Scharfe Trump-Kritik an Putin – Ukraine hat dennoch keinen Grund zum Aufatmen

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Geht Donald Trump auf Distanz zu Wladimir Putin? Die Zeichen mehren sich. Experte Alexander Görlach warnt dennoch: Teilen der US-Regierung geht es gar nicht um die Ukraine.

Ob Ukraine-Krieg, der bedrohliche Aufstieg Chinas oder die USA unter Donald Trump: Unsere Welt ist im Umbruch. Für IPPEN.MEDIA blickt Alexander Görlach in der Videokolumne „Görlachs Weltgeschehen“ regelmäßig auf die Brennpunkte dieser Welt. Görlach ist Geopolitik-Experte und unterrichtet an der New York University. In dieser Woche geht es um Trumps jüngste Äußerungen über Wladimir Putin – und eine düstere Warnung des Nato-Generalsekretärs.

Herr Görlach, legen die USA gerade eine erneute Kehrtwende in ihrer Ukraine-Politik hin?

Donald Trump ist wieder einmal sauer auf Wladimir Putin. Er bekomme jede Menge Blödsinn vom Kreml-Machthaber aufgetischt, wenn es um die Ukraine geht, sagte der US-Präsident. Nun hat er sich dazu durchgerungen und entschlossen, doch wieder Waffen an die Ukraine zu liefern. Kurz zuvor wurden diese Lieferungen noch ausgesetzt. Man müsste auf seine eigenen Stockpiles, auf seine eigenen Lager achten, dass die gut gefüllt blieben, hieß es noch vor einer Woche. Jetzt also wieder Waffen in die Ukraine, damit diese, wie Trump es sagt, sich weiter verteidigen kann. Die Haltung des Präsidenten zur Ukraine kann sich aber schon wieder in einer Woche ändern. Das heißt, ein Aufatmen in Kiew, davon ist im Moment abzuraten. Noch vor wenigen Wochen beim G7-Gipfel, da forderte Donald Trump doch in der Tat, dass Russland wieder in die Gruppe aufgenommen werden solle. Das heißt also, ob er jetzt nun wirklich nachhaltig verstimmt ist von Putin und sich auch wirklich zu neuen, nachhaltigen Sanktionen, die auch etwas bewirken, durchringen kann, das ist im Moment, wie so oft, fraglich bei Donald Trump.

Gemeinsamer Angriff von Russland und China? „Sehr weit hergeholt“

Zur Person

Professor Alexander Görlach unterrichtet Demokratie-Theorie und -Praxis an der New York University. Der Geopolitik-Experte hatte verschiedene Positionen an der Universitäten Harvard und Cambridge inne. Unter anderem erschien von ihm „Alarmstufe Rot: Wie Chinas aggressive Außenpolitik im Westpazifik in einen globalen Krieg führt“ (2022).

Was steckt hinter den angekündigten Waffenlieferungen an die Ukraine?

Eigentlich, so sagen es Militärexperten, haben die USA genug Waffenvorräte vorliegen. Die für die Ukraine zugebilligten Waffenlieferungen kommen von Zulieferern und würden so den Bestand der USA gar nicht dezimieren. Als Donald Trump gefragt wurde von Journalisten, wer den Waffenlieferungsstopp an Kiew angeordnet hat, sagte er zu den Journalisten: Sagt ihr es mir doch. Neben ihm saß der zuständige Verteidigungsminister Pete Hegseth und lächelte. Das heißt also, auch innerhalb der Regierung gibt es keine einheitliche Haltung gegenüber der Ukraine. Es gibt einige um den Verteidigungsminister, die eigentlich schon längst hätten aufhören wollen mit Waffenlieferungen. Sie wollen, dass die USA sich auf Asien konzentrieren und aus der Ukraine und auch aus dem Nahen Osten sich heraushalten. Donald Trump hat sich jetzt nun entschlossen, einen anderen Weg zu gehen und die Waffenlieferungen an die Ukraine wieder aufzunehmen.

Nato-Generalsekretär Rutte warnte jüngst vor einem gleichzeitigen Angriff Russlands und Chinas. Ein realistisches Szenario?

Nato-Generalsekretär Mark Rutte warnt vor dem Ausbruch des Dritten Weltkriegs. Er sagt, er könne beginnen, indem Russlands Machthaber Wladimir Putin und Chinas Machthaber Xi Jinping zur selben Zeit zum Angriff blasen – Putin auf Nato-Territorium und Xi Jinping auf Taiwan. Dieses Szenario ist in der Theorie denkbar, denn weder haben China Interessen in der Ukraine noch Russland Interessen in Taiwan. Aber letztendlich ist das doch wahrscheinlich für den Moment zumindest sehr weit hergeholt. Xi Jinping zumindest hat kein Interesse an einem Krieg mit den USA, von dem er nicht weiß, dass er ihn 100 Prozent gewinnen wird. Und auch Putin kann sich nicht sicher sein, dass er eine Unterstützung erhält von seinen Partnern in Teheran, Pjöngjang und Peking.

„Wer den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs verhindern will, muss der Ukraine zur Seite stehen“

Welche Rolle bleibt Europa?

Ein größeres Interesse an einer Eskalation dürfte in der Tat Wladimir Putin haben. Von daher kommt alles darauf an, dass die europäischen Partner, die westlichen Verbündeten zeigen, dass sie nach wie vor bereit sind, der Ukraine zur Seite zu stehen und das angegriffene Land zu verteidigen. Der Besuch von Emmanuel Macron in Großbritannien ist ja ein weiterer Meilenstein, ein weiteres Signal an den Machthaber im Kreml, dass man sich in Europa nicht auseinander dividieren lässt, sondern zusammenarbeiten will. Das heißt, wer den Ausbruch eines Dritten Weltkriegs verhindern will, der muss jetzt in diesem Moment der Ukraine zur Seite stehen und alles tun, dass Russland den Krieg gegen die Ukraine nicht gewinnt.

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