Täter prahlt mit Fahndung bei „Aktenzeichen XY“ - und wird gefasst

„Wir haben einige Hinweise bekommen. Auch ein konkreter Name wurde genannt“, sagt Tino Schäfer von der Polizei Hagen. Etwa nach der Hälfte der Fahndungssendung „Aktenzeichen XY … ungelöst“ zieht Moderator Rudi Cerne traditionell eine kleine Zwischenbilanz. Der von einem Anrufer genannte Name bezieht sich auf einen Jugendlichen, der einst im Haus von Zeynep am Waldrand von Neuenrade im Märkischen Kreis gewohnt haben soll. Das fünfjährige Mädchen türkischer Gastarbeiter war in der Nacht von 14. auf den 15. November 1986 mit Messerstichen in den Hals gefunden worden. Es liegt in der Nähe ihrer elterlichen Wohnung am Ortsrand einer vor allem von türkischen Aussiedlern bewohnten Siedlung vor einem Weidezaun. „Ein entsetzlicher Fall, der uns in der Redaktion sehr beschäftigt hat“, erklärt Moderator Cerne.

Der Mörder wartet im Treppenhaus

Das kleine Mädchen war vor 40 Jahren aus dem Kinderzimmer, das es gemeinsam mit zwei Geschwistern bewohnte, verschwunden. Ihr Vater, ein Schichtarbeiter in der Metallindustrie, hatte Zeynep gegen 21 Uhr ins Bett gebracht. Am nächsten Morgen klingelte am Bett der Eltern der Wecker um 4.30 Uhr und die Mutter fand das Bett ihrer Tochter leer vor. Die Eltern und die Angehörigen begannen umgehend mit der Suche. Auch die Polizei, die kurz darauf informiert worden war, streifte durch die Gegend. Rund eine Stunde später und nur wenige hundert Meter entfernt vom Wohnort, wurden Familienangehörige zusammen mit den Polizisten fündig. Womöglich habe das Kind die Wohnung selbstständig verlassen und sei im Treppenhaus oder Keller ihrem späteren Mörder begegnet, mutmaßen die Ermittler.

Handschuhe wiedererkannt

Die Zeugen haben damals möglicherweise nicht alles gesagt, was sie wussten, hofft die Hagener Staatsanwältin Miriam Polk. Auch die Sprachbarriere und der Stress der Beteiligten könnten sich damals negativ ausgewirkt haben. Die Hoffnung, den sogenannten Cold Case doch noch aufklären zu können, ist groß. Zumal derzeit auch neueste Analysemethoden eingesetzt würden, deren Ergebnisse aber noch nicht bekannt seien. „Die Tür zum Haus stand immer offen“, erklärt Polizist Tino Schäfer. „Wir gehen nicht davon aus, dass der Täter das Mädchen aus ihrem Zimmer holte.“ Das Taschenmesser und die Motorradhandschuhe, die offenbar bei dem Mord verwendet worden waren, fand die Polizei in einer Tonne, in der Nähe des Leichenfundortes. Das Messer soll aus einer türkischen Teestube stammen und die Handschuhe sind nun offenbar von jenem Anrufer wiedererkannt worden, der noch in der laufenden Sendung anrief und einen konkreten Namen nannte.

Aufklärung
Auftritt der Rudi Cerne: Auch nach 40 Jahren haben die Ermittler die Suche nach dem Mörder nicht beendet. ZDF-Screenshot

Beachtlich hohe Aufklärungsquote

„Es ist ein Fall, der uns noch lange nicht loslassen wird“, meinte Moderator Rudi Cerne. Zugleich hoffte er, dass die 5000 Euro, die zur Ergreifung des Täters ausgesetzt sind, „jemanden motivieren, hier anzurufen, der etwas weiß“. Zumal Mitwisser in diesem Fall straffrei ausgehen, da alle Delikte – außer dem Mord selbst – inzwischen verjährt sind. Und die Macher der Sendung haben allen Grund, optimistisch zu sein. Zwei von fünf Fällen, die bei „Aktenzeichen XY … ungelöst“ ausgestrahlt werden, führen nach der Statistik tatsächlich zur Ergreifung des Täters. Erst in der vergangenen Sendung war der Mord an dem achtjährigen Fabian in Güstrow vom 10. Oktober 2025 gezeigt worden. Der Junge war in der Nähe seines Zuhauses an einem Tümpel verbrannt worden. Kurz darauf war nach Hinweisen aus der Sendung eine Frau verhaftet worden. Auch ein Fall aus dem Jahr 2018 in Köln, als ein Ehepaar verbrannte und der Mitte September bei „XY“ behandelt wurde, scheint nun aufgeklärt. Ein Bekannter hatte den vermeintlichen Täter nach der Sendung benannt. Dieser sitzt jetzt in U-Haft.

Ein Täter überführt sich selbst

Ganz kurios wird es bei einem Fall aus dem Januar 2024, der vergangenen Juni bei „XY“ lief. Gezeigt worden war ein bewaffneter Überfall auf ein Schnellrestaurant in Willich im Kreis Viersen. Zwei Männer hatten damals mehrere Mitarbeiter des Restaurants mit Messern bedroht und zur Herausgabe von Geld gezwungen. Weil der Schichtleiter keinen Zugang zum Tresor mit den Tageseinnahmen hatte, erbeuteten sie nur 750 Euro. Einer der Männer wurde im August festgenommen und sitzt inzwischen in Untersuchungshaft. Der zweite mutmaßliche Täter verbüßt bereits eine Haftstrafe in einem anderen Verfahren. Auf die Spur gekommen war die Polizei den Tätern, weil einer von ihnen nach der „XY“-Ausstrahlung seiner Partnerin ein TV-Foto per Handy schickte und schrieb: „Schau mal, die suchen mich immer noch“. Die Frau schickte das Bild ihrer Schwester, die Schwester an die Mutter, und irgendwann landete das Ganze bei der Polizei. Ende der Nachricht.