„Brandmauern machen die AfD stärker“: Dieser Ebersberger will in den Bundestag
Marco Mohl (40) aus Ebersberg kandidiert für die SPD bei der Bundestagswahl im nächsten Jahr. Die Frage, wie er mit der AfD umgehen möchte, löst bei Genossen Stirnrunzeln aus.
Ebersberg – Es wird ein Langstreckenlauf bei der Kandidatur für den Bundestag. Darüber waren sich die Delegierten bei der Wahlkreiskonferenz der SPD Ebersberg-Erding in Poing einig. Doch der nun für die Bundestagswahl kommendes Jahr einstimmig gewählte Kandidat Marco Mohr aus Ebersberg ist sich sicher, dass er dafür die nötige Kondition hat: „Ich will nicht nur kurz sprinten“, versprach der 40-Jährige in seiner Vorstellungsrede.
Mohr ist aufgewachsen in Bernau am Chiemsee bei einer „sozialdemokratisch konservativen Familie“, erklärte er und verwies mit einem Lächeln auf seinen Vater im Publikum. Von 2004 bis 2012 war Mohr in der Bundespolizei tätig. Damit einhergehend war das Studium zum Diplom-Verwaltungswirt an der Hochschule des Bundes. Während dieser Zeit habe er „Menschen in schwersten und hässlichsten Momenten erlebt.“ Wegen der Erlebnisse bei Abschiebungen oder im Asylbewerberheim habe er trotz wohlbehüteter Kindheit auch die komplett andere Seite des Lebens kennengelernt. „Ihr habt mit mir einen Innenpolitiker vor euch, der weiß, wie schwierig es ist, Sicherheit herzustellen.“
Zurzeit arbeitet Marco Mohr als Compliance Officer in Ottobrunn
Nach einem zweiten Studium arbeitete Mohr als wissenschaftlicher Mitarbeiter und hielt Vorlesungen. Ebenso war für das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben als Dozent für politische Bildung tätig. Dort beschäftigte er sich intensiver mit den Themen Digitalisierung, Daten und ihrem Schutz, worüber er juristisch-betriebswirtschaftlich promovierte. Ebenso umfasste sein Lebenslauf unter anderem die Gründung zweier Start-ups, die Geschäftsführung des Jugendbildungshauses beim KZ Dachau, sowie Abstecher in den Verkauf und in die Gastro. Mittlerweile arbeitet der verheiratete Vater einer Tochter als Compliance Officer bei einem „Hidden Champion“ in Putzbrunn.
Für Diskussion nach seiner Rede sorgte die Frage, wie man richtig mit Extremismus, speziell auch dem Erstarken der AfD, umgehen wolle. So stellte Mohr klar: „An gemeinschaftlichen Aktionen anderer Parteien werde ich mich nach aktueller Bewertung nicht beteiligen.“ Denn seine Befürchtung sei, dass dadurch noch mehr zur Spaltung in zwei festgetretene Positionen beigetragen werde. „Verbote, Brandmauern oder gemeinschaftliche Verhinderungsabsprachen machen die Extremisten nur stärker.“ Gerade auch bei der jungen Generation, die oft aus Protest genau das Gegenteil von dem mache, was die Mehrheit fordert, sei das fatal. Man müsse den Menschen ein Gefühl von Sicherheit vermitteln, egal ob beim Thema Schulen, Arbeitsplätze, Renten oder Frieden. „Ich vertraue auf ruhige, ehrliche Worte und die Kraft des Arguments.“
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Das sorgte bei so manchem Zuhörer für Stirnrunzeln. Miteinander reden, ja, aber es gebe eben dann doch auch gewisse Grenzen und Kipppunkte, hakten mehrere nach. Gleichzeitig empfinde man Aktionen wie etwa die gemeinsame Demo gegen Rechts in Erding und Ebersberg als ein wichtiges Zeichen. Dem stimmte Mohr vorsichtig zu. Er wolle versuchen, alle noch erreichbaren Menschen beiseitezunehmen und ihnen zeigen, dass man ihre Sorgen ernst nehme. Man müsse eine „sensibel abgestimmte Antwort“ herbekommen, wie man den Menschen am besten zeigen könne, wofür statt nur wogegen die SPD stehe.
Sein Wunsch an das Gremium: Egal wie es am Ende bei der Wahl ausgeht, auf eine Wahlparty am Vortag bestehe er, um sich die starke Gemeinschaft gegenseitig vor Augen zu führen. Dass der Wahlkampf für die Bayern-SPD voraussichtlich härter als gewohnt werde, sei auch ihm bewusst. „Ich stehe dennoch hier. Das ist Demokratie in ihrer schönsten, reinsten und süßesten Form.“