Tipps für den Alltag - Der Leitungswasser-Trick schützt vor Deutschlands großem Plastik-Dilemma
Was ist Mikroplastik?
Als Mikroplastik bezeichnet man Plastikteilchen, die weniger als fünf Millimeter Durchmesser besitzen. Die Teilchen sind mit dem bloßen Auge also kaum zu erkennen. Solch kleine Kunststoffteilchen werden teils absichtlich für Kosmetika, Pflegeprodukte und Windeln produziert, entstehen aber auch als Abfall beim Zerfall größerer Teile Plastikmüll. Nach einer Untersuchung des Fraunhofer-Institutes für das Jahr 2018 machte Mikroplastik in diesem Jahr 330.000 der 446.000 Tonnen Plastikmüll in Deutschland aus, also fast 75 Prozent.
Der Begriff „Mikroplastik“ wurde dabei erst 2004 durch den britischen Marine-Biologen Richard Thompson eingeführt. Er veröffentlichte im Magazin „Science“ damals einen Artikel mit dem Titel „Auf See verschollen: Wo ist das ganze Plastik?“, in dem er erstmals versuchte, die Menge an Mikroplastik in den Ozeanen zu messen.
Heute wird geschätzt, dass zwischen 93 und 236 Millionen Tonnen an Mikroplastik in den Weltmeeren schwimmen. In Asien enthalten mittlerweile geschätzte mehr als 70 Prozent der Meerestiere die kleinen Kunststoffteilchen. In China wurde Mikroplastik in einer Studie in 94 Prozent aller Vögel gefunden. Auch in den deutschen Nordseegewässern enthalten die meisten Fische, Muscheln und sonstigen Meeresbewohner Mikroplastik-Teilchen. Menschen nehmen sie über Trinkwasser und Lebensmittel auf. Mittlerweile wurde Mikroplastik auch in menschlichen Plazentas nachgewiesen. Die Vermutung liegt daher nahe, dass schon ungeborene Kinder diese in ihren Körper aufnehmen.
Welche Folgen hat Mikroplastik für den Menschen?
In den vergangenen Jahren ist Mikroplastik zu einem heißen Thema in Medien und Wissenschaft geworden. Hierzulande wäre das Bundesinstitut für Risikobewertung dafür zuständig, die Gefahren für die menschliche Gesundheit einzuschätzen. Es mangelt bisher allerdings noch an Studien zu dem Thema.
Anzeichen gibt es sowohl dafür, dass Mikroplastik im menschlichen Körper unbedenklich ist, als auch dafür, dass es schwere Krankheiten auslösen kann. Die Kunststoffteilchen selbst sind chemisch gesehen kaum reaktiv, so dass sie dem Körper direkt wenig schaden werden. Studien haben aber gezeigt, dass sich an Mikroplastik andere Schadstoffe bevorzugt anlagern, die dann wiederum zum Beispiel krebserregend sein könnten. Für eine abschließende Bewertung des Risikos müssen aber erst noch weitere Studien abgewartet werden.
Welche Folgen hat Mikroplastik für die Umwelt?
Wie gezeigt, nehmen auch die meisten Tiere und Pflanzen Mikroplastik auf. Sie reagieren darauf aber sehr unterschiedlich. Experimente mit Wattwürmern in der Nordsee zeigten etwa, dass diese mit dem Kunststoff auch andere Gifte aufnehmen, was sie so sehr erschöpft, dass sie nach vier Wochen nur noch halb so viel fraßen wie eine mikroplastik-freie Kontrollgruppe. Das führte zu einer deutlich geringeren Umwälzung des Wattsandes, was wiederum Probleme für das Ökosystem mit sich bringt. Bei Strandschnecken wurde nachgewiesen, dass Mikroplastik deren Wahrnehmung verändert und sie etwa nicht mehr vor Fressfeinden flüchten können.
Experimente mit Ratten und Eissturmvögeln wiederum zeigten keine gesundheitlichen oder verhaltenstechnischen Veränderungen durch die Aufnahme von Mikroplastik in dem Maße, wie es in der Umwelt vorkommt. Bei Mäusen wiederum kam es zu Entzündungsreaktionen im ganzen Körper und Flöhe starben in einer Studie durch Mikroplastik komplett aus. Insgesamt ist die Aufnahme von Mikroplastik aber schädlich für die Fauna, insbesondere für kleinere Tiere, deren reguläre Nahrungsaufnahme durch Mikroplastik blockiert wird.
Wie können Sie Mikroplastik im Alltag vermeiden?
Mikroplastik entsteht wie gesagt zum einen absichtlich als Teil bestimmter Produkte, teils aber auch als Abfallprodukt. Dabei stammt dieser Abfall sowohl aus industriellen Herstellungs- und Transportprozessen wie auch aus dem privaten Konsum. Auf ersteres müsste die Politik durch entsprechende Vorschriften Einfluss nehmen, bei letzterem können Sie selbst ein waches Auge haben, wenn Sie wollen. Hier sind die einfachsten Arten, Mikroplastik im Alltag zu vermeiden.
1. Trinken Sie Leitungswasser
Der Tipp mag überraschend klingen, aber: Studien zeigen, dass Leitungswasser – weil es in Klärwerken gereinigt wird – weniger Mikroplastik-Teilchen enthält als andere Getränke, selbst Wasser aus Flaschen. Hier stammt das Wasser meist aus Quellen und wird danach nicht noch einmal speziell von Mikroplastik gereinigt.
Die Unterschiede sind immens. In Leitungswasser ist die Konzentration von Mini-Kunststoffteilchen so gering, dass sie kaum messbar ist. Würden Sie Ihren gesamten Trinkwasserbedarf darüber decken, nähmen Sie pro Jahr geschätzte 4000 Mikroplastik-Teilchen auf. Mit abgefülltem Wasser kämen Sie auf rund 90.000 Teilchen, also mehr als zwanzigmal so viel. Eine Untersuchung des Veterinäruntersuchungsamtes Münsterland-Emscher-Lippe zeigte, dass die Teilchen meist durch die Plastikflaschen ins Wasser gelangen.
2. Fahren Sie weniger (oder gar nicht) mit dem Auto
Eine der größten Quellen von Mikroplastik ist der Abrieb von Reifen auf Straßen und dort wiederum am häufigsten von Autos. Das Umweltbundesamt schätzt, dass dadurch bis zu einem Drittel des gesamten Mikroplastiks in Deutschland entsteht.
Auf den Transport von Waren per Lkw haben Sie dabei natürlich keinen Einfluss. Und wer auf sein Auto angewiesen ist, um etwa zur Arbeit zu kommen oder auf dem Land überhaupt am sozialen Leben teilhaben zu können, der muss sich deswegen auch nicht einschränken. Wer bestimmte Strecken vermeiden kann, vor allem in Großstädten, und Mikroplastik vermeiden möchte, der findet hier aber einen guten Ansatzpunkt.
3. Benutzen Sie weniger Plastik
Wer weniger Plastik benutzt, der kommt auch mit weniger Mikroplastik in Kontakt. Möglichkeiten dafür gibt es viele: Kleidung mit wenig bis gar keinen Kunststofffasern, Schneidebrettchen aus Holz statt Plastik, keine Plastikboxen fürs Essen oder andere Utensilien. Gerade in der Küche bestehen viele Hilfsmittel aus Plastik, für die es genauso gute Alternativen aus Holz, Glas oder Metall gibt. Und wenn Sie doch Plastik in der Küche benutzen, dann sollten Sie es zumindest nicht in der Mikrowelle erhitzen. Das gilt auch für Hauben aus Kunststoff.
4. Spülen Sie Plastik-Utensilien von Hand
Heißes Wasser ist eine der häufigsten Ursachen, durch die sich Mikroplastik-Teilchen aus größeren Kunststoffprodukten lösen. Deswegen oben auch die Warnung vor Plastik in der Mikrowelle. Ähnlich verhält es sich, wenn Sie Dinge aus Plastik in die Spülmaschine geben. Wer auf Nummer Sicher gehen will, wäscht solche Teile lieber per Hand. Ab einer bestimmten Menge an zu spülenden Utensilien müssen Sie sich dann entscheiden, ob Ihnen das den höheren Wasserverbrauch und die Mehrarbeit wert ist.
5. Filtern Sie Mikroplastik aus Ihrer Waschmaschine
Heißes Wasser in Kombination mit dem Herumwirbeln der Wäsche in der Trommel löst zahlreiche Mikroplastik-Teilchen aus Ihrer Kleidung. Hersteller von Waschmaschinen haben das Problem erkannt und bieten mittlerweile zwei Lösungen dafür an. Moderne Geräte besitzen mittlerweile oft ein „Mikroplastik-Programm“. Dabei wird die Trommel weniger gedreht und verschiedene andere Tricks sorgen dafür, dass die Wäsche sanfter fällt, so dass es weniger Abrieb geben kann. Ein solches Programm reduziert die Entstehung von Mikroplastik immerhin im besten Fall um die Hälfte. Allerdings lassen sich damit auch nicht alle Flecken entfernen, es eignet sich also nicht für jede Wäsche.
Anders sieht das bei externen Mikroplastik-Filtern aus. Die müssen Sie bei den meisten Herstellern noch dazu kaufen. Die Preisspanne liegt bei 30 bis 150 Euro je nach Ausführung des Filters. Er hält bis zu 97 Prozent aller Mikroplastik-Teilchen aus dem Abwasser der Waschmaschine zurück. Damit gelangen sie zwar nicht ins Abwasser, sind aber immer noch entstanden. Selbst, wenn Sie diese also in den Hausmüll werfen, sind sie immer noch da und können in die Umwelt gelangen.
6. Kaufen Sie sich einen Luftreiniger
In Asien sind Luftreiniger in vielen Haushalten normal, gerade in smog-geplagten Großstädten. In Deutschland haben sie sich bisher kaum durchgesetzt. Ehrlicherweise sind sie oft auch nicht nötig. Wenn Sie aber etwa an einer vielbefahrenen Straße wohnen oder aber auch den letzten Rest an Mikroplastik in Ihrer Wohnung eliminieren wollen, dann sind die Geräte eine gute Wahl.
Luftreiniger filtern die Luft in Ihren Räumen von jeglichen Schadstoffen, nicht nur von Mikroplastik, und kühlen die Wohnung im Sommer auch ein wenig ab. Gängige Luftreiniger für daheim mit einem HEPA-Filter erfassen alle Teile bis zu 0,3 Mikrometern Größe. Das umfasst auch die meisten Mikroplastik-Teilchen, die kleinste werden ihnen damit aber noch entwischen.