAN ZERHOCH

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