„Stunden der Angst“: Segelboot-Wrack treibt vor Küste von Italien – Küstenwache sucht etliche Vermisste
Mindestens ein Mensch starb nach einem Segelboot-Unglück vor der Küste Kalabriens. Die Betroffenheit in Italien ist groß, sagt der Präsident der Region.
Catania – Notfall im Ionischen Meer: 120 Kilometer vor der Küste Italiens verunglückte in der Nacht auf Montag (17. Juni) ein Segelboot. Seitdem läuft ein Großeinsatz der Küstenwache mit zwei Patrouillenbooten, einem ATR42-Flugzeug und der Unterstützung zweier Handelsschiffe, die in der Nähe unterwegs waren. Ein Schiff der Küstenwache Dattilo stieß am späten Montagnachmittag hinzu.
Sportboot entdeckt verunglücktes Segelschiff im Mittelmeer vor Italien
Ein französisches Sportboot hatte den verunglückten Segler entdeckt und einen „May-Day“-Notruf gestartet. Patrouillenboote mit Frontex-Kräften konnten zwölf Menschen aus dem Wasser retten, das Boot war zu diesem Zeitpunkt bereits komplett gesunken. Bilder zeigen das havarierte Segelboot, wie es hilflos in den Fluten treibt.
Wie die Küstenwache mitteilt, handelt es sich bei den Betroffenen um Geflüchtete aus dem Iran, dem Irak, Syrien und Afghanistan. Ein Handelsschiff brachte sie an den Hafen von Roccella Ionica, dort werden die Menschen medizinisch betreut. Ein Mann starb unmittelbar nach der Ausschiffungsaktion.
Große Vermisstensuche im Mittelmeer: Wohl mindestens 66 Personen in Not – darunter 26 Kinder
Jetzt läuft die Suche nach weiteren Vermissten. Es ist unklar, wie viele Menschen nach dem Unfall in Seenot sind. Die britische Zeitung The Guardian spricht von mindestens 66 Personen, darunter vermutlich 26 Kinder. Laut Zeugenaussagen waren auf dem Boot keine Schwimmwesten verfügbar.
„Ich habe mit einem Jungen gesprochen, der seine Freundin verloren hat“, sagt Shakila Mohammadi, Kulturvermittlerin von Ärzte ohne Grenzen in Roccella Ionica bei Rai News. „Ganze Familien aus Afghanistan wären gestorben. Sie sind vor acht Tagen aus der Türkei aufgebrochen und haben drei oder vier Tage auf dem Meer verbracht. Sie sagen, dass einige Boote nicht angehalten hätten, um ihnen zu helfen.“
„Stunden großer Angst“: Kalabrien-Präsident erinnert sich an verheerendes Schiffsunglück von 2023
Der Präsident der Region Kalabrien, Roberto Occhiuto, sagt, die Nachricht vom Schiffsunglück habe sich angefühlt, wie „ein Schlag in die Magengrube“. Er erklärt: „Was wir erleben, sind Stunden großer Angst. Stunden, die uns an das enorme Drama erinnern, das wir vor etwas mehr als einem Jahr in Cutro erlebt haben.“ Im Februar 2023 waren dort 94 Menschen bei einem Schiffsunglück gestorben.

Die Betroffenheit in Kalabrien ist groß. Auch, weil am selben Tag ein weiteres Boot verunglückt ist. Im zentralen Mittelmeer fand die deutsche Hilfsorganisation ResQship ein havariertes Holzboot. Im Unterdeck elf tote Menschen.
Gegen die griechische Küstenwache waren in der vergangenen Woche schwere Vorwürfe laut geworden. Geflüchtete berichteten, dass Polizisten sie gefesselt und ins Meer geworfen haben sollen. Nur wenige sollen überlebt haben. (moe)