Baerbock warnt vor Putins Russland: „Wird auf absehbare Zeit die größte Gefahr für uns bleiben“

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Führt Deutschland eine „Luxusdebatte“ über den Ukraine-Krieg? Außenministerin Annalena Baerbock kritisiert eine aus ihrer Sicht allzu bequeme Haltung.

Berlin – Annalena Baerbock ist kaum am Redepult angekommen, da listet sie einige Schreckensszenarien auf. Von Stromausfällen, die ganze Regionen lahmlegen, bis zum ölverseuchten Trinkwasser gebe es Gefahren, auf die sich jeder Einzelne einer Gesellschaft grundsätzlich vorbereiten solle, mahnt die Außenministerin bei einer Tagung zur „Nationalen Sicherheitsstrategie“. Die größte aller Bedrohungen geht aus ihrer Sicht jedoch mehr denn je von jemandem aus, der seinen Herrschaftsanspruch durch den Ukraine-Krieg radikal ausgeweitet hat.

„Putins Russland wird auf absehbare Zeit die größte Gefahr für unsere Sicherheit in Europa bleiben“, betont Baerbock in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS). Ideologisch sei der russische Präsident Wladimir Putin „auf dem Weg in den Totalitarismus“. Putins Imperialismus höre nicht bei der Ukraine auf, warnt die Grünen-Politikerin. „Russland richtet seine Streitkräfte auf einen großen Krieg aus – mit Plänen für eine jahrelange Kriegswirtschaft.“ Schon aus ökonomischen Erwägungen könne Putin daher nicht einfach morgen diesen Krieg beenden. „Das müssen wir immer wieder vor Augen haben.“

Baerbock zu Ukraine-Krieg: „Wir werden jeden Quadratzentimeter unseres Europas verteidigen“

Baerbock erzählt von ihren Gesprächen in Osteuropa. In den deutschen Nachbarländern reagiere man häufig irritiert auf hiesige Diskussionen – „wenn es so heißt, na ja, wir wollen in diesen Krieg nicht hineingezogen werden“. Dazu sagt Baerbock: „Erstens: Wer will das schon? Niemand will das. Jeder möchte in Frieden leben.“ Zudem höre sie von den osteuropäischen EU- und Nato-Partnern: „Das ist eine kleine Luxusdebatte bei euch.“ In Osteuropa stelle sich diese Frage nicht, Putin sei „direkt vor der Haustür“. Vor diesem Hintergrund „werden wir unser Europa – und zwar jeden Quadratzentimeter unseres Europas – und unsere Freiheit verteidigen“.

Außenministerin Annalena Baerbock spricht in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik über die Nationale Sicherheitsstrategie.
Außenministerin Annalena Baerbock spricht in der Bundesakademie für Sicherheitspolitik über die Nationale Sicherheitsstrategie. © picture alliance/dpa | Soeren Stache

Die Bundesregierung hat vor einem Jahr eine Nationale Sicherheitsstrategie aufgelegt. Der Präsident der Bundesakademie für Sicherheitspolitik, Generalmajor Wolf-Jürgen Stahl, nennt die Strategie ein „Ankerdokument“ innerhalb der Zeitenwende. Im Gespräch mit dieser Redaktion zitiert er Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) mit dem Satz: „Ohne Sicherheit ist alles andere nichts.“

Die Ministerin ermutigt dazu, die Sicherheit selbst in die Hand zu nehmen

Sicherheit sei „die Aufgabe unserer Zeit“, sagt Baerbock. „Unser Leben ist unsicherer geworden.“ Die Bemühungen zu einem höheren Maß an Sicherheit ziele nicht allein auf die Verteidigungsfähigkeit des Landes ab, sondern auch auf die gesellschaftliche Widerstandsfähigkeit. Dazu gehörten der Schutz vor Cyberangriffen, vor Desinformationskampagnen und den Folgen des Klimawandels, unter anderem durch Extremwetterereignisse.

„Die Nationale Sicherheitsstrategie allein macht unser Land nicht sicherer, wir brauchen – und das ist das Schwierigste in Gesellschaften – einen Bewusstseinswandel“, mahnt Baerbock: „das Vertrauen, dass wir unsere Sicherheit selbst in die Hand nehmen müssen und dass wir das auch können“. Dieser Zusammenhalt liege in der Verantwortung der gesamten Gesellschaft, jedes Einzelnen und jeder Einzelnen.

Mit Blick auf die laufenden Haushaltsverhandlungen innerhalb der Bundesregierung spricht sich Baerbock für höhere Investitionen in die Sicherheit aus. Sie warnt davor, dass „wir uns in eine paar Jahren sagen müssen ‚wir haben jetzt die Schuldenbremse gerettet, aber dafür unsere europäische Friedensordnung verloren‘“.

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