Bei einer Straßenschlägerei in Tegernsee hat eine vierköpfige Gruppe offenbar zwei Autoinsassen angegriffen und auf einen 23-Jährigen eingetreten. Ein Ersthelfer schildert die schockierende Szene, während die Polizei auf weitere Zeugen hofft.
Tegernsee – Vier Männer, die erst auf eine Familie im Auto losgehen, dann versuchen, Insassen aus dem Wagen zu zerren und später auf den 23-jährigen Sohn des Fahrers eintreten, als der junge Mann schon am Boden liegt: Das Szenario, das sich am Sonntagabend in Tegernsee abgespielt haben soll, ist für Augenzeugen noch immer unglaublich. Wie die Polizei Bad Wiessee übereinstimmend berichtet, ist auf der Tegernseer Hauptstraße gegen 19.45 Uhr eine Schlägerei zwischen einer Fußgängergruppe und dem Fahrer und Beifahrer eines Pkw ausgebrochen.
Der Auslöser war dem Polizeibericht nach zu urteilen eigentlich banal: Einer der vier Fußgänger soll unvermittelt auf die Straße getreten sein und so die Weiterfahrt des Autos blockiert haben. „In Folge kam es erst zu einer Diskussion, welche bereits Sekunden später in einem Handgemenge zwischen einem der Fußgänger und dem Beifahrer endete.“ Die drei weiteren Gruppenmitglieder schritten ein, sodass es zur Schlägerei kam, in der der 23-jährige Beifahrer aus München zu Boden ging.
Berufsfeuerwehrmann (34) leistet Zivilcourage
Zum Helden wurde in diesen Minuten offenbar ein Berufsfeuerwehrmann (34) aus dem Tegernseer Tal, der sich tags darauf in unserer Redaktion meldet und von der Polizei als Zeuge bestätigt wird. Er selbst gibt sich bescheiden, spricht von Zivilcourage und will aus Angst vor den Tätern nicht namentlich genannt werden. „Ich war mit meiner Familie auf dem Heimweg von Würzburg“, schilder er. Nur wenige Kilometer vor dem Ziel, auf Höhe des Clubhauses nahe der Seepromenade, sah er „eine ganze Männertraube“ um ein Auto herumstehen. „Ich bin sofort stehen geblieben, weil mir die Situation komisch vorkam.“
Als die Männer laut dem Zeugen versuchten, den Fahrer aus dem Wagen zu ziehen und begannen, auf dessen Sohn einzuschlagen, bat der 34-Jährige seine Frau, den Notruf zu wählen. „Ich bin ausgestiegen und wollte schlichten und deeskalieren, aber dafür war die Stimmung schon viel zu aggressiv“, schildert er. Als erfahrener Kickboxer griff der 34-Jährige deshalb in die Schlägerei ein, die sich auf einen Radius von 30 Metern ausgebreitet hatte: „Ich habe instinktiv geschaut, dass ich die schlimmsten Schläge verhindere, die passieren können.“
Drei der mutmaßlichen Schläger bereits gefasst
Ohne selbst zuzuschlagen, habe er die Aggressoren immer wieder gepackt und von ihren Opfern weggezogen. Tatsächlich blieben am Ende schwere Verletzungen aus: Der 23-Jährige wurde laut Polizei leicht verletzt vom Rettungsdienst erstversorgt. Dass trotz anderer Zeugen niemand sonst aktiv Zivilcourage leistete, macht den 34-Jährigen „traurig und fassungslos“. „Wenn mir das passieren würde, wäre ich schließlich auch völlig ausgeliefert.“ Wie nah ihm der Vorfall ging, ist deutlich spürbar: „Meine Kinder saßen auf der Rückbank, mein siebenjähriger Sohn hatte Todesangst und hat geweint und geschrieben“, erinnert sich der Helfer. Seine Geschichte will er publik machen, um Zeugen zu animieren, sich bei der Polizei zu melden.
Das ist ganz im Sinne der Beamten: Wer Hinweise und insbesondere Videoaufnahmen hat, soll sich unter Tel. 0 80 22 / 9 87 80 melden. Drei der vier mutmaßlichen Täter wurden bereits gefasst: Mit mehreren Streifen aus Bad Wiessee, Miesbach, Holzkirchen und Rosenheim konnten die schließlich flüchtenden Männer nach kurzer Verfolgung gesichert werden, teilt die Polizei mit. Der Vierte ist zwar noch nicht gefasst, aber den Beamten namentlich bekannt.
Polizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung
„Aufgrund des gemeinschaftlichen Vorgehens der Gruppe wird von einer gefährlichen Körperverletzung ausgegangen“, schreibt die Polizei. Die Staatsanwaltschaft ordnete die Vorführung von einem der mutmaßlichen Täter an, da dieser ohne festen Wohnsitz ist. Ersten Erkenntnissen nach kommen die Männer, zwischen 28 und 40 Jahre alt, aus Hamburg, Rosenheim, Gelsenkirchen und Bad Aibling. Woher sie sich kannten und welchen Bezug sie zum Tegernsee haben, ist noch unklar. Die Polizei geht davon aus, dass zumindest einige von ihnen „unter anderem“ Alkohol konsumiert hatten. nap