In dieser deutschen Stadt leben wilde Papageien, die ursprünglich aus Amerika kommen
Exotische Vogelarten finden sich nicht nur in Zoos. Die Geschichte dieser in freier Wildbahn lebenden Papageien ist gespickt mit skurrilen Zufällen und urbanen Legenden.
Stuttgart - Die Wilhelma in Stuttgart zählt zu den Zoos mit der größten Vielfalt und Artenreichtum weltweit. Etwa 11.000 Tiere aus fast 1.200 Arten bevölkern die Gehege in Bad Cannstatt. Eine bestimmte Vogelart fehlt jedoch: Die Gelbkopfamazone, ein vom Aussterben bedrohter Papagei aus Mittelamerika. Man könnte meinen, dies sei Grund genug, um sie in das Repertoire der Wilhelma aufzunehmen.
Einzigartig außerhalb Amerikas: Wilde Gelbkopfamazonen leben in der Stuttgarter Natur
Tatsächlich besteht wohl kein Bedarf. Denn obwohl die Art exotisch ist, hat sie sich in Bad Cannstatt längst etabliert. Etwa 60 dieser grün gefiederten Papageien mit gelbem Kopf leben hier, weit entfernt von ihrer tropischen Heimat. Diese Gruppe gilt in Baden-Württemberg als die einzige ihrer Art außerhalb Amerikas. Ursprünglich sind die Vögel nur in Mexiko, Guatemala und Honduras heimisch. Papageienliebhaber können sich daher den Flug über den Atlantik oder einen Besuch in der Wilhelma sparen und die Vögel im Stuttgarter Stadtdschungel beobachten. Das könnte mittlerweile besonders attraktiv sein, seitdem die Wilhelma ihre Eintrittspreise deutlich angehoben hat.

Die schwäbische Überseekolonie der Gelbkopfamazonen begann vermutlich 1984, als ein Exemplar aus privater Haltung entkam. Es suchte in der Wilhelma nach Artgenossen, fand jedoch im Stadtgebiet einen Partner. Es wird gemunkelt, dass Tierfreunde eine zweite Gelbkopfamazone auswilderten, um dem ersten Tier Gesellschaft zu leisten. Ob diese Geschichte stimmt oder nicht, der Plan ging auf: 1986 zog das Paar die erste Brut mit drei Jungvögeln groß. Damit erklärten die Stuttgarter Neozoen, wie eingewanderte Tierarten genannt werden, ihre Unabhängigkeit von ihrer fernen Heimat.
Einige der Gelbkopfamazonen in Stuttgart sind heute Hybride zweier Arten
Ende des letzten Jahrhunderts schien es in Stuttgart von Papageien zu wimmeln: In den späten 90er Jahren schlossen sich zwei Blaustirnamazonen der bestehenden Population an, deren Herkunft ebenfalls unklar ist. Die beiden Arten vermischten sich und zählen heute insgesamt etwa 60 Exemplare. Tagsüber sind die Vögel im gesamten Stadtgebiet zu finden, auf Nahrungssuche in Stuttgarter Parks, Friedhöfen und Privatgärten mit altem Baumbestand. Ihr Speiseplan umfasst hauptsächlich Früchte und Samen, aber auch andere Pflanzenteile sowie Rinde und morsches Holz. Abends versammeln sie sich an einem gemeinsamen Schlafplatz im Zentrum von Bad Cannstatt.