„Größeres Problem für zunehmend mehr Eltern“: Debatte über Länge der Sommerferien entbrannt
Sind die Sommerferien in Deutschland zu lang oder ist das Betreuungsangebot zu gering? Eltern- und Schülervertretungen äußern Kritik am aktuellen System und schlagen Lösungen vor.
Frankfurt – In Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen neigen sie sich schon bald dem Ende entgegen, in Bayern fangen sie am 1. August erst an. Immer wieder sorgen die Sommerferien in Deutschland für Diskussionen – was nicht nur an den bundesweit unterschiedlichen Terminen liegt. Als „viel größeres Problem für zunehmend mehr Eltern“ bezeichnet Florian Eschstruth vom Bayerischen Elternverband (BEV) gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) die hohe Anzahl der Ferientage. Denn mit vielen freien Tagen wachse auch der Bedarf für eine Betreuung der Kinder, gibt Eschstruth zu bedenken.
Viele Ferientage: Forderung nach „anständiger“ Betreuung
Zuletzt war die Debatte zu einer gerechten Verteilung und der Dauer der Ferienzeiten in Deutschland zunehmend hochgekocht. Vor allem Bayern und Baden-Württemberg lassen sich nicht von ihren Terminen abbringen. Die beiden südlichsten Bundesländer starten stets als letzte in die großen Ferien, während sich die anderen jährlich abwechseln.

Dass ihnen eine bestimmte Anzahl an Ferientagen gestrichen werden könnte, mit dieser Idee wollen sich die Schülerinnen und Schüler in Deutschland nicht anfreunden, wie der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Quentin Gärtner, dem RND erklärt. Das sei die „falsche Lösung“, so Gärtner. Was sich der Generalsekretär derweil schon eher vorstellen kann, ist eine „anständige Ferienbetreuung“, bei der Schulen beispielsweise Kooperationen mit Sportvereinen oder Jugendzentren eingehen. In jedem Fall fordert Gärtner eine „qualitativ und pädagogisch hochwertige“ Form der Ferienbetreuung.
Ferienzeit als „organisatorische und finanzielle Herausforderung“
Ähnlicher Ansicht ist man derweil auch beim Bundeselternrat. Eine konkrete Verkürzung der Ferienzeit empfindet man hier ebenfalls nicht als Königsweg, stellt die stellvertretende Vorsitzende Aline Sommer-Noack nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur (dpa) klar. „Die Ferienzeit stellt für viele Familien eine organisatorische und finanzielle Herausforderung dar. Sechs Wochen Sommerferien bei durchschnittlich 30 Urlaubstagen pro Jahr lassen sich kaum überbrücken - besonders für Alleinerziehende oder Eltern ohne familiäres Netzwerk“, zitiert die dpa eine Stellungnahme des Bundeselternrats.
Spannungen wegen unterschiedlicher Ferienstarts
Das erklärte Ziel des Rates: „Alle Beteiligten an einen Tisch setzen, um eine gute Einigung zu erzielen: Bildungsminister der Länder, Elternvertretungen sowie Schülervertretungen“. Was den Bundeselternrat besonders umtreibt, ist die Lage der Sommerferien – und zwar im bundesweiten Vergleich. Schließlich endet die schulfreie Zeit in einigen ostdeutschen Ländern in diesem Jahr bereits am 8. August – eine Woche, nachdem die Schülerinnen und Schüler in Bayern ihre Zeugnisse überreicht bekommen. Ein Ungleichgewicht, das für „Spannungen bei der Urlaubsplanung“ oder bundesweiten Angeboten sorge, so die Kritik.
Viele Eltern fühlen sich zunehmend alleingelassen, heißt es vonseiten des Sozialverbands Deutschland (SoVD). „Familienzeit ist wertvoll, aber Eltern brauchen auch Unterstützung, um Beruf, Betreuung und Erholung miteinander vereinbaren zu können“, bemerkt Michaela Engelmeier, Vorstandsvorsitzende des SoVD. Etwa die Hälfte der erwerbstätigen Eltern mit Kindern bis 18 Jahren nutze mehr als 50 Prozent ihres Jahresurlaubs für die Kinderbetreuung, so der SoVD unter Bezug auf eine repräsentative Umfrage des Meinungsinstituts Civey. Mehr als ein Drittel der Befragten habe angegeben, dass allein die Kinderbetreuung bereits über 75 Prozent ihres Urlaubs in Anspruch nehme: ein „strukturelles Problem“, findet der SoVD.
Forderung nach Entlastung
Ganze 70 Prozent der Befragten, fährt der Verband fort, hielten das Betreuungsangebot für Schul- und Kitakinder in Deutschland für zu gering. In Ostdeutschland seien die Menschen im Schnitt zufriedener. Vor allem Alleinerziehende bräuchten „dringend Entlastung“, betont Michaela Engelmeier. Betreuung müsse „kostenfrei, qualitativ hochwertig und wohnortnah“ sein, fordert der Sozialverband und wünscht sich gleichzeitig eine Steigerung der Attraktivität von Berufen im Bildungs- und Sozialbereich. Es sei Aufgabe der Politik, „für gleichwertige Lebensverhältnisse in allen Regionen zu sorgen“, lautet die Forderung. (fz)