„Keine Stimme gegen Putin“: Kreml verbreitet nach Nawalny-Tod absurde Wahlwerbung
Die russische Scheinopposition mimt einen Wahlkampf, der absurde Züge annimmt. Ein Altkommunist lässt Hammer und Sichel über dem Kreml wehen. Putin fabuliert vom „russischen Bären“.
Moskau – Mitte März will sich Russlands Präsident Wladimir Putin im Amt bestätigen lassen. An der Legitimität von Wahlen in Russland gibt es schon lange erhebliche Zweifel. Zuletzt berichtete der Spiegel über bereits laufende Versuche, das Ergebnis im Sinne Putins zu manipulieren. Trotzdem läuft eine Art Wahlkampf, und der nimmt reichlich absurde Züge an, wie die Moscow Times berichtete. Die Schein-Opposition aus sowjetnostalgischen Kommunisten, selbsternannten „Zentristen“ und rechtsradikalen Nationalisten verbreitete demnach völlig inhaltsleere Wahlwerbespots, während Putin den „russischen Bären“, der das Land „nie verlassen“ werde, wenn er wieder gewählt werde.

Rechtsradikaler Slutsky will nicht als Putin-Gegner verstanden werden
Nicht einmal die Mühe, einen Oppositionskandidaten zu mimen, machte sich laut der Zeitung der Spitzenkandidat der rechtsradikalen „liberaldemokratischen“ Partei, Leonid Slutsky: „Eine Stimme für Slutsky ist definitiv keine Stimme gegen Putin“, sagte er bei der Ankündigung seiner Kandidatur. Ansonsten sei das Video voller Bezügen zu Slutskys verstorbenen Vorgänger Wladimir Schirinowski gewesen. „Schirinowski Erbe lebt“, sei das Kernvideo. Was das bedeutet, illustriert ein Vorschlag des Verstorbenen: 2014 forderte er laut der Nachrichtenagentur Reuters eine Aufteilung der Ukraine nach Vorbild des Molotow-Ribbentrop-Paktes, mit dem Nazi-Deutschland und die Sowjetunion während des Zweiten Weltkriegs Polen teilten, überfielen und besetzten.
Die in der Duma mit 15 von 450 Sitzen völlig irrelevante, zentristische „Neue Volkspartei“, verbreitete ein Video, in dem ihr Spitzenkandidat Wladislaw Dawankow das Bild eines modernen Russland zeichnete und ein „Leben in Würde in einem friedlichen Land“ versprach. Die Partei erfüllt laut New York Times in Russland den Zweck einer „schein-oppositionellen“ Blockpartei, die vom Kreml gesteuert, ein kontrolliertes Angebot für „junge, liberale“ Russinnen und Russen mache.

Russischer Altkommunist lässt Sowjetflagge über dem Kreml wehen
Ein Russland wie vor fünf Jahrzehnten hatte der Spitzenkandidat der Kommunistischen Partei im Sinn: „Wir haben mit dem Kapitalismus gespielt, und jetzt ist es genug“, sagte Nikolai Kharitonow laut Moscow Times in seinem Werbespot. Der zeigte demnach „Weizenfelder, Ölquellen und eine sowjetische Flagge über dem Kreml“. Der aus Sibirien stammende 75-Jährige ist seit Februar 2022 von der EU, Kanada und den USA sanktioniert, berichtete die Nachrichtenagentur AFP. Auch Wladimir Putin trauerte der Sowjetunion in einer Rede 2005 hinterher: Damals bezeichnete er den Zerfall des Staates als „größte geopolitische Katastrophe des 21. Jahrhunderts“.
Nun versprach er zumindest in seinem Wahlwerbespot: „Der russische Bär wird die Taiga nicht zurücklassen“. Die Moscow Times bewertet das, als Versprechen, dass der Bär, also Russland, „weiterkämpfen“ werde. Gemeint dürfte die Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und die massiven Angriffe auf die ukrainische Zivilbevölkerung sein. In besetzten und annektierten Gebieten des angegriffenen Landes, will Putin ebenfalls wählen lassen. (KiBec)