„Haben viel Geld, legen es falsch an“: Koalitionsvertrag soll deutsche Start-ups stoppen, in die USA zu gehen

  1. Startseite
  2. Wirtschaft

Kommentare

Erfolgreiche deutsche Start-up-Unternehmen zieht es in die USA, statt im eigenen Land an die Börse zu gehen – ein Verlust für die deutsche Wirtschaft. Der Koalitionsvertrag unter Merz soll das Problem lösen.

Berlin – Friedrich Merz und die künftige schwarz-rote-Koalition nennen ihre Strategie für Start-up-Unternehmen in Deutschland einen „Innovationsschub für die Wirtschaft“. In Zeiten von rapiden Entwicklungen im Bereich Künstlicher Intelligenz und bundesweiter Rezession seien Start-ups ein notwendiges Bindeglied in der Wirtschaft, sagt Niclas Vogt, Pressesprecher beim Bundesverband Deutsche Startups, dem Münchner Merkur. Vielversprechend seien die geplanten Schritte der Koalition zur stärkeren Mobilisierung privaten Kapitals und zur Finanzierung.

Start-up-Unternehmen bleiben von der deutschen Wirtschaftskrise 2024 verschont

Die Zahl der Start-up-Neugründungen ist 2024 im Vergleich zu 2023 um elf Prozent gestiegen und die Finanzierung um 17 Prozent höher ausgefallen als im Vorjahr. „Krisenzeiten sind Gründerzeiten – Innovationen werden gebraucht“, sagt Vogt. Das durchschnittliche Alter der Gründer und Gründerinnen liege mittlerweile bei rund 38 Jahren und damit höher als in den vorherigen Jahren. Eine positive Entwicklung, so der Pressesprecher des Startup-Verbands. „Das deutet für uns auf eine Professionalisierung der Start-ups hin.“

Jede fünfte Neugründung sei 2024 aus dem Softwarebereich gekommen – eine Steigerung von 33 Prozent zum Vorjahr. Das liege unter anderem an der Relevanz, die Künstliche Intelligenz im Alltag zu Hause, aber auch in Unternehmen gewinne. „Rezessionszeiten stellen Effizienz und digitale Lösungen in den Mittelpunkt“ Lösungen, die etwa im Personalmanagement Prozesse automatisieren sollen. „Wenn wir in Deutschland über Digitalisierung reden, dann ist die Zusammenarbeit mit Start-ups einer der schnellsten Wege, Prozesse schmal und digital zu machen.“

Merz-Regierung soll bleibende Hürden für Start-up-Unternehmen beseitigen

Umso wichtiger sei es nun, verbliebene Hürden für Start-ups zu beseitigen. „90 Prozent der Gründerinnen und Gründer sagen uns, dass die Bürokratie und die komplizierte Verwaltung ein Problem seien.“ Daher begrüße der Verband die Koalitionspläne etwa zu Vorhaben wie dem One-Stop-Shop, der „alle Anträge und Behördengänge auf einer Plattform digital bündelt.“

Zentral bleibt zudem die Finanzierung, auch, wenn sie im vergangenen Jahr bereits unter der Ampel-Regierung gestiegen ist. Die Finanzierungslücke liegt bei etwa 30 Milliarden Euro. „Dabei haben wir in Deutschland viel Geld, wir legen es nur falsch an.“ Immobilien und Staatsanleihen sind klassische Investitionen von Pensionsfonds, Start-ups zählen in Deutschland noch nicht dazu. Ein Modell könne man sich etwa beim „Ontario Teacher Pension Plan“ abschauen. „Eine kanadische Organisation, die Geld in Start-up-Projekte investiert“, sagt Vogt.

Neuer Newsletter „Unterm Strich“

Was? Exklusive Einblicke in den Politik-Betrieb, Interviews und Analysen – von unseren Experten der Agenda-Redaktion von IPPEN.MEDIA
Wann? Jeden Freitag
Für wen? Alle, die sich für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft interessieren
Wo? Direkt in ihrem E-Mail-Postfach
Wie? Nach einer kurzen Registrierung bei unserem Medien-Login USER.ID hier kostenlos für den Newsletter anmelden

Verband sieht in dem Koalitionsvertrag eine Chance, dass Unternehmen nicht in die USA abwandern

Ebenfalls maßgebend sei es, bessere Exit-Bedingungen zu schaffen, wenn Gründer und Gründerinnen ihr Start-up verkaufen wollen oder an die Börse gehen. „Im Vergleich zu den USA haben die Kapitalmärkte in Europa weniger Exit-Möglichkeiten und eine geringe Liquidität. Dabei brauchen wir mehr Börsengänge, das spült Geld in den Kapitalmarkt“, erklärt Vogt. Der europäische Börsenmarkt sei kleinteilig und intransparent. „Es ist nicht verwunderlich, dass Unternehmen wie Biontech oder etwa Spotify stattdessen in Amerika an die Börse gegangen sind. Es braucht eine europäische Kapitalmarktunion.“

Nun gehe es darum, die Ziele aus dem Koalitionsvertrag anzupacken, sagt Vogt. „Es besteht immer die Gefahr, dass der ‚Innovationsschub für die Wirtschaft‘ zwischen den Häusern steckenbleibt. Das darf jetzt nicht passieren.“ Stattdessen brauche es einen fließenden Übergang zwischen Ministerien für Wirtschaft, Finanzen oder etwa Digitales, die alle für die Entwicklung des Start-up-Bereichs verantwortlich sind.

Auch interessant

Kommentare