Archäologe Volker Babucke nahm auf Einladung des Historischen Vereins Schongau mit auf eine Reise ins „Schongauer Land im frühen Mittelalter“. Er zeichnete ein faszinierendes Bild einer zivilisatorisch überraschend hochstehenden Kultur.
„Heute ist in Schongau richtig was los.“ Mit diesem Hinweis hatte die erste Vorsitzende des Historischen Vereins Schongau Stadt und Land, Heide-Maria Krauthauf, die Besucher zum Vortrag im Ballenhaus begrüßt. Der aus Bonn stammende Volker Babucke studierte dort und in München Archäologie. Er sei vor gut 20 Jahren nach Friedberg gezogen, um sich noch intensiver mit den frühmittelalterlichen Siedlern entlang des Lechs und der benachbarten Gebiete zu befassen, verriet er.
Immer wieder wurden archäologische Ausgrabungen gemacht
Archäologische Ausgrabungen haben im Schongauer Land eine lange Tradition. Auch Babucke hat sich mit den Funden aus Gräbern unserer Umgebung befasst. Der Schwerpunkt seiner Betrachtungen lag auf der Region um Schongau und Peiting. Zunächst aber beschrieb er die allgemeine politische und gesellschaftliche Entwicklung vom 5. bis zum 8. Jahrhundert in dem vom Lech dominierten Gebiet.
Der zentrale Ort war die damals etwa 70 Hektar große Römerstadt Augsburg. Auf einer Karte ist gut erkennbar, wie dort aus allen Richtungen Straßen zusammentrafen. Damals gehörte das gesamte Gebiet der alten römischen Provinz von der Iller bis zum Inn zum Herzogtum der Baiern. Es wurde wie auch das alamannische Herzogtum vom fränkischen Königshaus der Merowinger eingerichtet, zu dessen Herrschaftsgebiet das gesamte Voralpenland gehörte. Augsburg kann als erster bairischer Herzogssitz angesehen werden. Im 8. Jahrhundert machten die Karolinger den Lech zur Grenze zwischen Alamannen/Schwaben und Baiern.
Wandernde Langhäuser und Reihengräber
Aus Grabungen lässt sich das Leben der frühmittelalterlichen Zeit in den lechnahen Siedlungen erschließen. „Wandernde“ Langhäuser stellten die vorherrschende Bauform dar. Deren tragende Pfosten verwitterten schnell, und sie mussten oft versetzt werden. Dank schriftlicher Quellen lassen sich Art und Nutzung der Gebäude bestimmen. Vor allem die freigelegten Gräber bestätigen eine hohe Kultur. Babucke brachte Beispiele aus der damals üblichen Bestattungsform, den Reihengräbern. Neben weiteren Dingen waren damals Beschläge aus Silber an den Gürteln und Wadenbindengarnituren beliebt. Das Klappern der Gewanddetails war offenbar gewollt.
Über Gräber der Region berichtet
Nach dem Überblick thematisierte Babucke in örtlicher Nähe liegende Spuren frühmittelalterlicher Besiedelung. Er nannte die Gräber bei Maria Eck auf dem Eggbichel, wo schon Mitte des 17. Jahrhunderts Skelette mit Beigaben gefunden wurden. 1882 wurden 30 Gräber eines größer geschätzten Gräberfeldes systematisch freigelegt. Hieraus stammen unter anderem zwei Vogelfibeln.
Nur zwei Kilometer Luftlinie voneinander entfernt liegen die Fundstellen „Beim Lindele“ und „Auf der Steig“ in Burggen. Beim „Lindele“ wurden 1924 etwa zehn Gräber freigelegt, deren Funde verschollen sind. 2007 wurden wegen einer Straßenbaumaßnahme 13 Gräber geöffnet, worüber noch kein Fundbericht veröffentlicht wurde. Eine anthropologische Analyse biete wichtige Erkenntnisse zu Krankheiten, lasse aber noch keine Aussagen zum Gesundheitszustand der Bevölkerung des Schongauer Landes zu, so Babucke. In dem Grab, das im Stadtmuseum zu sehen ist, findet sich auch ein Keramiktopf, der vom gleichen Töpfer hergestellt wurde, wie die Funde aus Gräbern in Pforzen und Augsburg-Göggingen. Vom Fundort „Auf der Steig“ stammt ein klapperndes Amulett aus Bronze, von dem es modellgleiche aus Marktoberdorf und Ensfeld gibt. Auch Wadenbinden mit Tierdarstellungen wurden geborgen.
Interessante Führung durchs Museum
Nach dem fast zweistündigen Vortrag ging es hinüber ins Stadtmuseum. Die dort ausgestellten frühmittelalterliche Funde, darunter das erwähnte Grab aus Burggen und in den Vitrinen zwei Halsketten, eine Scheibenfibel mit einem Granatstein sowie etliche Waffen und Schildbuckel sind ein wahrer Blickfang und erzählen ihre, dank der Hinweise von Volker Babucke, wieder lebendig gewordene Geschichte. Der Wunsch im Museum nach einer detaillierten Beschreibung der hiesigen Funde ist groß. „Es wäre für Schongau ein großer Gewinn, könnte dieser in ein paar Jahren in Erfüllung gehen“, so Krauthauf.