Trotz Sanktionen: Europäische Maschinenhersteller halten Russlands Waffenschmiede am Laufen

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Die russische Raketenproduktion ist abhängig von westeuropäischen Maschinen. Trotz Sanktionen sind auch deutsche CNC-Maschinen weiter im Einsatz.

Berlin/Moskau – Mit dem flächendeckenden Einsatz von Drohnen hat der Ukraine-Krieg schon jetzt eine Zeitenwende in der Kriegsführung eingeleitet. Trotzdem spielen weiterhin konventionelle Raketen eine gewichtige Rolle in der Kriegsführung. Während Russland bei Drohnen meist auf Importe setzt, werden Raketen zum großen Teil weiterhin im eigenen Land produziert. Mithilfe deutscher und europäischer CNC-Maschinen. Dabei können die Hersteller ihre Waren teilweise ganz legal nach Russland verkaufen.

Russland bezieht CNC-Maschinen zur Waffenherstellung aus dem Ausland

Mit dem Beginn des Angriffs Russlands auf die Ukraine überzog die internationale Gemeinschaft Russland mit Sanktionen. Seit März 2022 ist auch die Firma NPO Saturn betroffen. Ein Luft- und Raumfahrtunternehmen, das sich seit dem Beginn des Krieges fast nur noch auf die Produktion von Raketentriebwerken für militärische Zwecke konzentriert.

Europäische Firmen tragen wohl ihren Teil dazu bei, dass die russische Armee weiterhin mit ausreichend Raketen versorgt ist. © IMAGO / SNA

Bei NPO Saturn kam es seitdem aber nicht zu einer Einschränkung der Leistungsfähigkeit. Das ergaben Recherchen der Onlinezeitung EUobserver, die ihre Informationen aus Open Source Intelligence (OSINT) bezog. In einem TV-Beitrag des russischen Fernsehsenders Telekanal Rybinsk-40 vom Mai 2022 ist unter anderem eine CNC-Universalfräsmaschine eines deutschen Herstellers im NPO-Saturn-Werk in Rybinsk zu sehen. Schon im September 2023 stand eine bayerische Firma im Verdacht, CNC-Fräsen weiterhin nach Russland zu liefern.

Nun gilt als sehr wahrscheinlich, dass die Lieferung der Maschine aus dem Video schon vor Kriegsbeginn stattgefunden hat. Doch ein Bericht des Wirtschaftssicherheitsrates der Ukraine von Oktober 2023 prangert an, dass weiterhin europäische Maschinen nach Russland geliefert werden. Um welche Firmen es sich konkret handelt, wird nicht thematisiert, doch die in Russland eingesetzten CNC-Maschinen sollen zu 70 Prozent aus dem Ausland stammen, davon 70 bis 80 Prozent im militärischen Bereich eingesetzt werden.

Europäische Firmen dominieren Markt und können weiter an Russland liefern

Der Markt für CNC-Maschinen wird von westeuropäischen Firmen dominiert. Rein theoretisch ein Vorteil gegenüber Russland, würde man die Sanktionen konsequent umsetzen und weiter ausbauen. Da es sich bei CNC-Maschinen aber um sogenannte Dual-Use-Produkte handelt – also eine Technologie, die sowohl zivil als auch militärisch einsetzbar ist –, ergeben sich Schlupflöcher zur Umgehung der Sanktionen.

Im Bericht des ukrainischen Wirtschaftssicherheitsrates heißt es dazu, dass „Beschränkungen nach wie vor auf hochpräzise Spezifikationen abzielen“. Weniger genau arbeitende Maschinen, die nicht auf bis zu auf ein tausendstel Millimeter exakt arbeiten können, unterliegen außerdem weniger starken Ausfuhrbeschränkungen. Diese weniger präzisen Maschinen seien es, „die häufig für militärische Zwecke verwendet werden“ – meist handelt es sich dabei um Fräs- und Drehmaschinen. Darüber hinaus kann mit etwas Aufwand und dem Einsatz richtiger Werkzeuge die Präzision durch entsprechende Umrüstung vor Ort erhöht werden.

Russland noch stärker von Ersatzteilen für Maschinen abhängig

CNC-Maschinen, erst einmal angeschafft, haben bei guter Wartung in der Regel eine lange Lebensdauer. So sind es wohl nicht einmal die Maschinen an sich, die in großer Stückzahl gebraucht werden, sondern vielmehr die Ersatzteile. In diesem Bereich soll die Abhängigkeit Russlands vom Ausland jedoch noch größer sein. 80 bis 95 Prozent der Maschinenkomponenten müssen laut ukrainischen Wirtschaftssicherheitsrat wohl importiert werden.

Neben der Ausweitung der Sanktionen auf mehr Maschinentypen fordern die Ukrainer, „Unzulänglichkeiten bei der Ausfuhrkontrolle“ in Europa zu beheben. Außerdem werden Maschinenproduzenten kritisiert, die „nachsichtig“ agieren und „veraltete Compliance“ anwenden würden.

Kanzler Scholz wird vor EU-Gipfel deutlich: Europa muss „sehr klares Signal“ an Putin senden

Bundeskanzler Olaf Scholz erwartet vom EU-Gipfel in Brüssel indes ein „sehr klares Signal“ der Entschlossenheit an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. „Es ist unverändert wichtig, dass wir dem brutalen russischen Angriff etwas entgegensetzen, indem wir die Ukraine unterstützen“, sagte der Kanzler am Donnerstag zum Auftakt der Beratungen der 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel. Es gehe dabei um Finanz- und Wiederaufbauhilfe, aber vor allem um die Lieferung von Waffen. 

Scholz drängte erneut die anderen EU-Mitgliedstaaten, noch mehr an Militärhilfe zu leisten. „Es müssen alle europäischen Staaten einen guten Beitrag leisten. Ich sehe da auch erkennbar Fortschritte“, sagte er. Er verwies erneut darauf, dass Deutschland mit gelieferten oder bereits zugesagte Waffen im Wert von 28 Milliarden Euro der größte Unterstützer der Ukraine in der EU sei. (sch)

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