Über Japan und Brasilien nach Weilheim

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„Ich habe keine Minute bereut, hierher gekommen zu sein“: Neu-Weilheimer Ulrich Johannes Beil am Schreibtisch seines 2023 bezogenen Hauses in der Kreisstadt.  © Sabine Näher

Der Lyriker und Literaturwissenschaftler Ulrich J. Beil hat viel von der Welt gesehen. Nach Stationen unter anderem in Brasilien und Japan landete er jetzt in Weilheim – und ist begeistert von der Stadt.

Vor genau einem Jahr ist er nach Weilheim gezogen. „Dabei kannte ich die Stadt eigentlich nur vom Vorüberfahren“, gesteht der 1957 in München geborene Lyriker, Essayist und Literaturwissenschaftler Ulrich Johannes Beil. Im Frühjahr 2023 kehrte er mit seiner Frau aus dem südjapanischen Fukuoka in die deutsche Heimat zurück. Während vieler Jahrzehnte und etlicher Stationen im Ausland war Holzkirchen die Heimatbasis. Doch das Ehepaar wollte einen neuen Lebensabschnitt beginnen. „Wir haben bayernweit nach einem passenden Haus gesucht, wollten schon gerne in den Süden von München – und sind zufällig in Weilheim fündig geworden.“

Diesen Zufall haben die Beils längst als Fügung erkannt: „Die Atmosphäre dieser Stadt empfinde ich als äußerst angenehm und die Leute sind ausgesprochen freundlich. Das habe ich in anderen bayerischen Orten so noch nicht erlebt“, schwärmt der Neu-Weilheimer. „Und dann die Natur: Zunächst die Ammer, aber auch die Seen und die Berge sind nicht weit.“ Auch die fußläufige Nähe zum Zentrum mit den Geschäften und Restaurants begeistert. „Und die mittelalterliche Atmosphäre mit der Stadtmauer: alles fantastisch! Ich habe keine Minute bereut, hierher gekommen zu sein.“ Und der das sagt, hat wahrlich Vergleiche mit imposanten Städten von Sapporo bis São Paulo machen können…

Schon als Schüler schrieb er Gedichte

Nach dem Studium der Germanistik, Philosophie, Theologie und Politologie in München  promovierte Beil dort 1988. „In meinem Elternhaus hat die Literatur keine so große Rolle gespielt“, erzählt er. „Meine Eltern waren eher Musik-affin, sangen im Kirchenchor und spielten Geige.“ So musste auch der kleine Ulrich Johannes das Cellospiel erlernen, brachte dafür aber nie wahre Leidenschaft auf. „Die Musik war die Sache meiner Eltern, ich wollte was anderes für mich.“

So kam er zur Literatur. Schon als Grundschüler verfasste er Gedichte und fand später Lehrer, die diese Begabung förderten. „Mein Vater hat allerdings auch geschrieben, nämlich Gelegenheitsgedichte für Familienfeiern. Die füllten letztlich fünf Leitzordner“, erinnert er sich.

Doch der Anspruch des Sohnes ging darüber hinaus und war durchaus ein künstlerischer. Ein Lehrer ermöglichte dem Abiturienten die Veröffentlichung des ersten Gedichtbandes. 1984 erhielt Beil den Lyrikpreis des Bayerischen Rundfunks, dem zahlreiche weitere Auszeichnungen folgten. Nach der Magisterarbeit in Philosophie machte Beil das bisherige Nebenfach Germanistik zum Hauptfach und promovierte über die „Symbolik des Kristallinen und Metallischen in der Literatur um 1900“ über Werke von Charles Baudelaire, Hugo von Hofmannsthal und Stefan George.

Und dann ging es gleich zum ersten Mal nach Japan. „Meine Frau und ich hatten uns beide auf eine Lektorenstelle beim DAAD beworben – in der Hoffnung, dass einer von uns sie bekommen möge“, erzählt Beil. Doch dann wurde kurzfristig noch eine zweite Stelle frei, sodass beide drei Jahre an der Universität Hokkaido in Sapporo als Germanistikdozenten wirken konnten. Nach der Rückkehr 1991 arbeitete Beil vorwiegend journalistisch und betrieb seine Habilitation an der  Universität München, wo er zwischen 1988 und 1999 immer wieder Seminare hielt.

Das Thema der Habilschrift war die Funktion von Gedichten in Romanen, untersucht in Werken von der Antike bis zur Goethe-Zeit in den Sprachen Latein, Griechisch, Italienisch, Spanisch und Deutsch. Diese Komparatistik, also vergleichende Literaturwissenschaft, war damals Neuland. Beil sah sich einigen Anfechtungen von Kollegen der anderen Disziplinen ausgesetzt. So begab er sich kurzerhand wieder ins Ausland, diesmal nach Brasilien, wo er von 2000 bis 2004 als Gastprofessor an der Universität von São Paulo lehrte.

Im Herbst erscheint sein Japan-Buch

Gedichte hat Beil zeitlebens geschrieben. Aber um die Erlebnisse dieser Jahre literarisch zu verarbeiten, brauchte es eine andere Form: „Dieses laute, pulsierende Leben Brasiliens konnte ich nur in einem Roman verarbeiten.“ Der ist fertig, sucht aber noch einen Verleger. Die drei Jahre in Fukuoka, die Beil als „die glücklichste Zeit in Japan“ empfand, haben indes ihren Niederschlag in einem Buch gefunden, das keiner Gattung zuzuordnen ist: „Es handelt sich um Fragmente, nur eine halbe oder eine Seite lang. Es sind Beobachtungen und Reflexionen, Gedanken zum Leben und zur Kulturgeschichte Japans“, erklärt Beil. Und dieses Buch wird zu seiner großen Freude im Herbst erscheinen.

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