Ukraine-Angriff auf Krim: Geheimplan zur Rückeroberung deutet sich an
Ukrainische Drohnen treffen erneut die Besatzer auf der Krim. Für Kiew steht die Halbinsel im Zentrum der Kriegsanstrengungen. Wird sie zurückerobert?
Kiew – Bei einem ukrainischen Drohnen-Angriff auf eine Fähre vor der Krim wurde ein russisches Besatzungsmitglied getötet und fünf weitere verletzt. Auch in der vergangenen Woche kam es dort durch die Ukraine zu einem Angriff mit unbemannten Fahrzeugen. Dabei waren Einrichtungen der russischen Küstenwache zerstört worden. Für das besetzte Land ist die Rückeroberung der 2014 durch Russland besetzten Halbinsel ein wichtiges Ziel des Ukraine-Kriegs. Der Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, Oleksandr Syrskyj, hat wohl bereits einen Plan, wie das bewerkstelligt werden könnte.
Russlands staatliche Medienagentur RIA meldete am Dienstag (23. Juli) unter Berufung auf lokale Beamte, dass es einen Angriff ukrainischer Militärdrohnen auf eine Fähre in einem Hafen in der Meerenge von Kertsch gegeben habe. Diese liegt zwischen der Krim und der russischen Region Krasnodar. Eine Person sei dabei getötet und fünf weitere verletzt worden, hieß es weiter. Laut der russischen Nachrichtenagentur Tass sind alle Opfer russische Staatsbürger. Von den russischen Streitkräften erfolgte weiterhin die Meldung, dass am frühen Dienstag 21 ukrainische Drohnen über der Halbinsel und der weiteren Schwarzmeerregion abgeschossen worden seien.
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Der Gouverneur der Region Krasnodar, Veniamin Kondratyev, teilte auf Telegram mit, dass ukrainische Drohnen das Schiff im Hafen von Kavkaz getroffen hätten, der etwa elf Kilometer von der Kertsch-Brücke entfernt liegt. Er bezeichnete den Angriff als „Terroranschlag“ und schrieb, dass es „leider Verletzte und Tote unter den Besatzungsmitgliedern und Hafenmitarbeitern“ gebe. Auf dem Schiff war ihm zufolge ein Feuer ausgebrochen, das jedoch unter Kontrolle sei. Weitere Angaben zu Schäden machte er nicht.

Auch der pro-ukrainische Telegrammkanal ‚Crimean Wind‘ lieferte Hinweise zu den Kampfhandlungen. Anwohner hätten in der Nacht Explosionsgeräusche in Dzhankoi im Norden der Halbinsel gehört, so die Meldung. Zwischenzeitig wurde auch der Verkehr auf der Brücke von Kertsch gestoppt, wie das US-Portal Newsweek schreibt. Da die Risiken und Verzögerungen bei den Bahnübergängen zugenommen hätten, gehe das russische Militär zum Einsatz von Fähren über, um Fahrzeuge über die Straße von Kertsch zu transportieren. Anderen Berichten zufolge wird die angegriffene Fähre für eben solche Transport von Ausrüstung genutzt.
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Mit seinem jüngsten Militärschlag setzt Kiew eine Serie von Angriffen auf die besetzte Halbinsel und die angrenzenden Regionen Russlands fort. Am Montag (22. Juli) führte der Kiewer Geheimdienst einen Drohnenangriff auf die Ölraffinerie Tuapse durch, die in Krasnodar liegt. Trümmer der abgeschossenen Drohne verursachten nach Angaben russischer Behörden einen Brand in der Raffinerie, die dem Ölkonzern Rosneft gehört. Vergangene Woche gelang es Streitkräften der Ukraine am Donuzlav-See auf der Krim Einrichtungen der russischen Küstenwache unter Beschuss zu nehmen. Auch dabei wurden Drohnen eingesetzt.
Dem Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte zufolge spielen unbemannte Fahrzeuge im Ukraine-Krieg „eine ebenso große Rolle wie die Artillerie“, wie er im Interview mit der britischen Zeitung The Guardian hervorhob. Erfolgreich setzte die Ukraine Kamikaze-Drohnen mit großer Reichweite ein, um tief im Inneren Russlands zuzuschlagen. Bislang hätten sie „etwa 200 kritische Infrastrukturen“ angegriffen, die alle im Zusammenhang mit „militärischer Logistik“ stünden – also Fabriken, Treibstofflager und Munitionsdepots. Seedrohnen hätten zudem etwa ein Drittel der russischen Flotte im Schwarzen Meer versenkt. „Es wurde wirklich eine Falle für sie und für einige [Schiffe] ein Grab“, so Syrskyi demnach weiter.
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Er habe weiterhin daran erinnert, dass der Kreml nach einer Reihe ukrainischer Angriffe gezwungen gewesen sei, „sich vollständig aus dem Krim-Hafen Sewastopol zurückzuziehen“. Ein wichtiges Ziel bleibe Syrskyi zufolge die Zerstörung des Straßen- und Eisenbahnübergangs von Kertsch, der die besetzte Halbinsel mit Russland verbindet. Allerdings habe er abgelehnt, zu sagen, wann dies geschehen könnte.
Syrskyi machte auch Andeutungen zu einem Plan, wie die besetzte Halbinsel von Russland zurückerobert werden könnte. Kiew habe, mehr als ein Jahrzehnt nach der illegalen Annexion durch Wladimir Putin, einen Plan zur Rückeroberung der Krim, so der ukrainische General gegenüber der Zeitung. Dieser sei „realistisch“, aber „natürlich“ auch ein „großes militärisches Geheimnis“. Dem Bericht zufolge ist der Oberbefehlshaber sicher, dass die Streitkräfte der Ukraine zukünftig „alles tun“ werden, um die international anerkannten Grenzen von 1991 wiederherzustellen. „Wir müssen siegen, um unsere Bürger zu befreien, die sich in den besetzten Gebieten befinden und die leiden“, habe Syrskyi dies bekräftigt. (tpn)