Kröten statt Moral: Habacher Theaterer bringen eine Weltpremiere auf die Bühne
Wenn Geld winkt, tun sich gern menschliche Abgründe auf: Die Habacher Theatergruppe zeigt dies köstlich bei „wie mas draad“. Auf der Bühne fand eine Weltpremiere statt.
Habach – Shirt statt Talar. Wenige Minuten bevor sich der Vorhang öffnet, steht Peter Schaloudek, Pfaff in spe, noch in Alltagsgewand im Saal im Bistro zum Trödler. Um ihn herum wird es voller. Die Aufführung, es ist die dritte Vorstellung der Komödie „wia mas draad“ von der Habacher Theatergruppe, ist ausverkauft. Es werden weitere Stühle herangeschafft. Alle wollen tief blicken, in die menschlichen Abgründe, die sich auftun, wenn das liebe Geld winkt, also zum Abschied winkt. Dabei sollte ein Erbe doch in der Familie bleiben. Blut ist dicker als Wasser. Wenn in dem Wasser Schildkröten schwimmen, und im Blut reichlich Hormone, ist das aber anders.
Uraufführung in Habach: Bei „wia mas draad“ von Sylvia Schwarz lässt die Theatergruppe in menschliche Abgründe blicken
Monate zum Proben braucht es nicht. Die Theatergruppe Habach, vor 468 Jahren erstmals urkundlich erwähnt, kommt mit einer guten Handvoll Wochen aus. Heuer startete das Ensemble nach Fasching. „Am Ascherdonnerstag, kurz und knackig“, sagte Peter Schaloudek vor Beginn der ersten Freitagsvorstellung am Rande des sich füllenden Saals. Eine Regie gibt es nicht, seit über 20 Jahren nicht. Der Vorteil laut Schaloudek: die Freiheit. Jeder könne seine Rolle selbst entwickeln. Ohne Spielleitung geht auch diese Saison über Bühne.
Autorin debütierte 2024 auf der Bühne
Das aktuelle Stück stammt aus der Feder von Autorin Sylvia Schwarz, die 2024 als Darstellerin auf der Habacher Bühne debütierte. Schaloudek konnte das Publikum damit „zu einer Weltpremiere“ begrüßen, auch wenn es die dritte Aufführung der Komödie „wia mas draad“ war. Wie bei der Uraufführung am Ostermontag, da spielte man zweimal, war der Saal gut gefüllt. „120 Prozent Auslastung“, hieß es von Kassiererseite. Schaloudek teaserte an: „In dem Stück geht es um sehr viel kriminelle Energie“, die aufkommt, wenn’s ums Geld geht. Menschliche Abgründe tun sich auf. Umgeben von den Tiefen: „Ein ziemlich langlebiger Großvater.“
Weitere Aufführungen
An folgenden Abenden bringt die Theatergruppe Habach die Komödie „wia mas draad“ noch auf die Bühne: Freitag, 2. Mai, sowie Samstag, 3. Mai, jeweils um 20 Uhr im Saal vom Bistro zum Trödler. Einlass ist ab 18 Uhr. Karten können (sofern noch verfügbar) unter Telefon 08847/6006 zwischen 18 und 20 Uhr bestellt werden. Um rechtzeitiges Erscheinen wird gebeten.
Großvater Matthias Kisterlberger (Michael Aigner jun.) ist sehr vital, und gut gelaunt. Trotz mieser Zeiten. Die Inflation der Dreißigerjahre macht seiner Familie zu schaffen. An allen Ecken und Enden fehlt Geld. Der Sparstrumpf wird immer leichter. Fast täglich kommen „Kartoffeln mit nix“ auf den Tisch. Die Knollen werden auch immer kleiner. Selbst das vom Nachbarshund erlegte Huhn landet nicht im Kochtopf, sondern wird verscherbelt. Zum Leidwesen von Sohn Bartl (Toni Kennerknecht), der sich Deftiges ersehnt, am liebsten mit Erbsengemüse.

Das Leiden einer ewigen Verlobten
Auch Enkelin Anna (neu dabei: Evi Sziedat) leidet. Während Freundinnen längst vermählt sind, ist sie seit Ewigkeiten verlobt – ohne Aussteuer keine Heirat. Ihr Bruder Willi (Tobi Kirnberger) geht derweil mit löchrigem Schuhwerk in die Metzgerlehre, weil‘s für den Schuster nicht mehr langt.
Trotz all dem ist der Großvater, Austragler und einst Bergwerksarbeiter, gut drauf. Der Grund: Katharina Zeiserl-Krach (Barbara Bauer). Mit feinstem Vokabular umgarnt sie den fast 90-Jährigen und weckt alte Lebensgeister. „Wir tanzen, wir lachen, wir lassen’s krachen“, sagt Matthias. Schwiegertochter Ursel (Sylvia Schwarz) kann „die Dahergelaufene aus der Stadt“ nicht ausstehen. Der Rest der Familie kommt bei Katis Anblick, für Ursel ist sie ein „Kakadu,“, ein „Paradiesvogel“, ins Wanken. Anna lässt sich von der Erscheinung blenden, Willi schmilzt völlig dahin, und auch Bartl wagt den ein oder anderen Blick.
Paukenschlag beim Vermögen
Dann der Paukenschlag. „Ihr werdet aus dem einsturzgefährdeten Häuschen sein“, kündigt Kati an. Sie eröffnet den „minderbemittelten Anverwandten“, dass der Großvater sein Vermögen ihr und ihrer Schildkrötenauffangstation überschreiben wird. Sein Erbe hütet der alte Kisterlberger bisher namensgerecht wie einen Schatz. Dem Kisterl darf sich niemand nähern. Ab und an nimmt er eine Münze raus und steckt diese einem Familienmitglied heimlich zu. In zwei Tagen soll nun der Notar kommen. Die Familie ist außer sich. Ursel spuckt Galle. „Die Schildkröten planschen und wir saufen alle ab!“
Auch der Pfarrer mischt mit
Zusammenkunft in der Kuch, auch der scheinheilige Pfarrer Karl Josef Kleinhammer (Peter Schaloudek) stößt dazu. Für ihn ist Kati „der Antichrist“. Der Wäschekessel dampft. Schummriges Licht. Wie in einer Hexenküche, meint Anna. Man gibt sich aber nicht schwarzer Magie hin, sondern dunklen Gedanken. Die Zeit drängt. Ein Pakt wird geschlossen. Das Erbe, der unbekannte Inhalt der Schatztruhe, soll vor Kati gesichert werden. Das macht jeder auf seine Art. Es wird gebacken, gemischt, eingekocht, mit Puppen gespielt. Dabei geht für die Kröten die Moral flöten.
Nach über zwei Stunden Lug, Trug und List gibt es viel Applaus. „So viele Leute. Und alle klatschen“, da komme die ganze schlechte Luft auf die Bühne, scherzte kein scheinheiliger, sondern ein ziemlich glücklicher Schaloudek.
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