Lothar Matthäus zum Start der neuen Champions League: „Das ist ein geiles Ding!“
Lothar Matthäus spricht im Interview über das Champions-League-Auftaktspiel des FC Bayern gegen Dinamo Zagreb und auch über das Wiedersehen mit Hansi Flick.
München - Auch Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus ist heiß auf die neue Champions-League-Saison – und der 63-Jährige bekennt sich als Fan der Reform der Königsklasse. Im XXL-Interview spricht der Interwetten-Botschafter über das Auftaktspiel gegen Dinamo Zagreb, das anstehende Wiedersehen mit Hansi Flick und erklärt, weshalb er Thomas Müller in dieser Spielzeit auch auf internationalem Niveau eine wichtige Rolle zutraut.
Herr Matthäus, Sie haben sich als Fan der Champions-League-Reform geoutet.
Ich bin vor fünf Jahren auch schon ein Fan der Nations League gewesen, damals wurde dieser Wettbewerb hierzulande noch verschrien. Typisch: In Deutschland wird alles Neue erst einmal schlecht geredet. Es heißt selten: Gebt etwas Neuem eine Chance.
Haben Sie schon einen Durchblick was den neuen Modus mit Liga-, Playoff- und K.o.-Runde betrifft?
Ehrlicherweise habe ich mich erst vor ein paar Wochen detailliert mit der Reform beschäftigt und auch mir die Frage gestellt: Was will die UEFA überhaupt? Jetzt wo ich mich informieren konnte und freilich auch informiert wurde, sage ich: Ist ein geiles Ding! Die Auslosung habe ich verfolgt und mir gedacht: Wunderbar, wir haben schon an den ersten Spieltagen Paarungen dabei, die Endspiel-Charakter haben. Es kann sich sehr viel verschieben, man darf sich keine Fehler erlauben. Es ist Druck drauf! Und das willst du ja als Spieler – dich mit den Besten messen.
Der Königsklassen-Auftakt des FC Bayern gegen Zagreb hat aber eher weniger Endspiel-Charakter.
Natürlich gibt es auch die vermeintlich einfacheren Gegner. Aber im zweiten Spiel geht es zum Beispiel gleich gegen den FC Barcelona. Trotzdem ist es eine Geschichte, wo ich sage: Das klingt spannend – auch wegen der Playoffs. Natürlich haben die betroffenen Mannschaften dann nochmal zwei Spiele mehr, wenn man ins Finale möchte. Aber, hey: Da wollen wir doch alle hin. Auch der FC Bayern, da wäre die Anreise diese Saison bekanntlich recht kurz.
Die Mehrbelastung ist trotzdem ein Thema.
Ja, wir weinen immer und sagen: Es sind so viele Spiele. Wir haben aber mittlerweile einen 20-Mann-Kader, wo Nationalspieler teilweise nicht einmal im Kader stehen, wenn alles gesund sind. So kann man die Belastung auch teilweise etwas kompensieren.
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Ist es ein Vorteil, dass die Bayern im ersten Spiel auf einen vermeintlich leichteren Gegner wie Dinamo Zagreb treffen – oder wäre ein Kracher wie Barcelona oder Paris Saint-Germain besser gewesen, um alle Sinne gleich von Beginn an zu schärfen?
Die kommen ja noch (lacht). Ich finde die Konstellation mit Zagreb besser für den FC Bayern, gerade weil man noch etwas in der Findungsphase ist: Die neuen Spieler sind noch nicht vollends auf dem Platz integriert, es steht mit Vincent Kompany ein neuer Trainer an der Seitenlinie, einige Nationalspieler sind sehr spät gekommen, Jonathan Tah war lange Zeit ein Thema, ist letztendlich aber doch nicht gekommen.
Ich hätte mir so einen richtigen Leader hinten gewünscht. So wie Jonathan Tah!
Die Defensive wirkt nach den ersten Pflichtspielen mal wieder wie das Sorgenkind der Münchner.
In Sachen Abwehr-Besetzung ist man ganz sicher mit dem Transferfenster in diesem Sommer nicht einverstanden gewesen. Man hat mit Matthijs de Ligt einen wirklich zuverlässigen Innenverteidiger verloren, Hiroki Ito ist zwar dazu gekommen, hat sich aber gleich früh verletzt. Außerdem kennt er die Champions League aus Stuttgart noch nicht, dementsprechend ist der Rhythmus aus Bundesliga, Königsklasse und DFB-Pokal für ihn noch unbekannt. Außerdem spielt er mehr auf der linken Seite und ist – wie Dayot Upamecano und Minjae Kim – eher ein ruhiger Zeitgenosse. Ich hätte mir so einen richtigen Leader hinten gewünscht. So wie Jonathan Tah!
Der Höhepunkt in der Vorrunde dürfte das Wiedersehen mit Hansi Flick sein, der jetzt den FC Barcelona trainiert und dort einen erfolgreichen Start hingelegt hat.
Erst einmal freue ich mich sehr für Hansi, das ist ja ganz klar. Ich hatte schon die Hoffnung, dass er zum FC Bayern zurückkehrt. Er hätte dem Verein gut getan. Jetzt hat er die ersten vier Spiele gewonnen. Aber bei Barcelona muss man immer vorsichtig sein: Sie wissen natürlich, unter welchen Umständen sie in die Saison gegangen sind. Jetzt haben sie eine gute Mannschaft mit vielen guten jungen Spielern. Das ist ja das, was Barcelona wieder aufbauen möchte: An diese erfolgreichen Zeiten mit Xavi, Andres Iniesta und Lionel Messi anknüpfen, die aus dem eigenen Nachwuchs stammten.
Und Hansi Flick arbeitet bekanntlich gerne mit jungen Spielern zusammen.
Genau! Das hätte man auch beim FC Bayern wissen müssen, dass Hansi nicht die fertigen Superstars möchte, sondern jungen Spielern vertraut. Er war übrigens auch daran interessiert, Florian Wirtz vor vier Jahren zum FC Bayern zu holen. Hasan Salihamidzic wollte es damals aber nicht – aus welchen Gründen auch immer. Hansi hat in München alles erreicht, was man erreichen kann als Trainer und hatte auch als Spieler ein paar Jahre auf dem Buckel gehabt. Das wird ein schönes, respektvolles Wiedersehen vor und nach dem Spiel. Aber auf dem Platz geht es da um ein direktes Erreichen der letzten Runde. Ich sehe Bayern, Barcelona und Paris als die drei Mannschaften, die sich im Kampf um die K.o.-Runde die Punkte gegenseitig wegnehmen.
Lothar Matthäus traut Thomas Müller wieder mehr Spielzeit zu
Von welchen Spielern erwarten Sie, dass sie dem FC Bayern auf dem Weg ins Finale dahoam den Stempel aufdrücken?
Es ist doch ganz logisch, dass es Harry Kane und Jamal Musiala sind. Die Mannschaft ist auf die Tore von Kane und die Spielweise von Musiala angewiesen. Wir müssen schauen, wie die Neuzugänge einschlagen. Ich traue aber auch Thomas Müller zu, dass er wieder mehr Spielzeit erhält und für den Trainer sehr wichtig wird.
Warum?
Wenn er seine Pausen während der Länderspiele hat, kann er vielleicht wieder eine gewisse Energie schöpfen. Eine andere Energie als in den vergangenen Monaten, wo er auch wieder bei der Nationalmannschaft war. Ich glaube, auch ein Thomas Müller braucht mal Pausen, in denen der Kopf nicht eingeschaltet ist – obwohl bei ihm immer alles so leicht aussieht. Ich bin überzeugt, dass Thomas diese Saison nicht nur mit seiner Art und Weise hilft, wie er eine Mannschaft lenkt, sondern mit seinen Treffern und Torvorlagen auch dazu beitragen kann, dass beim FC Bayern wieder andere Zeiten anbrechen als es in den vergangenen zwei Jahren der Fall war. Interview: Manuel Bonke, Philipp Kessler