Angst vor Drohnen-Attacken: Russlands Armee überdacht die Schützengräben
Drohnen entpuppen sich im Ukraine-Krieg als Wunderwaffen. Russland geht in Deckung – und überdacht seine Schützengräben an der Front. Bringt das was?
Cherson – Sie sind billig und effektiv: die Drohnen im Ukraine-Krieg. Die einen sind mit einer Kamera ausgestattet – und liefern den Truppen scharfe Bilder über die Bewegungen des Feindes. Die anderen tragen tödliche Bomben – und radieren die Bataillone des Gegners per Fernsteuerung aus. Beide Kriegsparteien setzen deswegen verstärkt auf diese Technologie.
Drohnen im Ukraine-Krieg: Russland überdacht die Stellungen an der Front – Video aufgetaucht
Doch nach Rückschlägen an der Front will Russland jetzt in die Offensive kommen – und seine Verluste im Drohnen-Krieg mit der Ukraine eindämmen. Offenbar sollen die Soldatinnen und Soldaten von Putins Angriffsarmee besser geschützt werden, weshalb jetzt die kilometerlangen Schützengräben an der Ost-Front zunehmend mit Dächern versehen werden. Wie ntv unter Bezug auf ein bei Telegram veröffentlichtes Video berichtet, laufen die Arbeiten gerade auf Hochtouren. Mit Holzbalken und Platten würden die Stellungen verrammelt.
Unabhängig überprüfen lassen sich die Angaben nicht. Offenbar wurde das Video von der ukrainischen Luftaufklärungseinheit des 501. Marinebataillons der 36. Marinebrigade im Netz hochgeladen. Die Einheit ist derzeit in dem Frontabschnitt nahe Cherson am linken Dnipro-Ufer stationiert.
Dach auf Schützengraben: Reicht das als Schutz im Drohnen-Krieg?
Die Frage ist jedoch: Was bringt der Aufwand? Kann ein Holzdach wirklich einen wirksamen Schutz gegen die tödliche Ladung aus der Luft darstellen? Die Antwort: ja und nein. Fällt eine Bombe auf die Stellung, sei die Abwehrmaßnahme keinesfalls ausreichend, analysierte Samuel Bendett, der unter anderem für das Zentrum für Strategische und Internationale Studien in Washington arbeitet, kürzlich für das US-Magazin Forbes. Die Dächer könnten aber verdecken, wenn Truppeneinheiten und Ausrüstungen verlegt werden würden, fügte er hinzu. Und genau das ist derzeit ein Problem für die Kriegsparteien.
Durch die Drohnen-Technologie ist das Schlachtfeld transparent geworden. Die allumfassende Luftüberwachung ließe jede Truppenbewegung auf beiden Seiten in Echtzeit verfolgen, sodass es nahezu unmöglich sei, Truppenansammlungen und Konzentrationen von gepanzerten Fahrzeugen vor dem Feind zu verbergen, hieß es kürzlich in einem Beitrag von Foreign Policy, der von fr.de von IPPEN.MEDIA veröffentlicht worden war. Der Effekt der Überwachung ist stets derselbe: Sobald eine Truppenverschiebung entdeckt worden sei, würde die Einheit von Artilleriegeschossen, Raketen und Selbstmorddrohnen unter Beschuss genommen. „Jeder Versuch eines Durchbruchs ist zu einem äußerst schwierigen Unterfangen geworden“, hieß es in dem Beitrag.
Drohnen lösen Panzer ab: Kämpfe an der Front stecken fest
Tatsächlich zeichnet sich der Ukraine-Krieg derzeit an vielen Frontabschnitten durch eines aus: Stillstand. Die Kämpfe sind zu einer Art Stellungskrieg geworden. Weder die Ukraine noch Russland verzeichnet derzeit nennenswerte Fortschritte bei der Offensive – jedoch hohe Verluste. Bislang wurden die Durchbrüche vor allem mit Panzern und Infanterie versucht, unter anderem auch an dem Awdijiwka-rontabschnitt. Doch Militärbeobachter gehen davon aus, dass in den kommenden Wochen vor allem der Drohnenkrieg zunehmen wird – auch wegen der schlechten Witterung, da schweres Gerät im Schlamm zu versinken droht. Gut möglich, dass sich Russland deswegen derzeit mit Sichtschutz auf die bevorstehende Kehrtwende vorbereitet. (jeki)