Kurioser Vorfall im Gesundheitsausschuss des Bundestags. Ein AfD-Abgeordneter blockierte den Platz der Vorsitzenden und wollte ihn aus Protest nicht mehr räumen.
Berlin – Am Mittwochmorgen spielten sich im Gesundheitsausschuss des Bundestags kuriose Szenen ab. Wie IPPEN.MEDIA aus Ausschusskreisen erfuhr, blockierte Kay-Uwe Ziegler, Bundestagsabgeordneter der AfD, vor Sitzungsbeginn den Platz der amtierenden Ausschussvorsitzenden. Der Beginn der nicht-öffentlichen Sitzung verzögerte sich.
Ziegler ist Mitglied im Gesundheitsausschuss, jedoch kein Vorsitzender. Der AfD-Politiker soll sich „einfach hingesetzt“ haben und sogar einen selbst beschriebenen Zettel mit der Aufschrift „Ausschussvorsitzender“ vor sich hingestellt haben. Dahinter steckt wohl eine Protestaktion der AfD. Denn: Die Ausschussmitglieder der anderen Parteien weigern sich schon lange, jemanden aus der Rechtsaußen-Partei zum Vorsitzenden zu wählen.
„Vollkommen irre“ Situation im Ausschuss: „Der AfD ist Inszenierung immer wichtiger als Arbeit“
Laut Ausschusskreisen ist Ziegler zehn bis 15 Minuten auf dem Platz sitzen geblieben, dann aber schließlich aufgestanden. „Ich vermute, dass er darauf gehofft hat, mit Polizeigewalt rausgebracht zu werden“, sagt der CSU-Gesundheitspolitiker Stefan Pilsinger unserer Redaktion. Fotos oder Videos dazu ließen sich vermutlich gut „in der eigenen Szene“ nutzen und vermarkten, so Pilsingers Vermutung.
Kalkül hinter dem Protest vermutet auch der Linken-Gesundheitspolitiker Ates Gürpinar. „Der AfD ist Inszenierung immer wichtiger als Arbeit.“ Das habe der heutige Tag gezeigt. Ziegler sei nach seinem Protest immer wieder aus dem Sitzungssaal gegangen. „Auch ein wenig schräg von einem, der die Sitzung leiten möchte“, so Gürpinar. AfD-Politiker „widersetzen sich demokratischen Entscheidungen, wenn sie ihnen nicht gefallen.“ Die FDP-Obfrau im Gesundheitsausschuss, Kristine Lütke, spricht von einem „Spielchen der AfD“. Mit dem Ziel, die Demokratie „verächtlich zu machen“. Aus weiteren Ausschusskreisen war von einer „vollkommen irren“ Situation die Rede.
Bundestags-Parteien verweigern AfD Position im AfD
Hintergrund des ungewöhnlichen Sitzprotests dürfte die vakante Position des Ausschussvorsitzenden sein. Amtierende Vorsitzende ist Kirsten Kappert-Gonther (Grüne), faktisch ist sie jedoch nur stellvertretende Vorsitzende. Abhängig von der Stärke im Bundestag stehen Parteien gewisse Ämter wie Vorsitze zu. Im Gesundheitsausschuss steht die leitende Position theoretisch der AfD zu. Jedoch weigern sich die demokratischen Parteien im Bundestag, genau wie bei der Position des stellvertretenden Bundestagspräsidenten, einen AfD-Abgeordneten in das Amt zu wählen. AfD-Mann Ziegler scheiterte im vergangenen Jahr bereits daran.
Nun verteilte die AfD ein Schreiben, in dem sie erklärt, dass Ziegler die heutige Sitzung leiten werde. Unterschrieben ist es von Ziegler sowie dem gesundheitspolitischen Sprecher der AfD, Martin Sichert. Darin beschreibt die AfD, dass Ziegler in der letzten Ausschusssitzung am 21. Februar von Parteifreund Sichert zum Vorsitzenden ernannt worden sei.
„Der Ausschuss hat dieser Bestimmung nicht widersprochen“, heißt es in dem Schreiben. Das Wort „nicht“ ist im Original in Großbuchstaben geschrieben. „Nach unserer Rechtsauffassung“, so die AfD, sei die Ernennung zum Vorsitzenden damit vollzogen worden. Mit dieser Auffassung ist die AfD im Gesundheitsausschuss allerdings alleine. Die restlichen Parteien lehnen einen AfD-Vertreter im Amt ab. Daran wird auch Zieglers öffentlichkeitswirksame Inszenierung nichts ändern.