Regierung vor dem Aus - Showdown in Paris: Wegen Macrons Ego-Trip zittert jetzt die Eurozone
Weder Italien noch Griechenland: Frankreich ist das neue Sorgenkind der Eurozone. Die Schulden sind hoch, die Investoren nervös und die Regierung schwach. Muss die EZB eingreifen?
Die Uhr tickt. Kaum drei Monate im Amt, droht der Regierung von Premierminister Michel Barnier am Mittwoch der Sturz. Seit Wochen tobt der Streit um den Haushalt 2025. Knapp 60 Milliarden Euro will Finanzminister Antoine Armand durch Einsparungen und Mehreinnahmen mobilisieren, um das hohe Defizit zu senken. Das Problem: Seit den vorgezogenen Neuwahlen im vergangenen Juni hat die Regierung in Paris keine Mehrheit mehr in der Nationalversammlung.
Es war diese verhängnisvolle Entscheidung von Staatspräsident Emmanuel Macron nach den desaströsen Europa-Wahlen, die das Land in die Bredouille gebracht hat. Quasi im Alleingang hatte Macron entschieden, das Parlament aufzulösen. Doch anders als von Macron gehofft, wurden die Neuwahlen für ihn nicht zum Befreiungsschlag. Stattdessen ist das Parlament in drei verfeindete Blöcke gespalten, die Bildung einer Regierung mit eigener Mehrheit praktisch unmöglich. Auch Barnier ist abhängig von der Unterstützung der linken Nouveau Front Populaire oder der rechten Rassemblement National (RN).

Der Regierung droht ein Misstrauensvotum
Weder die Linke noch die Rechte wollen Barniers Haushaltsentwurf mittragen. Der Premierminister hat zwar die Möglichkeit, den umstrittenen Verfassungsparagrafen 49.3 anzuwenden. Dieser ermöglicht eine Verabschiedung ohne Abstimmung im Parlament. Dazu muss die Regierung aber ein anschließendes Misstrauensvotum überstehen. Am Mittwoch könnte es bereits soweit sein. Während die Linke bereits klar gesagt hat, dass sie gegen Barnier stimmen will, scheint RN-Fraktionschefin Marine Le Pen noch zu taktieren. Zuletzt mehrten sich aber die Anzeichen, dass auch die RN der Regierung das Vertrauen verweigern wird.
Falls die Regierung das Misstrauensvotum verliert, ist sie nur noch geschäftsführend im Amt. Macron muss dann einen neuen Premierminister ernennen, der die Aussicht haben sollte, im Parlament eine Mehrheit zu bekommen. Dafür gibt es kein Datum. Macron kann theoretisch Barnier wieder ernennen und nur die Ministerriege neu zusammenstellen. Im Gespräch ist auch die Ernennung eines linken Regierungschefs, etwa Ex-Innenminister Bernard Cazeneuve. Dies würde dem Wahlergebnis der Neuwahl im vergangenen Juli Rechnung tragen. Allerdings hätte auch ein linker Premierminister keine Mehrheit im Parlament. Denkbar wäre auch eine Expertenregierung. Die politischen Verhältnisse in der Nationalversammlung wären dann aber sehr instabil.
Frankreichs Staatsfinanzen laufen aus dem Ruder
Die Investoren beobachten die Entwicklung mit Sorge. Denn in Anbetracht der maroden Staatsfinanzen braucht Frankreich eine starke, handlungsfähige Regierung, um Defizit und Verschuldung wieder in den Griff zu kriegen:
- In 2023 lag das Haushaltsdefizit bei 5,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), für 2024 droht ein Minus von sechs Prozent. Ohne Anpassungen könnten es 2025 schon sieben Prozent sein.
- Die Verschuldung liegt bei 3,2 Billionen Euro. Das entspricht knapp 110 Prozent des BIP. Das ist zwar noch weniger als Italien mit 134 Prozent, aber deutlich mehr als der Durchschnitt der Eurozone mit 87 Prozent.
- Allein in 2025 muss Frankreich rund 350 Milliarden Euro an Schulden refinanzieren.
- Die Zinszahlungen belaufen sich auf 40 Milliarden Euro. Das ist soviel wie Frankreich für Verteidigung ausgibt.
Angesichts des Haushaltsstreits wächst die Nervosität der Anleger. Zwar sind die Niveaus der Schuldenkrise sind zwar noch lange nicht erreicht. Die Risikoaufschläge für französische gegenüber den deutschen Staatsanleihen nehmen aber zu. Schon seit der Neuwahl-Entscheidung Macrons zeigt der Trend nach oben. Zuletzt beschleunigt sich der Anstieg (siehe Grafik).
Vergangene Woche verlangten die Investoren sogar genauso viel wie für Griechenland und nur unwesentlich weniger als für Italien. Dabei ist Italien deutlich höher verschuldet.

Auch der Euro ist unter Druck. Am Montag verlor er zeitweilig knapp 0,44 Prozent gegenüber dem Dollar. Allerdings schwächelt der Euro schon länger, so dass nicht ganz klar ist, welchen Anteil die Probleme in Paris an den Verlusten haben.
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Die EZB wäre bereit
Für die Eurozone sind das alles keine guten Nachrichten. Durch die Krise in Deutschland und drohende Strafzölle in den USA gibt es bereits genug Probleme. Da braucht es keine neuen Zweifel an der Finanzstabilität- Schon wird spekuliert, ob die EZB bald Frankreich retten muss. Denn klar ist: Hohe Zinszahlungen verschärfen das Haushaltsproblem. Die Lage müsste sich allerdings noch weiter deutlich verschlechtern, bevor die EZB aktiv wird. Die EZB ist jedoch gewappnet. Vor zwei Jahren schuf sich die Notenbank mit dem „Transmission Protection Instrument“ (TPI) die Möglichkeit, im großen Stil Staatsanleihen aufzukaufen, wenn die Anleihenmärkte aus dem Ruder laufen. Von einer neuen Schuldenkrise ist die Eurozone zwar noch weit entfernt. In ersten Kommentaren zur Lage in Frankreich verweisen Analysten in Nebensätzen bereits jedoch auf das TPI.