Alarmierende Statistik: Großer Teil der Renten in Deutschland unter der Armutsschwelle – „Das ist skandalös“

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Millionen gesetzliche Renten schützen nicht vor Armutsgefahr, wie neue Zahlen zeigen. Das ist besonders im Osten des Landes ein Problem.

Berlin – Millionen Menschen in Deutschland laufen Gefahr, in Altersarmut zu geraten. Schon jetzt reicht vielen Rentnerinnen und Rentnern ihr Altersgeld kaum aus. Neue Zahlen der Deutschen Rentenversicherung zeigen, dass über die Hälfte der gesetzlichen Renten in Deutschland unter der Armutsschwelle der EU liegt. Das ergibt eine Anfrage der Linken an die Bundesregierung. Die Ergebnisse liegen der Frankfurter Rundschau exklusiv vor.

Niedrige Renten für Linke ein „Armutszeugnis“

„Ein erneutes Armutszeugnis für die bisherige Rentenpolitik: Mehr als die Hälfte aller Renten liegt unter der aktuellen Armutsschwelle“, konstatiert der renten- und alterspolitische Sprecher der Bundestags-Linken, Matthias W. Birkwald, gegenüber unserer Redaktion. Er hatte sich bei der Bundesregierung nach dem Anteil der Rentnerinnen und Rentner unter der aktuellen EU-Armutsgefährdungsschwelle von 1313 Euro im Jahr 2023 erkundigt.

Matthias Birkwald (Die Linke)
Rentenpolitiker Matthias W. Birkwald von der Linken fordert mehr Geld für Rentnerinnen und Rentner in Deutschland. © Christoph Soeder/dpa

„Der Anteil der Rentnerinnen und Rentner, die einen Rentenzahlbetrag unter 1.300 Euro erhielten, beträgt 55,8 Prozent und der Anteil der Rentnerinnen und Rentner, die einen Rentenzahlbetrag unter 1.325 Euro erhielten, beträgt 57,1 Prozent“, heißt es in der Antwort von Kerstin Griese (SPD), der parlamentarischen Staatssekretärin im Arbeits- und Sozialministerium. Die Zahlen beziehen sich ausschließlich auf die Höhe der gesetzlichen Rente, Betriebsrenten oder private Altersvorsorgen sind nicht berücksichtigt.

Niedrige Rente in Deutschland – Gefahr der Altersarmut

Für Birkwald zeigen die Ergebnisse ein Problem auf. „Fast 60 Prozent aller Renten liegen unter 1300 Euro“, so der Linkenpolitiker. „Das ist skandalös.“ Dass in der Antwort keine Unterteilung nach Arbeits- beziehungsweise Versicherungsjahren gemacht wird, kritisiert der Rentenpolitiker. „Leider kann die Bundesregierung nicht sagen, nach wie vielen Versicherungsjahren die Renten unter 1300 bzw. 1313 Euro liegen. Dies wäre aber enorm wichtig, um absehen zu können, ob auch nach langen Versicherungszeiten die Renten wenigstens die Armutsschwelle überschreiten oder nicht.“

Er fordert deshalb eine schnelle Stabilisierung des Rentenniveaus auf 53 Prozent. Aufgrund des Ampel-Aus‘ und der damit geplatzten Rentenreform II, droht das Rentenniveau auf 43 Prozent abzusinken. „Das Absinken des Rentenniveaus wird dramatische Auswirkungen haben und jegliche soziale Absicherung durch die gesetzliche Rente noch weiter unterminieren. Wenn die Rente nach langjähriger Einzahlung nicht mal mehr über das Grundsicherungsniveau kommt, wird sie ihre Legitimation verlieren“, mahnt Birkwald.

Millionen Menschen sind von der gesetzlichen Rentenversicherung abhängig

Verglichen mit den alten Bundesländern sind die Menschen im Osten Deutschlands viel stärker von der gesetzlichen Rente abhängig. Das verdeutlichte Rolf Schmachtenberg, Staatssekretär in Hubertus Heils (SPD) Arbeits- und Sozialministerium, vor Kurzem auf einer Veranstaltung zur Zukunft der Rente mit Zahlen. So macht die gesetzliche Rente im Westen demnach 64 Prozent der gesamten Rentenleistung aus. Andere Formen wie private Altersvorsorge oder Betriebsrenten stocken das Altersgeld für die Menschen auf. Ganz anders ist die Situation im Osten. Dort macht die gesetzliche Rente Schmachtenberg zufolge 90 Prozent der gesamten Rentenleistung aus. Liegt die gesetzliche Rente unter der Armutsschwelle und andere Formen des Altersgelds fehlen, droht damit Millionen Menschen die Altersarmut.

Für Birkwald ist deshalb klar, dass die gesetzliche Rente gestärkt werden muss. „Darüber hinaus fordern wir – entgegen allen anderen Parteien – dass nach 40 Jahren eigener Beitragszahlungen auch schon ab 60 Jahren ein abschlagsfreier Rentenbeginn möglich sein soll. Dazu habe ich auch die Zahlen abgefragt: von den 1,5 Millionen Neuzugängen 2023 haben fast 665.000 Rentnerinnen und Rentner 40 Beitragsjahre erreicht. Sie haben sich ein Leben in Würde im Alter redlich verdient.“

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