„Können uns keinen Anwalt leisten“: Diese Rechte haben Bürgergeld-Empfänger vor Gericht
Eine Bürgergeld-Empfängerin wird der Geldwäsche bezichtigt und angeklagt. Welche Möglichkeiten hat die Betroffene, sich vor Gericht zu verteidigen?
Kassel – Wer Bürgergeld bezieht, steht oft vor rechtlichen Hürden. Bereits die Antragstellung kann komplex sein, und gesetzliche Änderungen wie die gerade eingeführte Grundsteuer-Reform machen die Situation nicht einfacher. Zumal auch Sanktionen möglich sind: In Kassel wurden einer Familie das Bürgergeld gestrichen, weil sie sich nicht an Vorgaben hielt.
Kommt es zu rechtlichen Auseinandersetzungen, sind Betroffene häufig benachteiligt – sei es durch finanzielle Einschränkungen oder die Komplexität des Rechtssystems.
„Können uns keinen Anwalt leisten“: Bügergeld-Empfänger sucht im Netz nach Unterstützung
In der Facebook-Gruppe „Kostenlose Ersteinschätzung & kostenlose Rechtsberatung nach § 5 Abs.1 RDG?“ suchen Menschen Rat in juristischen Fragen, darunter auch Bürgergeld-Empfänger. Ein Nutzer schilderte dort kürzlich folgendes Problem: „Meine Frau wird der Geldwäsche angeklagt. Sie hat am 14.01.25 eine Ladung zur Hauptverhandlung erhalten. Geldwäsche liegt definitiv nicht vor, aber das jetzt zu erklären, dauert lange. Noch am selben Tag habe ich für sie per Fax beim Gericht einen Pflichtverteidiger beantragt, da wir Bürgergeld beziehen und uns so leider keinen Anwalt leisten können. Bis jetzt habe ich vom Gericht noch nichts gehört. Kann das Gericht bei so einem schwerwiegenden Vorwurf einen Pflichtverteidiger verweigern?“
Die Frage zeigt die Unsicherheit vieler Betroffener. In den Kommentaren raten Nutzer dem anonymen Fragensteller dazu, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Andere weisen darauf hin, dass ein Pflichtverteidiger erst ab einer drohenden Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr gewährt wird.
In diesen Fällen kommt ein Pflichtverteidiger zum Einsatz
Neben der drohenden Freiheitsstrafe gibt es noch weitere Gründe, aus denen ein Pflichtverteidiger zugewiesen wird. Die Kanzlei Kotz aus Siegen informiert darüber auf ihrer Webseite. Demnach gibt es folgende Fälle, in denen ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird (Quelle: strafrechtsiegen.de):
- Die Hauptverhandlung findet im ersten rechtlichen Zug vor dem Oberlandes- oder Landgericht statt.
- Aufgrund der Schwere der beschuldigten Tat erscheint die Mitwirkung eines Verteidigers entsprechend der zu erwartenden Rechtsfolgeentscheidung als notwendig (Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr erwartbar, unabhängig von Bewährung).
- Verurteilung zur Freiheitsstrafe ist selbst bei einem Diebstahl möglich, wenn besondere Umstände wie einschlägige Vorstrafen vorliegen – auch hier kann ein Pflichtverteidiger notwendig werden.
- Bei schwieriger Sach- und Rechtslage kann ein Pflichtverteidiger beigeordnet werden, beispielsweise wenn zur Überprüfung der Schuldfähigkeit des Beschuldigten eine Vielzahl von Zeugen vernommen werden muss oder die Feststellung zur Schuld eine länger andauernde Beweisaufnahme erforderlich macht.
- Angeklagten wird ein Verbrechen zur Last gelegt, bei dem das Verfahren zum Berufsverbot führen kann.
- Untersuchungshaft oder Unterbringung wird vollstreckt, beispielsweise in einer Psychiatrie oder Entzugsklinik. Ein Pflichtverteidiger wird beigeordnet, wenn ein Gutachten bezüglich des psychischen Zustands des Angeklagten erstellt werden soll.
- Unfähigkeit, sich selber verteidigen zu können und die eigenen Interessen zu wahren, ist ein weiterer Grund für das Hinzuziehen eines Pflichtverteidigers (hängt von geistigen Fähigkeiten und gesundheitlichem Zustand des Angeklagten ab, auch Analphabetismus ist ein möglicher Grund).
- Der Angeklagte war aufgrund einer Anordnung oder Genehmigung des Richters mindestens drei Monate lang in einer Anstalt und wird nicht mindestens 14 Tage vor der Hauptverhandlung entlassen.
Bürgergeld-Empfängerin wird angeklagt: Welche Unterstützung gibt es?
Grundsätzlich haben Bürgergeld-Empfänger unter bestimmten Bedingungen Anspruch auf finanziellen Rechtsschutz. Laut dem Portal bürgergeld-recht.de gibt es zwei zentrale Möglichkeiten:
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Betroffene können Beratungshilfe beim Amtsgericht beantragen. Dabei werden die Kosten für eine außergerichtliche Rechtsberatung übernommen. In der Regel fällt lediglich eine Eigenbeteiligung von zehn Euro an, die jedoch von vielen Anwälten erlassen wird. Außerdem gibt es die Möglichkeit Prozesskostenhilfe zu erhalten. Wird diese bewilligt, werden Anwalts- und Gerichtskosten übernommen. Voraussetzung ist, dass die Klage Aussicht auf Erfolg hat und der Antragsteller finanziell nicht in der Lage ist, die Kosten selbst zu tragen.
Für die Frau des Facebook-Nutzers bedeutet das: Sie kann sowohl Beratungshilfe als auch Prozesskostenhilfe beantragen. Bürgergeld sorgt immer wieder für gerichtliche Auseinandersetzungen – wie im Fall eine Bürgergeld-Empfängerin, der sogar bis vor das Bundesverfassungsgericht ging. (jus)