25 Minuten unter Wasser: Das Wunder des kleinen Toni, der überlebte

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Der kleine Toni aus Westendorf
Vier Jahre nach dem Pool-Unglück: Der kleine Toni aus Westendorf kämpft sich zurück ins Leben und macht bei seiner Therapie enorme Fortschritte. © Lacher

Westendorf – Schicksalsschläge gibt es viele. Was der Familie Lacher aus Westendorf (Lkr. Ostallgäu) im Jahr 2019 widerfuhr, ist an Tragik allerdings kaum zu überbieten. Von jetzt auf gleich änderte sich das Leben der vierköpfigen Familie. Im Mittelpunkt: der kleine Toni, der in den Pool gefallen und 25 Minuten unter Wasser war. Dass er überlebte, grenzt an ein Wunder.

Toni war damals eineinhalb Jahre jung. Ein aufgeweckter Junge. Doch er war machtlos, als das Schicksal an jenem Mittwoch, 4. September, gnadenlos und mit voller Härte zuschlug. Nun, vier Jahre später, spricht Mama Anita Lacher zum ersten Mal überhaupt mit einem Journalisten über diesen einschneidenden Tag.

„Es war totenstill“

Die Sonne lacht damals über Westendorf. Toni und seine größere Schwester Leni spielen, während Mama Anita die Wäsche zusammenlegt. Doch nach einer Zeit büchst Toni aus. „Ich dachte erst, dass er sich versteckt hat. Als wir überall geschaut haben und ihn nicht fanden, sind wir aus dem Haus gelaufen. Dort war es gefühlt totenstill“, erinnert sich Anita Lacher zurück.

Überall habe man nach Toni gesucht. Erst, als Anitas Mann Michael die Plane des Nachbarpools wegzog, sahen sie ihren Jungen im Wasser liegen. Über eine Rutsche, die er hinaufgeklettert war, war er in den Pool gelangt. „Wir haben ihn schnell herausgezogen und 35 Minuten reanimiert.“ Rund 25 Minuten war ihr Sohn unter Wasser.

Einige hatten den kleinen Toni in diesem Moment bereits aufgegeben, doch Anita Lacher zweifelte keine Sekunde. Als die Rettungskräfte endlich einen Puls spürten, ging alles ganz schnell. Mit einem Helikopter wurde Toni in eine Spezialklinik nach München geflogen und kam auf die Intensivstation. Die Ärzte versetzten ihn ins künstliche Koma. Dass das Poolwasser des Nachbarn kalt war, dürfte Toni im Nachhinein das Leben gerettet haben. Vier Wochen lang lag der junge Ostallgäuer auf einer Intensivstation, ehe es für ihn in eine Rehaklinik für Neuropädiatrie ging.

Vier Jahre nach dem Pool-Unglück: Der kleine Toni aus Westendorf kämpft sich zurück ins Leben und macht bei seiner Therapie enorme Fortschritte.
Vier Jahre nach dem Pool-Unglück: Der kleine Toni aus Westendorf kämpft sich zurück ins Leben und macht bei seiner Therapie enorme Fortschritte. © Lacher

Und heute, über vier Jahre später, macht der kleine Toni große Fortschritte. „Wir sind sehr stolz auf ihn“, sagt Anita Lacher. Ihr Sohn versuche zu reden, zu stehen und auch zu sprechen. „Toni kann schlucken, essen, lachen, weinen und atmen. Das war vor Jahren nicht möglich.“ Er habe alle Chancen der Welt. Seine Familie gebe ihm Halt und Fürsorge.

Der Kampf ist nicht ganz billig

Doch die Therapie verschlingt eine Menge Geld. Zweimal im Jahr besucht Toni eine spezielle Rehaklinik in der Slowakei. Die Kosten belaufen sich auf rund 6.500 Euro für 14 Tage. An sechs Tagen die Woche wird der kleine Toni mindestens fünf bis sechs Stunden therapiert. So stecken ihn die Therapeuten beispielsweise in einen Gummianzug, der eigentlich aus der Raumfahrt kommt. Mit dem Anzug kann er turnen. Gleichzeitig bekommt das Gehirn dadurch auch mehr Input. Toni erhält außerdem Logopädie und Massagen. Besonders die Spider-Therapie verbessert seine Körper- und Kopfhaltung. Glücklicherweise kommt hierfür meist die Krankenkasse auf. Aber: „Nicht alles wird bezuschusst oder kann sogar vollständig übernommen werden“, bedauert Anita Lacher.

Vor wenigen Wochen stieß rein zufällig Michaela Zimmermann, Vorsitzende des Vereins Taekwondo Team Buron Kaufbeuren, im WhatsApp-Status auf ein Video von Stefan Königsberger. Es zeigt ihn herz­erfrischend im Pool mit dem kleinen Toni. Königsberger ist der Cousin von Anita Lacher. Zimmermann erinnerte sich dadurch wieder an das schwere Unglück vor über vier Jahren. Die Chefin des Taekwondo-Vereins, die ursprünglich aus Westendorf kommt, hatte die zündende Idee, bei einem Benefizlehrgang in der FOS Kaufbeuren Spenden für ­Toni zu sammeln.

Für den morgigen Samstag, 18. November, haben allein über 130 Teilnehmer aus dem Raum Ostallgäu ihre Zusage gegeben. Fünf Referenten stehen parat. Parallel findet ein Lizenzverlängerungslehrgang der Bayerischen Taekwondo Union statt. Übrigens: Der MSC Wolfmen Ostallgäu, mit seinem Vorsitzenden Stefan Königsberger aus Oberostendorf, hat im Rahmen seiner Jahreshauptversammlung ebenfalls Spenden gesammelt. Dabei kamen 500 Euro zusammen, die nun an die Familie Lacher und den kleinen Toni gehen.

Über den 4. September 2019 sagt Anita: „Es war für uns der schlimmste Tag in unserem Leben.“ Dank der vielen kleinen Fortschritte blicke die Familie aber nun in eine schöne Zukunft.

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