Die Angst vor dem Wolf: Landwirtsfamilie nach Schafriss beunruhigt

  • Charlotte Borst
    VonCharlotte Borst
    schließen

Nachdem zwei ihrer Schafe gerissen wurden, ist eine Landwirtsfamilie aus Großhelfendorf beunruhigt. War es ein Wolf? Experten schließen eine Raubtier-Attacke nicht aus.

Großhelfendorf – Wie ernst muss man den Verdachtsfall im Ayinger Ortsteil Großhelfendorf nehmen? In der Nacht von Donnerstag auf Freitag sind zwei Schafe der Landwirtsfamilie Riesenberger gerissen worden. Michael Riesenberger hat sie am Freitagmorgen tot auf der Weide aufgefunden. „Beide wurden durch Kehlbiss getötet“, sagt der 38-Jährige. Vieles deute darauf hin, dass ein Wolf oder ein Hybridwolf fünf Schafe attackierte. Ebenso wie der Landwirt warten auch die Gemeinde und das Landratsamt noch auf die Ergebnisse der genetischen Proben, die an den Kadavern genommen wurden.

„Derzeit ist die Beteiligung eines wild lebenden großen Beutegreifers nicht auszuschließen“, teilt ein Sprecher des bayerischen Landesamts für Umweltschutz (LfU) mit. Am Samstag haben die Riesenbergers die drei Kadaver zum LfU nach Oberschleißheim gebracht. Neben den zwei toten Schafen war ein weiteres Bergschaf so schwer an der Kehle verletzt worden, dass Michael Riesenberger es in Rücksprache mit dem Tierarzt erlöst hatte. Zwei weitere Schafe kamen mit Bisswunden an den Kehlen davon.

„So etwas tut ein Hund nicht“

Ein Beamter des LfU habe die Kehlbisse bestätigt, berichtet der Landwirt: „Uns wurde gesagt, dass pro Woche bis zu fünf Kadaver angeliefert werden, von Schafen oder Ziegen aus Bayern.“ Am LfU werden Wolfsrisse und Hinweisen auf Wölfe aus ganz Bayern gemeldet und geprüft. Noch am selben Tag schickte das LfU ein Mitglied des Netzwerks „Große Beutegreifer“ nach Großhelfendorf, das Proben für die weitere genetische Untersuchung sichergestellt hat. Der Experte und auch die Jägerin hätten Pfotenspuren dokumentiert, berichtet Riesenberger: „Der Pfotenabdruck auf der Weide war zehn Zentimeter lang und neun Zentimeter breit.“ Typisch sei auch, dass die Spuren „in einer schnurgeraden Linie“ verliefen. Das weise auf einen Wolfshund oder einen Wolf hin: „Auch dass alle Tiere nur durch Kehlbisse attackiert wurden, spricht nicht für einen Hund.“

Nach der Attacke habe das Tier begonnen, am gerissenen Bergschaf zu fressen. „Es wollte an die inneren Organe seiner Beute, so etwas tut ein Hund nicht.“

13 Mutterschafe weiter auf der Weide

Der Hof der Riesenbergers liegt an der Rosenheimer Straße am Ortsausgang von Großhelfendorf kurz vor der Landkreisgrenze. Müssen Spaziergänger in dieser Region nun vorsichtiger sein? „Ja“, meint Michael Riesenberger, besonders am Abend. „Es ist an der Zeit, dass die Bürger klar informiert werden. Ein Teil unserer Bevölkerung möchte den Wolf schützen. Aber dann sollte man so fair sein und sagen, er ist mittlerweile im Landkreis München.“ Riesenberger hält neben 20 Schafen auch Kühe und Kälber. „Was ich einsperren kann, hab ich in den Stall gesperrt.“

Tiefe Pfotenabdrücke haben die Riesenbergers auf der Weide gefunden. Stammen sie von einem Wolf?

Eine Herde mit 13 Mutterschafen ist weiterhin draußen auf der Weide. „Hier laufen wir Gefahr, dass es wieder passiert. Aber wenn ich die trächtigen Schafe fange und einsperre, ist das zu viel Stress, der zeigt sich dann beim Lammen.“ Die Weide liegt am Waldrand, eingezäunt von einem 1,80 Meter Knotengeflecht. Trotzdem rechnen die Riesenbergers damit, dass das Untier zurückkommt: „Er kann von einem Baum am Waldrand auf den Unterstand in die Weide springen.“ Dagegen könne er nichts machen.

„Wolf weicht dem Menschen aus“

Das LfU hat die Proben ans Senckenberg-Institut in Gelnhausen geschickt. „Die durchschnittliche Auswertungszeit einer Probe beträgt in etwa zehn Werktage“, sagt ein LfU-Sprecher. Je nach Auftragslage könnte es schneller gehen. Seit 2010 werden im Senckenberg-Labor bundesweit alle anfallenden genetischen Untersuchungen zu Wolf und Luchs vorgenommen.

Auf die Frage, ob Spaziergänger und Tierhalter Angst haben müssen, antwortet der LfU-Sprecher: „Der Wolf ist von Natur aus vorsichtig und weicht dem Menschen aus. Im Einzelfall können besonders Jungtiere dem Menschen gegenüber unerfahren und neugierig sein. Dies stellt aber keine Gefährdung des Menschen dar. Seit der erneuten Anwesenheit von Wölfen in Deutschland hat es keinen Angriff auf Menschen durch Wölfe gegeben.“

Wolfspopulation: Wolfsvorkommen können Sie auf der Beratungsseite des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) sehen.

Weitere Nachrichten aus Aying und dem Landkreis München finden Sie hier.