Bundesinnenministerin Nancy Faeser zeigt sich zuversichtlich hinsichtlich der EU-Asylreform. Doch die Uhr bis zur Europawahl 2024 tickt.
Brüssel – Das Europaparlament und die EU-Staaten ringen weiter um eine Reform des europäischen Asylsystems. Im Laufe des Dienstags sollen die Gespräche der Unterhändler fortgesetzt werden, ob und wann es eine Einigung geben wird, steht aktuell nicht fest. Die Gespräche in der seit Monaten laufenden Debatte waren am Montag in eine neue Runde gestartet und am Dienstag fortgeführt worden.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte sich zuletzt zuversichtlich gezeigt, doch die Zeit drängt: Projekte, die bis zur Europawahl im Juni 2024 nicht mit den Regierungen der Mitgliedstaaten ausgehandelt sind, könnten anschließend wieder infrage gestellt werden und sich lange verzögern. Im Fall der geplanten Reform des Asylsystems wäre dies ein besonders großer Rückschlag. An dem Projekt wird bereits seit Jahren gearbeitet.
Faeser beklagt „Chaos an den Außengrenzen“ – neues Abkommen mit Georgien
Gegenüber der Frankfurter Rundschau sagte Faeser am Montag, es gehe bei dem Gipfel um eine „finale politische Einigung“. Laut Faeser ist das gemeinsame Asylsystem Europas der Schlüssel, um Migration zu gestalten, zu steuern und irreguläre Migration zu verhindern. Das „Chaos an den Außengrenzen“ müsse ein Ende haben, könne aber nur mit europäischen Lösungen bewältigt werden, so die SPD-Politikerin.
Noch am Dienstag hatten Faeser und ihr georgischer Amtskollege Wachtang Gomelauri eine engere Zusammenarbeit in Migrationsfragen unterzeichnet. „Wir brauchen in vielen Branchen dringend Arbeitskräfte, das geht Georgien ähnlich“, sagte Faeser nach ihrer Unterschrift. „Der heutige Tag zeigt auch, dass der Abschluss von Migrationspartnerschaften Zeit braucht.“
EU-Beitrittskandidat Georgien kooperiert nach Auskunft der mit Abschiebungen betrauten Bundesbehörden ohnehin schon relativ gut bei der Rücknahme seiner ausreisepflichtigen Staatsbürger. Aus Sicht des Innenministeriums war die vergangene Woche im Bundesrat beschlossene Einstufung der ehemaligen Sowjetrepublik als „sicheres Herkunftsland“ ein wichtiger Schritt, weil Klagen gegen einen ablehnenden Asylbescheid dann keine aufschiebende Wirkung haben. Das heißt, die Betroffenen können zwar klagen, müssen Deutschland aber gegebenenfalls vor Ende des Gerichtsverfahrens verlassen.
Asylreform der EU: Deutschland hielt sich lange bei Krisenverordnung zurück
Mit der geplanten Asylreform soll unter anderem die irreguläre Migration begrenzt werden. Zentrales Element der Reform ist die sogenannte Krisenverordnung. So soll bei einem besonders starken Anstieg der Migration der Zeitraum verlängert werden können, in dem Menschen unter haftähnlichen Bedingungen festgehalten werden können. Grundsätzlich sehen die Pläne für die EU-Asylreform zahlreiche Ergänzungen und Verschärfungen vor, um unerwünschte Migration zu begrenzen.
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Über die Pläne für die Krisenverordnung war lange keine Einigung erzielt worden. Das hatte insbesondere an humanitären Bedenken der Bundesregierung gelegen. Nachdem der Druck von Partnerländern gestiegen war, gab Berlin allerdings im Oktober den Widerstand auf, nachdem es kleinere Zugeständnisse gegeben hatte. Zuvor bemängelten Polen und Ungarn die Pläne als unzureichend.
Weiter soll eine neue Verordnung dafür sorgen, dass stark belastete Staaten an den EU-Außengrenzen wie Italien und Griechenland künftig ein Teil der Asylsuchenden abgenommen wird. Länder, die keine Geflüchteten aufnehmen wollen, müssten Ausgleichszahlungen leisten. Ob am Ende tatsächlich ein Kompromiss steht, ist jedoch offen – es ist voraussichtlich die letzte Verhandlungsrunde in diesem Jahr. (nak/dpa)