Merz und Söder drohen Ampel wegen Haushalt – Kommt es zum Shutdown wie in den USA?

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CDU-Chef Friedrich Merz (l.) neben Bayerns Ministerpräsident Markus Söder. © Peter Kneffel/dpa

Die Regierung möchte die Schuldenbremse auch 2024 aussetzen. Markus Söder schließt die Zustimmung aus, Friedrich Merz will erneut klagen. Die Konsequenzen wären weitreichend.

Die Bundesregierung um Kanzler Olaf Scholz (SPD) schwimmt seit Monaten. Nachdem das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass der Nachtragshaushalt für das Jahr 2021 verfassungswidrig ist, steht der Ampel das Wasser jedoch bis zu Hals – ihr fehlen plötzlich 60 Milliarden Euro. 60 Milliarden Euro, die im Klima- und Transformationsfonds (KTF) für Klimaschutzprojekte eingeplant waren. In Reaktion darauf hat das Kabinett für das laufende Haushaltsjahr die Aussetzung der Schuldenbremse vorbereitet.

Doch das wollen sich die Unions-Chefs Friedrich Merz (CDU) und Markus Söder (CSU) nicht bieten lassen, sie gießen noch mehr Öl ins Feuer. Während Merz mit einem neuen Verfahren in Karlsruhe droht, kündigt Söder an, dass die Regierung sich die nötige Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag zur Abkehr von der Schuldenbremse abschminken könne.

Staatsrechtler: Es geht um die Erhaltung des Status quo

Aber: Was würde passieren, wenn die Karlsruher Richter eine vom Bundestag beschlossene Aussetzung der Schuldenbremse für das Jahr 2024 kassieren? In den USA kommt es dann ohne gültigen Haushalt zum sogenannten „Shutdown“ – dann ist der Staat handlungsunfähig und darf keine Zahlungen mehr leisten. Bundesbedienstete müssen unbezahlten Urlaub nehmen, auch die Soldaten erhalten kein Gehalt. Nationsparks werden geschlossen, ebenso alle weiteren öffentlichen Einrichtungen.

Die deutsche Verfassung hat für diesen Fall vorgesorgt. Dort befindet sich in Art. 111 Grundgesetz eine Regelung, durch die der Staat auch ohne beschlossenen Haushalt handlungsfähig bleibt. Aber: „Die dort genannten möglichen Ausgaben sind eng zu interpretieren“, unterstreicht Alexander Thiele, Professor für Staatsrecht an der Business and Law School Berlin. Ausgaben für beispielsweise Rentenzahlungen, BAföG und Bürgergeld sind weiterhin möglich. „Darüber hinaus wird es aber schwierig“, sagt Thiele, „ermöglicht werden soll mehr oder weniger die Erhaltung eines Status quo“.

Dann ist die Bundesregierung politisch am Ende

Interessant auch: Wer glaubt, dass die Ampel aus Zeitgründen auf das Gaspedal treten muss, irrt sich. Zumindest in verfassungsrechtlicher Hinsicht. Denn das Grundgesetz kennt keine Frist für die Verabschiedung eines Haushalts. Thiele stellt jedoch klar: „Wenn es in einem parlamentarischen Regierungssystem nicht gelingt, einen Haushalt zu verabschieden, ist die jeweilige Bundesregierung politisch am Ende.“

Gewöhnlich sind langanhaltende Diskussionen um den Bundeshaushalt jedenfalls nicht. Die eigene Mehrheit im Bundestag sichert in der Regel die rechtzeitige Verabschiedung eines Haushalts. Dies wird der Ampel vorliegend aber zu riskant sein. Denn für die Aussetzung der Schuldenbremse über eine im Grundgesetz vorgesehen Ausnahme müsste mit einer „außergewöhnlichen Notsituation“ argumentiert werden. Im Jahr 2023 liege die Notsituation in der vom Krieg in der Ukraine verursachten Energiekrise. Dagegen regte sich vonseiten der Union kein Widerstand. Dies wäre nun anders. Und die Begründung der Ampel stünde auf wackligen Beinen. Die Folgen eines Gerichtsurteils taugen dafür jedenfalls nicht.

Verfassungsgericht würde binnen weniger Wochen entscheiden

Um für den Haushalt 2024 nicht erneut mit einer „außergewöhnlichen Notsituation“ argumentieren zu müssen, wäre eine Abschaffung oder Reform der Schuldenbremse vonnöten. Diese erfordert eine Verfassungsänderung, die Bundestag und Bundesrat mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschließen müssten. Sollte diese Mehrheit erreicht werden, stünde der baldigen Verabschiedung des Haushalts nichts mehr im Wege – höchstens das Verfassungsgericht. Eine entsprechende „abstrakte Normenkontrolle“, wie das entsprechende Verfahren korrekterweise bezeichnet wird, hätte aber keine direkten Auswirkungen. Der Haushalt bliebe zunächst in Kraft. Ohnehin wäre keine lange Hängepartie zu erwarten. Im einstweiligen Rechtsschutz ergeht die Entscheidung innerhalb weniger Wochen.

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