- Wird sich Trumps Zoll-Wette auszahlen?

Kaum zwei Wochen, nachdem Donald Trump ins Weiße Haus zurückgekehrt ist, haben vier Verbündete der Vereinigten Staaten dem Druck des US-Präsidenten nachgegeben. Trump hatte ihnen mit Zöllen und anderen Strafmaßnahmen gedroht.

Mexiko und Kanada versprachen darauf, mehr Sicherheitskräfte an ihren US-Grenzen patroullieren zu lassen, um gegen illegale Einwanderung und Drogenhandel vorzugehen. Im Gegenzug gewährte Trump einen 30-tägigen Aufschub für die angekündigten Zölle von 25 Prozent.

Kolumbien, dem Trump ebenfalls mit Zöllen und Sanktionen gedroht hatte, hatte sich anfänglich geweigert, abgeschobene Migranten aus den USA aufzunehmen, machte dann aber eine Kehrtwende. Und Panama hat Trump Zugeständnisse für die Nutzung des Panamakanals gemacht, eine wichtige Wasserstraße für die Schifffahrt, die den Atlantik mit dem Pazifik verbindet.

So kann der Eindruck entstehen, der US-Präsident habe seine Muskeln spielen lassen und die von ihm Bedrohten haben sich schnell untergeordnet. Der italienische Wirtschaftswissenschaftler Marco Buti sieht das anders. Er findet, Trump setze seine Zollstrategie "erratisch" um, die Reaktion der Verbündeten sei allenfalls begrenzt.

"Was er den bedrohten Ländern [Kanada und Mexiko] bisher als einseitige Zugeständnisse abgerungen hat, ist weitgehend symbolisch", so Buti, ehemaliger Generaldirektor für Wirtschaft und Finanzen bei der Europäischen Kommission, im DW-Gespräch.

Die von Mexiko und Kanada versprochenen Grenztruppen werden laut Buti nicht ausreichen, um den Schmuggel mit der tödlichen Droge Fentanyl einzudämmen oder Migranten ohne Papiere von der Einreise in die USA abzuhalten.

Die wirtschaftlichen Effekte der von Trump vorgeschlagenen Zölle sind bekannt. Zölle wirken wie Steuern auf importierte Waren und führen mit großer Wahrscheinlichkeit zu höheren Preisen für Verbraucher.

Außerdem "schaffen sie weltweit wirtschaftliche Unsicherheit, und das wird sich sehr nachteilig auf Wachstum und Wohlstand auswirken", so Buti.

Die Zölle könnten die kanadische und mexikanische Wirtschaft in eine Rezession stürzen und die Inflation in den USA um mehr als einen Prozentpunkt in die Höhe treiben. Das wiederum könnte die US-Notenbank veranlassen, die Zinssätze beizubehalten oder sogar zu erhöhen. Trump hatte sich mehrfach für eine Senkung der Leitzinsen ausgesprochen.

Auch die Lieferketten zwischen Kanada, den USA und Mexiko, insbesondere im Automobilsektor, würden durch Zölle belastet.

Die Autoproduktion in Nordamerika ist stark integriert, Bauteile überqueren während der Produktion mehrmals die Grenzen. Wegen der Zölle könnten Autos deutlich teurer werden. Sinkt dann die Nachfrage, wären nach Ansicht einiger Ökonomen Arbeitsplatzverluste unvermeidlich.

"Trump ist ein Mann der alten Schule", sagt Rolf Langhammer, Forscher am Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW), der DW. "Er glaubt, dass Zölle die heimische Industrie schützen und dass er mit den Einnahmen aus Zöllen die Steuern senken kann."

Tatsächlich aber machen Zölle derzeit nur zwei Prozent der Einnahmen der US-Regierung aus, so Langhammer. Fast 60 Prozent kommen dagegen durch Einkommens- und Unternehmenssteuern.

Trumps Zolldrohungen haben auf der ganzen Welt für Aufregung gesorgt. Einige Länder haben bereits reagiert, bevor ihnen überhaupt Zölle angedroht wurden.

Indien, dessen Handelsschranken für US-Exporteure Trump oft beklagt, hat seine Zölle auf mehrere US-Produkte von 13 auf 11 Prozent gesenkt, darunter Motorräder und Satellitenanlagen. Senkungen für mehr als 30 weitere Produkte sollen folgen, gab Neu-Delhi in dieser Woche bekannt.

Südkorea und Japan kündigten bereits an, mehr Energie und andere Waren aus den USA zu beziehen. Thailand erklärte, die Einfuhren von US-Agrarprodukten zu erhöhen - einschließlich Ethan, das zur Herstellung von Plastik verwendet wird.

Unterdessen bereitet die Europäische Union Vergeltungsmaßnahmen für den Fall vor, dass Trump auch europäische Produkte mit Zöllen bedroht. Laut einem Bericht der Financial Times gehört dazu auch das neu geschaffene Instrument zur Abwehr von Zwangsmaßnahmen ACI (Anti Coercion Instrument), das sich insbesondere gegen US-Technologiefirmen richtet.

Das ACI wurde im Dezember eingeführt, um Angriffe auf die wirtschaftlichen Interessen der EU abzuwehren, und erlaubt es Brüssel, Direktinvestitionen zu blockieren oder den Marktzugang zu beschränken.

Während Trumps erster Amtszeit konnten die EU-Staaten Zölle auf europäische Autos verhindern, indem sie versprachen, mehr Flüssig-Erdgas (LNG) und Sojabohnen aus den USA kaufen.

"Ich bezweifle stark, dass das diesmal ausreichen wird", sagt Buti. "Wir können versuchen, zu verhandeln und einen friedlichen Ansatz verfolgen. Aber wir müssen auch eine Strategie der Vergeltung entwickeln, die glaubwürdig ist und schmerzhaft."

Trumps Strategie des hohen Drucks könnte kurzfristig funktionieren, weil sie Verhandlungen erzwingt oder ihn Handelsziele erreichen lässt. Doch ihr langfristiger Erfolg ist fraglich.

Philip Luck, Ökonom am Center for International and Strategic Studies in Washington. D.C., vergleicht Zwangsmaßnahmen mit Antibiotika.

"Sie sind sehr effektiv, wenn es darum geht, bestimmte Bedrohungen zu bekämpfen. Aber ihr Erfolg lässt nach, wenn sie übermäßig eingesetzt werden", so Luck in einem kürzlich erschienenen Blogbeitrag.

"So wie Bakterien eine Resistenz gegen Antibiotika entwickeln, werden Länder, die wiederholt Sanktionen ausgesetzt sind, eine Immunität entwickeln, indem sie ihre Abhängigkeit vom US-Markt reduzieren", warnt Luck.

Angesichts der wachsenden Unsicherheit in den Handelsbeziehungen mit den USA suchen Länder deshalb nach alternativen Märkten.

Trumps Amtsvorgänger Joe Biden hatte die Europäer noch gedrängt, ihre Abhängigkeit von China zu verringern, um den Aufstieg der asiatischen Macht zu bremsen. Doch angesichts eines drohenden Handelskriegs mit dem engsten Verbündeten könnten sich die politischen Entscheidungsträger der EU zu einer Kehrtwende gezwungen sehen.

In Kanada lud Premierminister Justin Trudeau in dieser Woche Wirtschaftsvertreter zu einem Gipfeltreffen ein mit dem Ziel, die Handelsbeziehungen des Landes zu diversifizieren.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum hat "Plan México" ins Leben gerufen, der ebenfalls darauf abzielt, die Abhängigkeit von wichtigen Handelspartnern zu verringern.

"Alle fragen sich jetzt: Sind die Vereinigten Staaten noch ein glaubwürdiger Partner?" sagt Niclas Poitiers von der Brüsseler Denkfabrik Bruegel zur DW. "Der Schaden für Washingtons internationales Ansehen ist massiv."

Von Nik Martin

Das Original zu diesem Beitrag "Wird sich Trumps Zoll-Wette auszahlen?" stammt von Deutsche Welle.