Michael Schumachers Fahrlehrer erinnert sich – „Wie viele Fahrstunden muss ich machen?“
Einst war er Michael Schumachers Fahrlehrer. In Offenbach bildet Karlheinz Itzel nun Busfahrer aus. Ein Gespräch über seinen begabtesten Fahrschüler.
Offenbach – Talent allein bringt die wenigsten ins Rollen. So lässt sich das zusammenfassen, was Fahrlehrer Karlheinz Itzel über seine jahrzehntelange Karriere berichtet. Etwa 2 500 Schüler hat er in seiner Groß-Umstädter Fahrschule im Landkreis Darmstadt-Dieburg auf die Straße gebracht.
Die, die es von Anfang an drauf hatten, kann Itzel buchstäblich an einer Hand abzählen. Er sagt: „Es gab einen, der ist schon vor der Fahrschule mit dem Porsche vom Papa durch den Ort gedriftet. Ein Mädel, das wirklich super Auto und Motorrad fahren konnte. Und es gab Schumacher.“
Warum Michael Schumacher im Odenwald zur Fahrschule ging
Eigentlich hat sich der 70-Jährige längst in den Ruhestand verabschiedet, seine Fahrschule geschlossen. Einmal pro Woche macht Itzel in Offenbach aber noch werdende Busfahrer fit für den Straßenverkehr.
Ob die Anwärter mit mehr Fahrgeschick auffallen als der normalersterbliche Pkw-Lehrling? „Leider nein“, sagt Itzel und lacht. Erzählen, was seinen begnadetsten Fahrschüler von den anderen abgehoben hat, will er aber gern.
1986 verschlägt es Michael Schumacher in den Odenwald
Da wäre die Kühnheit, die sich schon in dem Moment bemerkbar macht, als der kommende Formel-1-Star Michael Schumacher die Odenwälder Fahrschule von Itzel betritt: „, das hat er gesagt, als ich ihn zum ersten Mal getroffen habe“, erinnert sich Itzel. „Solche Sätze habe ich geliebt.“
1986 war das, Itzel hat sich gerade selbstständig gemacht, und Schumacher verschlägt es in den Odenwald, weil er Kart fahren und Auto schrauben will. Als deutschen Juniorenmeister zieht es den Rheinländer zur Otzberger Motorsportfirma Eurokart, für die der damals 17-Jährige auch Rennen absolviert.
Gleichzeitig startet er eine Lehre als Autoschlosser im nahegelegen Höchst.
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Wie Schumi durch den Odenwald schipperte
„Mir wurde gesagt: Mach nicht so viele Fahrstunden mit ihm, der hat kein Geld, und fahren kann er“, erinnert sich Karlheinz Itzel. „Das werden wir sehen, habe ich mir gedacht.“
Dass Schumacher Gefühl fürs Auto mitbringt, merkt Itzel dann schnell. Vielmehr geht es darum, ihm den nötigen Ernst für den Straßenverkehr nahezubringen: Einhändig schippert Schumi über Odenwälder Landstraßen, locker, wie Itzel sagt, ohne das Gaspedal durchzudrücken. „Er ist überhaupt nicht gerast, ich musste ihm eher beibringen, beide Hände auf den Lenker zu legen, den Arm vom Schalthebel zu nehmen.“
Im Auto sprachen Michael Schumacher und Fahrlehrer nicht viel
An einen Fahrschulmoment erinnert sich Itzel bis heute besonders gut: „Viele Fahrschüler können eben nicht perfekt mit dem Auto umgehen. Wir sind gefahren, und von rechts kam ein Pkw. Wir hatten Vorfahrt, Schumacher hatte das Schild aber nicht gesehen“, berichtet Itzel.
„Den Wagen hat er aus dem Augenwinkel registriert und – bamm – auf die Bremse getreten! Ich habe mich total erschrocken. Und darüber nachgedacht, ob ich das selbst so schnell hinbekommen würde.“
Von Dialogen im Auto weiß Itzel übrigens nicht mehr zu berichten. Vielleicht noch so eine Eigenschaft, die einen guten Fahrschüler auszeichnet: „Wir haben nicht viel gesprochen. Das hätte auch abgelenkt. Es war so: Ich sage, er macht“, sagt Itzel.
Fahrlehrer legt für Michael Schumacher ein gutes Wort beim Prüfer ein
Als dann die Prüfung ansteht, versucht Itzel, ein gutes Wort für Schumi einzulegen: „Der kann super fahren, er will in die Formel 1, habe ich zum Prüfer gesagt“. Den scheint das nicht großartig zu interessieren. Itzel meint: „Das war ein spezieller Typ. Er hat einfach gesagt: Mir scheißegal, hauptsache, er ist fehlerfrei unterwegs.“
Was Schumi gelingt – den Lappen für die große Autokarriere besitzt er dann schon mal.

Michael Schumacher braucht mehr Fahrstunden als erwartet
Allerdings: Am Ende sammeln sich insgesamt 21 Fahrstunden an, viel mehr, als der ambitionierte Anfänger selbst avisiert hatte – eigentlich ein No-Go für angehende Rennfahrer, wie Karlheinz Itzel heute sagt. Grund war allein Schumachers Ehrgeiz. „Er wollte einfach zu 100 Prozent bestehen.“
Jahre später bekommt Itzel diesen Ehrgeiz noch mal zu spüren, auf unangenehme Art. Da ist Schumacher längst in der Formel 1 angekommen, sein alter Fahrlehrer verfolgt auf der Couch, wie der Ex-Schützling für Team Benneton über die Asphalt-Pisten dieser Welt düst.
Michael Schumacher hatte zwischenzeitliche wenig nette Worte übrig für seinen Fahrlehrer
Bis Schumacher in einem Magazin verlauten lässt: „Mein Fahrlehrer war ein Idiot.“ Das große Wiedersehen im Stern-TV-Studio von Günther Jauch, der Itzel und Schumacher in den 90er-Jahren einlädt, trübt dieser Moment dann doch nicht. Zumal Schumi später in einem Interview klarstellt: Itzel war eigentlich voll in Ordnung.
Michael Schumacher ist und bleibt eben Karlheinz Itzels ganz besonderer Fahrschüler, und solchen Leuten sieht man Dinge wohl auch mal nach. „Mich überrascht heute nichts mehr. Ich hatte mal einen anderen Schüler, der konnte Orgel spielen wie ein Gott, aber null Auto fahren. In der Regel sind 90 Prozent der Menschen ziemlich normal unterwegs. Und dann gibt es halt diese ganz wenigen, die richtig Talent besitzen.“ (Julius Fastnacht)
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