Schwerer Schlag für Moskau: Chinesische Banken wenden sich zunehmend von Putin ab

  • VonBettina Menzel
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Wegen drohender US-Sanktionen ziehen sich nun zahlreiche chinesische Banken aus dem Russlandgeschäft zurück – und Moskau sucht nach Auswegen.

Peking – Vor wenigen Tagen besuchte der russische Außenminister Sergej Lawrow China. Peking und Moskau nahmen die Russland-Reise des Ministers zum Anlass, den Willen zur Stärkung der Partnerschaft zwischen den beiden Ländern zu bekräftigen. Seit dem Ukraine-Krieg ist die Beziehung zwischen China und Russland zunehmend enger geworden. Doch bei Geld hört die Freundschaft offenbar auf: Um US-Sanktionen zu vermeiden, schränken immer mehr wichtige Großbanken in China nun die Transaktionen nach Russland ein.

Chinas Großbanken schränken Transaktionen ein: Die Hintergründe

Bereits kurz nach dem russischen Überfall auf die Ukraine schloss die EU russische und belarussische Banken vom SWIFT-Zahlungssystem aus. Unter dem Druck drohender US-Sanktionen schränkten zuletzt auch zahlreiche chinesische Banken die Annahme von Zahlungen aus Russland ein. Darunter die Industrial and Commercial Bank of China (ICBC), die drittgrößte Bank der Welt, sowie China CITIC Bank, Industrial Bank Co. und die Bank of Taizhou, wie Newsweek am Mittwoch (17. April) berichtete.

Bereits im Februar war die Zhejiang Chouzhou Commercial Bank aus den Finanztransaktionen mit Russland ausgestiegen – das Institut war zuvor wegen seines laxen Umgangs mit westlichen Sanktionen bei russischen Geschäftsleuten beliebt. „Wir stehen in engem Dialog mit unseren chinesischen Freunden und werden alle [...] Probleme lösen“, erklärte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow laut AFP damals vor Journalisten. Der Rückzug chinesischer Banken ist das größte, aber nicht einzige Problem des russischen Finanzmarkts: Auch Finanzinstitute in den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Türkei und Österreich ziehen sich laut Wall Street Journal aus Sorge vor Sanktionen aus Russland zurück.

Die Entscheidung kommt nicht von ungefähr: Im Dezember vergangenen Jahres hatte der US-Präsident Joe Biden die Daumenschrauben für Institutionen angezogen, die Transaktionen ermöglichen, die den militärisch-industriellen Komplex in Russland und damit Putins Kriegsmaschinerie unterstützen. „Wir gehen davon aus, dass die Finanzinstitute alle Anstrengungen unternehmen werden, um sicherzustellen, dass sie weder wissentlich noch unwissentlich Umgehungs- und Hinterziehungsmaßnahmen ermöglichen“, kommentierte die US-Finanzministerin Janet Yellen die Maßnahme. Ebenfalls im Dezember beschloss die EU ihr zwölftes Sanktionspaket gegen Russland.

Moskau spricht von „Handelskrieg“ mit dem Westen

Die Verschärfung der US-Sanktionen hatte direkte Folgen für Moskau. Bis Ende März seien bis zu 80 Prozent der russischen Überweisungen zurückgezahlt worden, wie die russische, regierungsnahe Zeitung Iswestija unter Berufung auf einen nicht namentlich genannten Geschäftsmann berichtete. Der Westen habe Tausende Sanktionen gegen China verhängt, um die Wettbewerbsfähigkeiten Russlands und Chinas zu beeinträchtigen, kommentierte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, laut Iswestija am Mittwoch (17. April). Gegen Moskau und Peking werde ein echter „Handelskrieg“ geführt, so Sacharowa weiter.

Eine zunehmende Zahl von Finanzinstituten habe die Annahme russischer Zahlen in chinesischen Yuan gänzlich eingestellt, so Alexey Egarmin, der Generaldirektor der russischen Industrie- und Handelskammer, laut Newsweek. Auch die Bank of China habe ihre Geschäfte mit russischen Kunden bereits eingeschränkt, hieß es weiter. Besonders die Unsicherheit belastet den Handel. Denn üblicherweise läuft es so ab: Überweisungen bleiben zunächst eine Zeit lang unbearbeitet. Dann fordern die Geldinstitute weitere Angaben der Kunden, am Ende lehnen die Banken die Transaktionen nach China dann ohne Angaben von Gründen ab, erklärte Alexei Razumowsky vom Zahlungsdienstleister Impaya Rus.

Russland sucht offenbar alternative Wege für Zahlungen an China

Dennoch findet Moskau immer wieder Wege, die westlichen Sanktionen zu umgehen. Das russische Bruttoinlandsprodukt wächst unbeirrt weiter – auch dank steigender Militärausgaben. Der Internationale Währungsfonds (IWF) korrigierte im April seine Prognose für Russland nach oben: Im laufenden Jahr sagen die Experten ein Wachstum von 3,2 Prozent (Januar: 2,6 Prozent) voraus, kommendes Jahr sollen es nur noch 1,8 Prozent (Januar: 1,1 Prozent) sein. Dies liege daran, dass „die Auswirkungen der hohen Investitionen und des robusten privaten Verbrauchs, unterstützt durch Lohnzuwächse auf einem angespannten Arbeitsmarkt, verblassen“, so der IWF. 

Auch das gute Verhältnis zwischen Peking und Moskau ist ungebrochen. Bei seinem Besuch in Peking hatte Außenminister Lawrow betont, dass die Beziehungen zwischen Russland und China ein beispiellos hohes Niveau erreicht hätten. Kritik aus den USA wies Peking zurück. „China und Russland haben das Recht, normale Wirtschafts- und Handelsbeziehungen zu führen“, sagte Mao Ning, eine Sprecherin des Außenministeriums, vergangene Woche. Moskau sucht nun offenbar nach Wegen, die Zahlungen an China über russlandfreundliche Drittländer abzuwickeln, wie Alexey Poroshin vom Beratungsunternehmen First Group Newsweek sagte. Dass dies gelingen könnte, ist nicht unrealistisch: Eine ähnliche Taktik verfolgt Moskau bereits beim Import von eigentlich sanktionierten Halbleitern.