Einsamer Scholz zwischen zwei Ukraine-Rettern? „Weimarer Dreieck“ offenbart Gräben

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Am Tag der Russland-Wahl lässt Scholz bei einem Treffen mit Macron und Tusk das Weimarer Dreieck aufleben. Doch tiefe Risse bleiben.

München – Ein bisschen widersprüchlich ist es schon: Eigentlich sollten die Spitzen des Weimarer Dreiecks am Freitag (15. März) in Berlin zusammenkommen, um ein Zeichen der Geschlossenheit an Wladimir Putin zu senden. Nicht zufällig finden genau an dem Tag, an dem Olaf Scholz seine Amtskollegen Emmanuel Macron und Donald Tusk im Kanzleramt empfängt, auch die Präsidentschaftswahlen in Russland statt.

Doch bereits am Tag davor wurde klar, wie tief die Gräben zwischen Deutschland und Frankreich inzwischen sind: Am Vorabend seiner Berlin-Reise bekräftigt Macron im französischen Fernsehen noch mal seine Haltung zu Nato-Bodentruppen in der Ukraine. „Alle diese Optionen sind möglich“, sagt er – und streut dem Kanzler damit wieder ein bisschen Salz in die Wunde.

Wer hat Angst vor Putin? Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Regierungschef Donald Tusk bei einem Treffen mit Olaf Scholz in Berlin. © IMAGO/Chris Emil Janssen

Macron inszeniert sich als Ukraine-Retter und lässt Scholz dabei alt aussehen

Während sich Macron als entschiedener Ukraine-Retter präsentiert, muss sich Scholz (SPD) im Bundestag anhören, nicht genug für die Ukraine zu tun – der Kanzler sei mit seinem Nein zu Taurus-Lieferungen „hochgradig nervös“ und „dünnhäutig“, bemängelt etwa CDU-Chef Friedrich Merz. Die beiden Staatschefs dürften also mit höchst unterschiedlichen Emotionen in das Treffen gehen.

Und dann ist da noch Polens neuer Ministerpräsident Donald Tusk, der dieser Tage als Hoffnungsträger des Weimarer Dreiecks gilt. Ursprünglich war das Gesprächsformat des Weimarer Dreiecks 1991 ins Leben gerufen worden, um vor allem Polen an die Europäische Union und die Nato heranzuführen. Nun liegt es aber an Polen, Deutschland und Frankreich wieder zusammenzubringen.

Tusk soll Scholz und Macron zusammenführen – „Weniger Worte, mehr Munition“

Seit Macron bei einem Ukraine-Gipfel in Paris vor drei Wochen nicht ausschloss, westliche Soldaten in die Ukraine zu schicken, ist das deutsch-französische Verhältnis zerrüttet. Ob Tusk mit seiner Erfahrung als EU-Ratspräsident den Achsenbruch wieder reparieren kann? Wie ein Gesprächstherapeut kommt er jedenfalls nicht daher. „Weniger Worte, mehr Munition“, twittert er wenige Stunden vor dem Treffen in Berlin.

Trotz aller Widrigkeiten präsentieren sich die Staatschefs am Freitag aber in Harmonie. „Unsere Einheit ist unsere Stärke“, sagt Scholz vor den Kameras, an seiner Seite die beiden Amtskollegen. „Gerade unseren drei Staaten wächst eine besondere Verantwortung zu.“

Man habe sich auf noch mehr Waffen für die Ukraine geeinigt, „und zwar auf dem gesamten Weltmarkt“. Zudem werde die Produktion von Waffen ausgebaut und eine „Fähigkeitskoalition für weitreichende Raketenartillerie“ gegründet. Was das im Detail bedeuten soll, erläutert er aber nicht.

Tusk spricht von „bösen Gerüchten“ über Scholz und Macron

Tusk, der das erste Mal an dem Format des Weimarer Dreiecks teilgenommen hat, spricht von „bösen Gerüchten“ über Streitigkeiten – das Treffen habe gezeigt, dass diese nicht stimmen. Das kommt nicht wirklich glaubwürdig rüber. Denn tatsächlich sollte der Ministerpräsident erst später zu dem Gespräch dazukommen, damit sich Scholz und Macron nach den ganzen Differenzen erst unter vier Augen unterhalten können.

Auch Macron betont, wie erwartet, den Zusammenhalt des Weimarer Dreiecks. Man setze nicht auf Eskalation, verspricht er. Und schiebt dann aber hinterher: „Wir werden alles tun, damit Russland den Krieg nicht gewinnt.“

Scholz wirkt im Ukraine-Krieg als einer, der Angst vor Putin hat

Blickt man genau hin, wirkt der Kanzler in diesem Dreierbündnis ziemlich einsam. Auch wenn er stets betont, dass Deutschland in Europa die meisten Waffen an die Ukraine liefere, geben sich Polen und Frankreich als die mutigeren Unterstützer. Erst vor wenigen Tagen hatte Polens Außenminister Radoslaw Sikorski zu dem deutsch-französischen Streit gesagt: „Die Präsenz von Nato-Truppen in der Ukraine ist nicht undenkbar. Ich begrüße die Initiative von Frankreichs Präsident.“ Sowohl Macron als auch Sikorski werfen Gegnern dieser Idee Feigheit vor. Es gehe darum, „dass Putin Angst hat, nicht dass wir Angst vor Putin haben“, erklärte der polnische Außenminister.

Trotz des entschiedenen Taurus-Nein von Scholz will Verteidigungsminister Boris Pistorius die Marschflugkörper wieder einsatzfähig machen. Die Hälfte der rund 600 Taurus-Raketen, die Deutschland besitzt, müssen wohl modernisiert werden. (Kathrin Braun)

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