Landwirte protestieren auch in Miesbach: „Das Fass ist übergelaufen“
Mit 1000 Traktoren sind Landwirte gestern in Berlin aufgefahren, um gegen die Streichung von Steuervergünstigungen zu protestieren. Zeitgleich tuckerten Bulldogs durch Miesbach – auch hier versammelten sich rund 60 Landwirte zur Demo.
Miesbach – Kurz vor 10 Uhr ratterte gestern ein großer Traktor auf den Unteren Markt in Miesbach, parkte am Rand und hob die Schaufel hoch. Ein großes Kreuz war darauf gemalt und zwei Pfeile in Richtung von zwei Paar Gummmistiefeln, die auf die Zähne der Schaufel geklemmt waren. Ein Todesurteil für ihren Berufsstand – so empfinden wohl viele Landwirte die angekündigte Streichung der Steuererleichterungen. Stichwort Agrardiesel. So hatte auch der Bayerische Bauernverband (BBV) im Landkreis zur Demo aufgerufen.
Lokale Vertreter der Ampelregierung eingeladen
Die Landwirte waren eigentlich mit einem ganzen Tross an Traktoren angerückt. Etwa zwölf fuhren einmal über den Platz, durften dort aber nicht parken. Kaum waren die Bulldogs da, waren sie auch schon wieder weg – viel Aufmerksamkeit erregten sie zu dieser am Marktplatz noch ruhigen Stunde nicht. Dennoch: Der Protest der Landwirte ist angekommen, denn zum anschließenden Treffen im Bräuwirt waren die lokalen Vertreter der Ampelregierung eingeladen: Grünen-Kreisrat Gerhard Waas und Bruno Peetroons von der SPD, die beide für den Landtag kandidiert hatten, sowie FDP-Kreisrätin Ursula Lex.
Landwirte protestieren in Miesbach
BBV-Kreisvorsitzender Josef Huber aus Valley begrüßte die drei Politiker und dankte ihnen fürs Kommen. Der Protest treffe hier nicht die Richtigen, schickte er gleich hinterher. „Aber Ihr müsst das nach oben weitergeben.“ Denn: „Das Fass ist übergelaufen“, sagte Huber. Mit immer mehr Auflagen müssten sich die Landwirte auseinander setzen. FFH-Richtlinien, Wasserschutzzonen, Tierschutzverordnung nannte er als Beispiele. „Wir machen hier eine gscheite Landwirtschaft und Lebensmittelerzeugung.“ Gerade nach den Erfahrungen mit der Corona-Pandemie sei es traurig zu sehen, dass das nicht anerkannt werde. Höhere Kosten könnten die Landwirte nicht kompensieren. „Auf die Lebensmittel können wir das nicht draufschlagen, da macht kein Bäcker und kein Metzger mit.“
Ursula Lex: „Ich bin genauso sauer“
Eine recht deutliche Antwort fand Ursula Lex – deutlich in Richtung der eigenen Partei. „Ich bin genauso sauer“, sagte sie. „Die Blasen da oben sieht den Bürger nicht mehr.“ Sie verstehe den Ärger der Landwirte. „Ich stehe bei Euch, ich bin aus dem Handwerk.“ Auch dort fühle sich der Mittelstand allein gelassen.
Gerhard Waas: „Schwierig, zur Parteispitze vorzudringen“
Auch Waas bekundete sein Verständnis. „Als Förster geht’s mir im Wald wie Euch. Es gibt Kräfte, die einem reinreden, aber eigentlich nichts verstehen.“ Waas machte aber auch deutlich, wie schwierig es sei, von der Parteibasis an die Bundesspitze vorzudringen. Versuchen werde er es aber. „Meine Unterstützung habt’s.“
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Bruno Peetroons: „Streichungen werden kommen“
Zu Vorschlägen, was man von der Regierung fordern müsse, damit gerade auch kleine Betriebe überleben können, forderte Peetroons die Landwirte auf. Denn daraus macht er keinen Hehl: „Es werden Streichungen kommen.“ Klar ist für ihn aber auch: „Wenn man sich für Landwirtschaft in Bayern entscheidet, dann muss sie wettbewerbsfähig bleiben.“
Wo Streichungen möglich seien, dazu gab es bei den anschließenden teils sehr emotionalen Redebeiträgen etliche Vorschläge. Mehrmals wurde das Bürgergeld genannt, aber auch Streichung von Geld für die Ukraine oder Erhebung einer Pkw-Maut.
„Das Bürgergeld setzt psychologisch falsch an“, kritisierte Kreisbäuerin Brigitta Regauer. Sie warf auch einen Blick auf Entwicklungshilfen, die Deutschland leiste. Es gebe dort gute Projekte, doch Deutschland – das als Geberland nach den USA auf Platz zwei stehe – „müsse nicht überall Weltmeister sein“. Die Regierung sollte lieber „mehr schauen, was im eigenen Land Not tut“.
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