Rechtsexperte Christian Solmecke - So erkennen Sie die Abzocke bei Online-Coaches

 

Was versteht man unter Online-Coaching?

Unter Online-Coaching versteht man eine persönliche Beratung, mit der ein bestimmtes Ziel – etwa die Steigerung von Umsätzen oder Verbesserung der eigenen Motivation – erreicht werden soll. Coaching kann in verschiedenen Formen angeboten werden, sei es als Einzel- oder Gruppenberatung, bei der der Coach die Leitlinien und das Ziel vorgibt.

Problematisch ist heute die unüberschaubare Anzahl von Coaches im Internet. Manche versprechen den Traumkörper, andere finanzielle Freiheit in wenigen Monaten. Bei der Vielzahl von Angeboten ist es für Interessenten schwer, seriöse Anbieter von Abzocke zu unterscheiden. 

Unseriöse „Erfolgs-Coaches“ überschwemmen das Netz

Dabei können Online-Coachings grundsätzlich ohne Frage eine moderne und effektive Methode sein, um persönliche Entwicklung und Wachstum zu fördern. Uns ist klar, dass es viele gute Coaches gibt, die ein seriöses Business betreiben und absolut geldwerte Kurse anbieten. Die Kunden dieser Coaches haben dann aber auch keinen Grund, zum Anwalt zu laufen und ihr Geld zurückzuverlangen. Bei uns melden sich daher nur diejenigen, die – man muss es so deutlich sagen – „verarscht“ wurden.

Denn trotz zahlreicher seriöser Coaches halten viele Online-Coachings den großen Erwartungen eben nicht stand. Und dies hat Methode. In kaum einem Bereich der Online-Dienstleistungen tummeln sich so viele zweifelhafte Dienstleister. Das macht es für Verbraucher schwer zu unterscheiden. Unserer Auffassung nach ist es teilweise noch drastischer, als das, worüber Jan Böhmermann seinerzeit in seiner ZDF-Sendung berichtet hatte. Was uns Betroffene mitteilen, zeichnet ein Bild vom Coaching-Markt, das tief blicken lässt.

Wer nach Coaching und Coaches im Internet sucht, wird auf Social Media und auf Webseiten mit Werbung von Coaches überhäuft. Es wird mithilfe von Google und Co. aggressives Tracking betrieben und überall tauchen Coaches auf – im Anzug oder Polo-Hemd und stets mit großen Versprechungen im Gepäck. Und die bekannten Bewertungsseiten vermitteln den Eindruck: fünf Sterne! Der Coach versteht sein Handwerk!

Doch selten haben wir als Kanzlei eine derartige Anzahl fragwürdiger Vertragspraktiken gesehen. Man muss beinahe sagen, dass hier mit kriminellen Methoden gearbeitet wird.

Gerade im Bereich des B2B-Coachings, etwa bei Kursen für Network-Marketing oder das sogenannte Dropshipping (also der Aufbau eines Online-Shops ohne eigenen Warenbestand), tummeln sich Anbieter, die ihren Kunden nur das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Das fängt bei der Werbung an. Oft verlangen Anbieter Tausende Euro. Doch die mit großen Worten angekündigten Kurse entpuppen sich als reine Phrasendrescherei und Erfolgsversprechen können nicht gehalten werden.

Und als wäre das nicht genug, sind Sie als Kunde oft an lange und teure Coachingverträge gebunden. Wenn Sie also Ärger und unnötige Kosten vermeiden wollen, sollten Sie Warnzeichen unseriöser Anbieter beachten.

Darauf sollten Sie achten

Seien Sie grundsätzlich skeptisch, wenn ein Coach Ihnen unrealistische Erfolgsgarantien gibt. Fragen Sie sodann konkret nach, wie das Coaching abläuft und welche Instrumente und Techniken eingesetzt werden. Insbesondere zu einem Coaching im Unternehmen sollte ein individuelles Konzept ausgearbeitet werden. Branchenunabhängige Standardkonzepte lassen nichts Gutes erahnen. Das gilt auch für den Fall, dass der Anbieter keine belastbaren Referenzen vorlegen kann.

Interessenten sehen sich besser nach einer Alternative um, wenn ihre Anfragen gar nicht oder nur vage beantwortet werden. Um ein Angebot zu prüfen, sollte der Anbieter ausreichend Zeit lassen. Baut er unnötigen Zeitdruck auf, empfiehlt es sich, diesen kritisch zu hinterfragen. Das sollten Sie auch hinsichtlich der Kosten tun. Denn gerade beim Coaching stehen Leistung und Kosten häufig in einem Missverhältnis zueinander und bieten Anlass zu Auseinandersetzungen. Bestehen Sie deshalb auf größtmöglicher Kostentransparenz.

Das sollte im Coachingvertrag nicht fehlen

Um Unklarheiten zu vermeiden, sollte ein Coachingvertrag immer schriftlich vereinbart werden. Die wichtigsten Inhalte sind:

  1. Meilensteine und Ziele
  2. Analyse und mögliche Lösungswege
  3. Ort, Anzahl und Dauer eines Coachingtermins
  4. ggf. die maximale Gesamtdauer des Coachings
  5. eingesetzte Methoden, Instrumente und Techniken
  6. beteiligte Personen
  7. Honorar, Spesen und Erstattung für abgesagte Termine
  8. Geheimhaltungspflicht und Haftung
  9. Zahlungsmodalitäten
  10. Kündigungsrecht und ggf. Widerrufsrecht

Was tun, wenn Sie in die Coachingfalle getappt sind?

Sie haben die Warnzeichen nicht oder zu spät erkannt und einen Coachingvertrag mit einem unseriösen Anbieter abgeschlossen? Jetzt gilt es schnell zu sein und sich beraten zu lassen. Denn auch für Sie als abgezockten Kunden gibt es Hoffnung: Zahlreiche Coaching-Verträge sind rechtlich angreifbar. Oft kann der Vertrag vollständig rückabgewickelt werden, so dass für Sie gar keine Kosten entstehen. Zudem ist es häufig möglich, den Preis auf ein angemessenes Maß zu senken oder vorzeitig aus dem Vertrag auszusteigen.

Zahlreiche aktuelle Urteile bestätigen, dass Verträge verschiedener Coaching-Programme als nichtig anzusehen sind. Je nach Sachlage gibt es also zahlreiche Angriffspunkte.

  1. Haben Sie den Coachingvertrag als Verbraucher per Fernkommunikationsmittel abgeschlossen, beträgt die Widerrufsfrist 14 Tage. Falls Sie nicht darüber aufgeklärt wurden, verlängert sich die Widerrufsfrist um ein Jahr.
  2. Auch eine Kündigung ist möglich, sofern Sie die vereinbarte Frist und die weiteren Bedingungen des Coachingvertrages einhalten.
  3. Stehen das Angebot und die tatsächlich erbrachte Leistung in einem deutlichen Missverhältnis, kann der Vertrag aufgrund Wuchers oder Sittenwidrigkeit nichtig sein.
  4. Ebenfalls nichtig ist ein Coachingvertrag, wenn der Coach keine Zulassung gemäß § 12 FernUSG hat. Das Fernunterrichtsschutzgesetz (FernUSG) regelt Rechte und Pflichten der Anbieter von Fernunterrichtsangeboten und deren Teilnehmern. Es schützt nicht nur Verbraucher, sondern auch Unternehmer. Nach dem FernUSG muss jeder Coach eine Zulassung der Staatlichen Zentralstelle für Fernunterricht haben. Das betonte u.a. das OLG Celle in seinem Urteil vom 01.03.2024 (Az. 3 U 85/22).
  5. Erfüllt der Coach seinen Teil des Vertrages nicht, können Sie Schadensersatz geltend machen und bereits gezahlte Beträge zurückfordern.

Haben Sie ein Coaching gebucht und war dabei nicht alles einwandfrei? Dann lohnt sich eine Prüfung, denn die Liste der Tricks von unseriösen Online-Coaches ist lang.