Aufarbeitung eines heiklen Vorgangs

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Das Alpin-Chalet in Bad Wiessee wurde auf dem Verwaltungsweg genehmigt. Jetzt wurde der Vorgang aufgearbeitet. © Stefan Schweihofer

Auf dem Verwaltungsweg und ohne Beteiligung des Gemeinderats hatte sich die Wiesseer Vize-Bürgermeisterin Birgit Trinkl (FWG) ihr optisch auffälliges Alpin-Chalet genehmigen lassen. Wie es dazu kam, wurde im Rathaus jetzt aufgearbeitet.

Bad Wiessee – Wie lief das mit der Genehmigung des optisch doch außergewöhnlichen Hotels in Holzbauweise, mit acht Chalets und Wellness, das seit drei Jahren am Johann-Steigenberger-Weg in Bad Wiessee Gäste beherbergt? Im September hatte CSU-Fraktionssprecher Florian Sareiter erstmals öffentlich nachgebohrt, als bei der Bauausschusssitzung von der Bauherrin, Vize-Bürgermeisterin Birgit Trinkl, ein Antrag zum Ausbau des Speichers in eine Galerieebene gestellt und auch genehmigt worden war . Da wurde erstmals klar, dass die Gemeinde auf dem kurzen Dienstweg durch den damaligen Zweiten Bürgermeister Robert Huber ihr Einvernehmen zum Bau des Alpin-Chalets erteilt hatte. Wie vom aktuellen Rathauschef Robert Kühn (SPD) bei der September-Sitzung zugesichert, wurde der Weg der Genehmigung nun aufgearbeitet.

Genehmigung auf kurzem Dienstweg - inklusive dreier Ausnahmen

Laut einer Pressemitteilung stellt sich die Chronik der Genehmigung so dar: Demnach wurde am 3. Dezember 2018 der Neubauantrag bei der Gemeinde eingereicht. Am 11. Dezember 2018 lag bereits eine Stellungnahme durch den damaligen Bauamtsleiter Helmut Köckeis vor, der beinhaltete, dass das Bauvorhaben den Festsetzungen des Bebauungsplans entsprach. Dabei gab das Bauamt sein Okay für eine Abweichung von der Ortsgestaltungssatzung. Am 15. März 2019 unterzeichnete der damals in Vertretung für Peter Höß amtierende Rathaus-Vize Robert Huber ein Schreiben, in dem einer Unterschreitung der Abstandsfläche für das Gebäude auf der Südseite – 7,02 und 7,65 Meter anstelle der vorgeschriebenen acht Meter – zugestimmt wurde. Am 4. April 2019 stimmte der damalige Bauamtsleiter überdies einer beantragten Überschreitung der zulässigen Grundfläche um 27,42 Quadratmeter zu. Am 23. April 2019 segnete Robert Huber eine neu eingereichte geänderte Planung ab. Am 15. Mai 2019 erteilte das Landratsamt Miesbach schließlich die Baugenehmigung. Abschließend stellt die Gemeinde in ihrer Mitteilung fest: „Das gesamte Verfahren fand ohne Gremiumsbeteiligung statt. Dieser hier beschrittene Weg zur Erlangung der Baugenehmigung erfüllt alle gesetzlichen Vorgaben, ist allerdings unüblich und selten.“

Weiterer prekärer Fakt: Wie sich inzwischen herausgestellt hat, war der Speicher-Ausbau zum Zeitpunkt der Antragsstellung im September bereits ausgeführt. Sprich: „Wir hatten es eigentlich mit einer Nach-Legalisierung zu tun“, drückt es Sareiter aus. Dass dieser Satz in der Pressemitteilung fehlt, begründet Bauamtsleiter Anton Bammer damit, dass er das nicht belegen könne. Auf Nachfrage unserer Zeitung bestätigt Birgit Trinkl jedoch, dass der Ausbau im September tatsächlich schon erfolgt war.

Alpin-Chalet auf dem Verwaltungsweg genehmigt: „Das darf nicht mehr vorkommen“

Sareiter, der mit seinem Nachbohren den Stein ins Rollen gebracht hatte, ist nach wie vor entsetzt: „Es ist schon der Wahnsinn und absolut außergewöhnlich, wenn der Bauamtsleiter und der Bürgermeister in Vertretung Ausnahmen einfach mit ihren Unterschriften gut heißen. Der Vorgang passt in die damals traurige Ära und darf nicht mehr vorkommen“, so Sareiter.

Bürgermeister Robert Kühn betont, dass der Genehmigungsweg jetzt wie gefordert und möglichst neutral aufgearbeitet worden sei. Der damals beschrittene Weg, räumt er ein, sei rechtlich richtig verlaufen, daher dürfe die damalige Verwaltung nicht in falschem Licht erscheinen. „In meiner noch kurzen dreijährigen Amtszeit“, betont Kühn jedoch, „ist so etwas noch nicht vorgekommen und wird auch nicht vorkommen“.

Birgit Trinkl äußert sich auf unsere Nachfrage nur knapp zu dem heiklen Vorgang. „Die Möglichkeit, mein Bauvorhaben auf dem Verwaltungsweg genehmigen zu lassen, wurde mir damals im Rathaus so offeriert. Ich habe das angenommen und würde als Bauwerberin diesen Weg wieder nutzen. Er war direkter und hat mit viel Zeit gespart.“

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gr

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